Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)

nebulös bekannt vorkam.
    Das erneute Klingeln des Telefons holt die Traumtänzerin in die Wirklichkeit zurück. „ Aaa !“, lässt sie einen Schrei los, denn plötzlich erinnert sie sich, dass alles Realität war und keine Illusion. Unter ihrem verschmierten Gesicht leuchtet es knallrot vor lauter Scham. Wie gut, dass sie nach der Vorstellung gleich abgehauen ist und weder Sven alias Joe noch den anderen Sixpackboys jemals wieder unter die Augen treten muss. „Warum bin ich so prüde?“, schallt sie sich selbst. Alle anderen Zuschauerinnen hätten sonst was dafür gegeben, um mit ihr zu tauschen. Was war schon dabei? Schließlich hat sie ja nicht selbst die Hüllen fallen lassen, und Sven war einfach rührend, als er, in den Bademantel gehüllt, in den Katakomben des Theaters auf dem Bettrand sitzend besorgt nach ihrem Befinden fragte. Ob er wusste, dass Laura niemals freiwillig auf die Bühne gekommen wäre, wenn sie dazu nicht förmlich genötigt worden wäre? Ihm schien die ganze Situation ebenfalls peinlich zu sein. Vielleicht, weil er Laura durchschaute? Ansonsten machen sich solche Profis doch sicher keine Gedanken darüber, welche Frau diese Maharadscha-Nummer abzieht, mutmaßt Laura.
    Endlich nimmt sie den Hörer ab. „Ja, bitte!“
    „Guten Morgen! Sie wollten geweckt werden.“
    „Danke!“ Sogleich legt Laura wieder auf, denn sie hat keine Erinnerung mehr daran, gestern Nacht den Weckdienst des Hotels bemüht zu haben. Ein Blick auf ihre Armbanduhr lässt sie endgültig aus dem Bett springen. Sie will schnell eine Kleinigkeit frühstücken und sich dann sofort auf die Harley schwingen. Kerstin wird verstehen, dass sie keine Sekunde länger bleiben kann. Auf einmal ist die Vorstellung, in das beschauliche Bad Hollerbach zurückzukehren, sehr beruhigend. Der Ausflug nach Köln wird jedoch seine Spuren hinterlassen, denn Laura fühlt ganz deutlich, dass sich die Raupen im Bauch zu Schmetterlingen entwickeln. Auch mit zweiundvierzig Jahren ist man scheinbar nicht zu alt dafür, bei einem attraktiven Mann den Verstand zu verlieren. Laura hat bis vor einigen Jahren für Manfred solche Gefühle gehabt, aber die Zwergin mit ihrer ständigen Einmischung und dem Genörgel an Laura hat alles erstickt. Es hätte lediglich gefehlt, dass Helene die Besucherritze ihres Ehebettes beansprucht hätte. Zuzutrauen wäre dieser Frau auch dieses Ansinnen, und Laura weiß bis heute nicht, was sie ihrer Schwiegermutter angetan hat, um so mies von ihr behandelt zu werden. Ist es wirklich allein die Tatsache, dass sie eifersüchtig ist und ihren Sohn für sich allein besitzen will? Oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Vielleicht könnte es ein unabhängiger Dritter herausfinden? Laura verwirft diese Möglichkeit gleich wieder. Jeder Psychologe würde sich an Helene die Zähne ausbeißen und anschließend seinen Beruf aus lauter Verzweiflung an den Nagel hängen.
    Unter der Dusche versucht Laura vergeblich, alle Gedanken an den gestrigen Abend wegzuspülen. Ständig taucht Svens Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. Die Erinnerung an seinen makellosen Körper und seine erotischen Bewegungen auf der Bühne bringt das kalte, aus dem Brausekopf auf Lauras Haut prasselnde Wasser zum Kochen. Wie wäre es, wenn er jetzt hier mit ihr in der Dusche stünde? Seine muskulösen Arme würden sie umschlingen, seine sinnlichen Lippen ihre sanft berühren, um dann leidenschaftlich das Innere ihres Mundes zu erkunden. Allein dieser Gedanke jagt Laura eine Gänsehaut über den Körper. Weitere erotische Vorstellungen versucht sie, mit Mühe aus ihrem Kopf zu verbannen. Ist sie jetzt völlig übergeschnappt? Wie kann ein Mann, den sie kaum kennt, solche Sehnsüchte und solch ein Verlangen in ihr wecken? Sein Geruch hat sich für die Ewigkeit in ihrer Nase festgesetzt, und deshalb muss sie so schnell wie möglich seinen Dunstkreis verlassen. Köln ist zwar eine riesige Stadt und eine Begegnung mit einem Mitglied der Motorradgang eher unwahrscheinlich, aber Laura wird sich erst wieder wohlfühlen, wenn sie sich auf der Autobahn in Richtung Heimat befindet. Oder doch nicht?
    Bevor sie in den Frühstücksraum geht, entschließt sie sich, schnell Kerstin anzurufen, um zu erfahren, ob der Streik beendet ist. Die Freundin ist ihr zuvorgekommen, denn das Handy verzeichnet den Eingang einer SMS.
     
    Liebe Laura,
    hoffe, der Abend verlief auch ohne mich nach Deinem Geschmack  . Der Streik ist zwar vorbei, aber ich bin untröstlich, denn ich muss