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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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bedeuten, dass viel mehr von ihnen, besonders die Frauen und Kinder, überleben“, bemerkte er. „Die Zustände auf diesen Schiffen …“
    „Ich sage nicht, dass sie hier bleiben sollen, damit es ihnen gut geht“, fuhr sein Vater ihn an, als habe sein Sohn vorgeschlagen, die Sträflinge im Palast unterzubringen, „sondern damit der Staat Geld spart!“
    „Indem er sie zu Sklaven macht?“, fragte Bromwell ungehalten. „Wenn du je auf einer Zuckerrohrplantage gewesen wärst, wüsstest du, dass Sklaverei …“
    „Darum geht es nicht. Wir reden über Straßenschäden – die dich beinah das Leben gekostet hätten.“
    „So schlimm war es nicht.“ Bromwell versuchte Geduld zu wahren. „Es bestand zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr.“
    „Wären die Plätze auf dem Dach besetzt gewesen“, meldete Lady Eleanor sich zu Wort, „hätte es sicher Verletzte und Tote gegeben.“
    „Da hörst du es!“, rief sein Vater voller Genugtuung. „Genau meine Rede!“
    Bromwell hatte Mühe, mit dem Gefühl von Verrat fertigzuwerden, das ihn überkam. „Ich gebe zu, das hätte passieren können, zumal bei höherer Geschwindigkeit, aber abgesehen davon ist es eine Sache, die Beseitigung der Straßenschäden zu fordern, und eine ganz andere , in Kauf zu nehmen, dass dies durch Sklaven geschieht.“
    „Das habe ich nun davon, dass ich ihm eine kostspielige Ausbildung finanziert habe“, wandte sein Vater sich an Lady Eleanor. „Immer meint er mich belehren zu können. Dabei müsste er nur hierbleiben, statt seinem Ungeziefer nachzujagen. Dann wüsste er, in welchem Zustand dieses Land sich befindet.“
    „Wenn man so viel von der Welt gesehen hat wie ich“, erwiderte Bromwell ruhig, während Eindrücke, die seinem Gedächtnis für immer eingebrannt waren, an seinem inneren Auge vorbeizogen, „weiß man, wie gut wir es hierzulande haben. Auch wenn natürlich vieles verbessert werden könnte in England und an den Engländern.“
    Lord Granshire runzelte die Stirn. „Du hörst dich an wie einer dieser verwünschten Franzosen, wenn sie große Reden schwingen von liberté und égalité . Und sieh dir an, was daraus geworden ist. Das ganze Land eine einzige verwünschte Katastrophe.“
    Lady Eleanor rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her, und auch die Countess wirkte beunruhigt.
    „Wir sollten auf politische Diskussionen verzichten, bis die Damen sich in den Salon zurückgezogen haben“, schlug Bromwell vor und wechselte rasch das Thema, ehe sein Vater auf die Idee kam, seine Anregung als Eingeständnis eines Irrtums zu deuten. „Du hast dir ein neues Jagdpferd zugelegt?“
    „Habe ich.“ Der Earl schluckte den Köder. „Pünktlich zur diesjährigen Saison. Erstklassiges Tier.“
    Er fuhr fort, die Qualitäten nicht nur seiner neuesten Erwerbung, sondern auch die sämtlicher anderen Pferde und Hunde in seinem Besitz zu preisen, und obwohl das Gespräch wie gewünscht eine andere Richtung genommen hatte, fragte Bromwell sich unhörbar seufzend, was Lady Eleanor von seiner Familie halten mochte.
    Schließlich war auch das Dessert verzehrt, und die Damen ließen ihn mit seinem Vater allein. Statt eine Fortsetzung der politischen Diskussion durchstehen zu müssen, durfte Bromwell sich einen weiteren Vortrag über seine Pflichten als Engländer, Aristokrat und vor allem Erbe des Earl of Granshire anhören.
    Da er diese Tirade in- und auswendig kannte, ließ Bromwell seine Gedanken zu Lady Eleanor schweifen – was sich indes als Fehler erwies. Seine Vorstellungskraft beschwor umgehend das Bild ihres schlanken, biegsamen Körpers beim hura herauf, jenem Tanz, den die Frauen in Tahiti tanzten und der sich von den gemessenen, vornehmen englischen Gesellschaftstänzen unterschied wie der Tag von der Nacht.
    „Also, Bromwell, was gedenkst du zu tun?“ Die Frage seines Vaters holte ihn unsanft in die Realität zurück.
    „Mich den Damen anschließen“, erwiderte er knapp und erhob sich, um in den Salon zu gehen.
    Bei dem Dinner im Gasthof hatte Nell sich gefühlt wie auf heißen Kohlen, doch das war ein Kinderspiel gewesen, verglichen mit der Spannung, die im Speisesalon des Earl of Granshire herrschte. Ihrer guten Erziehung – die der Earl vermutlich als Geldverschwendung betrachten würde – hatte sie es zu verdanken, dass sie wusste, aus welchem Glas man trank und wie man Fischgräten entfernte, doch ansonsten fühlte sie sich wie ein unfreiwilliger Zuschauer bei einer Gerichtsverhandlung mit Lord Bromwell

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