Ein sinnliches Angebot
„Hat Carmen es dir nicht erzählt?“
„Ich habe vorhin angerufen. Vielleicht hat sie es erwähnt.“
„Dann weißt du doch, was ich gesagt habe.“
„Ich wollte es aus deinem Mund hören. Hast du wirklich den Vorstand des Krankenhauses, die Leute, die dich bezahlen, einen Haufen idiotischer Bürokraten genannt?“
„Kann sein.“ Luke rieb sich den Nasenrücken. „Hör zu, sie haben Carmen zusammen mit einigen anderen Angestellten entlassen. Alle hatten nur ein geringes Einkommen, und sie wurden einfach so gefeuert. Aus Geldmangel, hieß es. Trotzdem greift der Vorstand dieser Klinik dem alternativen Naturheil-Hokuspokus finanziell unter die Arme.“
„Verstehe. Und dagegen lehnt sich dein Sinn für Gerechtigkeit auf, ja?“
„Das sollte eigentlich jeder als ungerecht empfinden, Matt. Wenn sie das in deinem Krankenhaus machen würden, würdest du als Erster auf die Barrikaden gehen. Gib es ruhig zu.“
„Hier in Texas bleiben wir immer gelassen und bekehren anders Denkende.“
„Das versuche ich ja auch.“
Sein Bruder wurde ernst. „Weiß ich doch. Jetzt begreife ich auch, wieso Carmen dir nun das Leben zu Hause schwer macht. Du hast sie als Haushälterin eingestellt, obwohl du gar nicht lange genug zu Hause bist, um etwas in Unordnung zu bringen.“
„Reden wir doch lieber von dir“, lenkte Luke ab. „Hast du deine verwirrte Professorin schon geheiratet?“
„Hey, ich habe mich doch erst vor einer Woche in Molly verliebt.“
„Aha, du bekommst also kalte Füße. Das kann ich dir nicht verübeln. Die Liebe war noch nie dein Ding, stimmts?“
„Ich bekomme keine kalten Füße. Und Liebe ist absolut mein Ding.“
„Da werden alle einsamen Frauen dieser Welt aber weinen.“
„Denen bleibst du ja noch erhalten.“
Luke seufzte. „Das wird ein trauriger Tag, an dem ich gestehen muss, dass ich zu beschäftigt bin, um für sie alle da zu sein.“
„Allerdings.“
„Ruf mich nach den Flitterwochen an.“
„Nein, nein. Wenn ich heirate, und das wird schon bald sein, wirst du dabei sein.“
„Bei Hochzeiten bekomme ich immer Gänsehaut.“
„Dein Pech. Du bist der Einzige aus unserer Familie, der mir jemals wichtig war.“
„Ja.“ Luke verstand, was Matt meinte. Seine Stimme klang heiser, als er sagte: „Ich werde kommen.“
„Gut. Geh in nächster Zeit den Problemen aus dem Weg, damit du dich nicht noch tiefer reinreitest. Okay?“
„Ich muss die nächsten drei Monate jeden Samstag in diese verdammte Klinik.“
„Schaffst du es denn, drei Monate lang die Klappe zu halten?“
„Das könnte Faith so passen.“
„Wer ist Faith?“
„Meine Chefin dort.“
„Ist sie Single?“ Matt klang wie ein Bluthund, der die Witterung aufgenommen hat.
„Keine Ahnung.“
„Wie sieht sie aus?“
„Ich dachte, du bist versorgt.“
„Ich denke ja auch an dich. Ist sie … scharf?“
„Matt.“
„Ich will doch nur, dass du so glücklich bist wie ich. Also sag schon. Ist sie scharf?“
Luke stellte sich Faith mit ihrem langen roten Haar vor, das immer unordentlich aussah. Die großen grünen Augen und dieser Kittel, bei dessen Anblick es ihn in den Fingern juckte. Scharf war Faith auf jeden Fall. „Sie hat eine scharfe Zunge“, wich er aus.
„Klingt so, als sei sie genau das, was du brauchst.“ Matt lachte zufrieden.
„Mach’s gut, Matt.“
„Wirst du dich mit ihr verabreden?“
„Mach’s gut, Matt.“
„Ja, schon gut. Viel Glück, Luke.“
Lächelnd schüttelte Luke den Kopf, als er auflegte. Das ganze Haus war still, und er wurde etwas melancholisch. Er vermisste seinen Bruder. Ihre Kindheit in Texas war aufregend gewesen. Sie hatten die Felder ihres Großvaters durchstreift, niemand hatte auf sie aufgepasst, und sie waren oft in Schwierigkeiten geraten. Aber alles hatten sie gemeinsam erlebt, und die tausend Meilen, die sie beide jetzt trennten, kamen Luke mit einem Mal sehr weit vor.
Vielleicht brauchte er einfach mal Urlaub.
Doch vorher musste er noch ein paar Samstage durchstehen. Samstage mit Faith McDowell.
Schnell zog er sich aus, duschte und schlief fast schon, als er nackt vom Bad ins Schlafzimmer ging.
Carmen hatte ihm das Bett gemacht. Es war ungewohnt für Luke, sich unter eine glatt gestrichene Bettdecke zu legen. Das Bett zu machen war ihm immer als Zeitverschwendung erschienen. Trotzdem fühlte es sich jetzt gut an. Er schloss die Augen und versuchte, zur Ruhe zu kommen.
Doch immer wieder gingen ihm die Ereignisse des Tages durch
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