Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
zu reißen, zum Zeichen für die Boys, dass die Glückliche des Abends endlich gefunden ist.
Laura versucht, sich aus dem Klammergriff ihrer tatkräftigen Nachbarin zu befreien. „Lassen Sie auf der Stelle meinen Arm los und seien Sie bitte still. Ich will nicht auf die Bühne!“
Zu spät, denn die drei Männer haben sich mit einer indischen Sänfte schon in Richtung zweite Reihe Mitte in Bewegung gesetzt.
Laura schickt den Wunsch zum Himmel, sich als Flaschengeist sofort im Trinkgefäß ihrer linken Nachbarin verstecken zu dürfen, was aber leider nicht erhört wird.
Vier Muskelarme packen die Gewinnerin sanft und heben sie barfüßig über die erste Reihe. Felix lächelt einen kurzen Moment, als er Lauras Gesicht wahrnimmt. Ganz Profi, lässt er sich nicht anmerken, ob er sie als die Motorradfahrerin von gestern erkennt. Moritz und Frieder bugsieren Laura in die Sänfte und tragen sie unter rhythmischem Klatschen der kreischenden Zuschauerinnen auf die Bühne. Die völlig Überrumpelte wagt es nicht, sich dem weiteren Prozedere zu widersetzen, denn die Menge tobt bereits und trampelt auf den Boden, dass die Boys ihren Protest sowieso nicht hören würden. Als das Gespann die Treppe abseits der Bühne erreicht, flüstert Frieder Laura zu: „Hab keine Angst, ich habe dich schon gleich beim ersten Auftritt in der zweiten Reihe erkannt. Es passiert dir nichts Schlimmes, versprochen.“
Zu einer Antwort kommt Laura nicht, denn schon legen die Männer sie auf das Maharadschabett in die zahlreichen kitschigen Brokatkissen, die von Lila über Weinrot glänzen. Vom Publikum unbemerkt, erhält die Verzweifelte von Sebastian augenzwinkernd die Anweisung, einfach liegen zu bleiben, der Rest geschieht von selbst.
Die Musik wird lauter, und Laura bleibt allein ihrem weiteren ungewissen Schicksal überlassen. Tausend Gedanken schießen ihr durch den Kopf. Was soll das alles? Ich will sofort hier weg !, suggeriert ihr der Verstand. Stattdessen tritt eine nie gekannte Lähmung in Arme und Beine, die es unmöglich macht, aufzustehen. Die Schreie aus dem Publikum deutet Laura richtig.
Der bis dahin heiß ersehnte fünfte Mann mit Namen Joe betritt die Bühne im prachtvollen Outfit eines indischen Herrschers und passendem Turban. Mit aufreizenden Bewegungen heizt er die Menge an.
Laura traut sich kaum, in seine Richtung zu schauen. Es ist ohnehin nur seine Rückseite zu sehen. In der rechten Hand hält er einen mit glitzernden Steinen besetzten Säbel, den er geschickt in die Tanzchoreografie integriert. Die Bühne liegt plötzlich ganz im Dunkeln, und ein einziger Scheinwerfer richtet sich auf Joe, der seinen Turban lässig abnimmt, um ihn anschließend mit einem vielsagenden Lächeln hinter sich auf den Bühnenboden zu werfen.
Laura verpasst den Moment, in dem sie kurz Joes Gesicht hätte sehen können. So bleibt die quälende Ungewissheit, wer dieser mysteriöse, selbst ernannte Maharadscha ist und was er mit ihr vorhat. Dass der schöne Abend in solch einer prekären Situation enden würde, hätte sie sich in ihren verwegensten Träumen nicht ausmalen können. Wäre doch Kerstin bei ihr! Die hätte die Nummer hier ganz souverän abgezogen und auch noch ihren Spaß dabei gehabt.
Joe entledigt sich nach und nach weiter seiner Kleider, bis ein knapper Tanga übrig bleibt. Seine leicht gebräunte Haut glänzt im Scheinwerferlicht. Er nähert sich immer mehr dem Prunkbett, und Laura stockt der Atem, als Joe sich mit einer eleganten Bewegung auf sie schwingt und sich im selben Moment die seitlichen Vorhänge wie von Geisterhand um das Bett schließen. Unerwartet erlischt das Spotlight, und Laura kann sich später nicht mehr erinnern, was genau passierte. Jedenfalls muss Joe sich seines Tangas entledigt haben, und statt seines Gesichts hat sie für den Bruchteil einer Sekunde seine Männlichkeit im Blick gehabt. Aus diesem Albtraum erwacht sie erst wieder, als das Maharadschabett längst zurück in den Tiefen der Bühne verschwunden ist.
Laura öffnet vorsichtig die Augen, als sie ein Glas an ihren Lippen spürt. Erwacht sie gerade aus einem Albtraum? Wo ist sie? Laura ist nicht in der Lage, ihre wirren Gedanken zu sortieren.
„Trink einen Schluck, dann geht es dir gleich besser!“, redet eine männliche Stimme beruhigend auf sie ein.
Der Nebelschleier lichtet sich vor ihren Augen, und erneut glaubt sie sich einer Fata Morgana gegenüber. Die Stimme gehört niemand anderem als Sven. Er ist der Superstar der Truppe.
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