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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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als Angeklagtem und seinem Vater als Richter und Staatsanwalt in einer Person. Die Countess, trotz ihrer augenscheinlichen Sorge um ihren Sohn, brachte kein Wort zu seiner Verteidigung hervor, sondern saß da wie ein Gespenst und pickte in ihrem Essen wie ein Vögelchen.
    Nein, stimmt nicht, dachte Nell, als sie Lady Granshire nach dem Dinner im Salon gegenübersaß und auf den Tee wartete. Ein Gespenst hätte gepoltert und Lärm gemacht, doch Ihre Ladyschaft aß schweigend, trank schweigend ihren Wein und ignorierte die Unterhaltung um sie her.
    Vermutlich war sie an derartige Gespräche zwischen ihrem Gatten und ihrem Sohn gewöhnt, weil sie häufig vorkamen. Armer Lord Bromwell! Wie anstrengend dieser Besuch für ihn sein musste.
    „Sie frösteln, meine Liebe“, sagte die Countess in mütterlich besorgtem Ton. „Soll ich einen Lakaien bitten, Ihnen einen Schal zu bringen?“
    „Nein danke, ich friere nicht.“ Nell lächelte höflich. Im Gegenteil, sie fand den Raum eher überheizt. Während des Dinners hatten die Diener Holz nachgelegt, wahrscheinlich wegen Lady Granshire.
    Lord Bromwell und sein Vater würden es sicher unerträglich warm finden, und womöglich zog der Viscount, nach seinen Reisen an heißere Temperaturen gewöhnt, sogar seinen Frackrock aus …
    „Ich will nicht hoffen, dass Sie krank werden. Vielleicht sollte Dr. Heathfield Sie untersuchen, wenn er zur wöchentlichen Visite kommt.“
    „Nein, ich bin völlig in Ordnung, wirklich. Und vielen Dank, dass Sie mir dieses und die beiden anderen Kleider geliehen haben.“
    Die Countess schenkte ihr ein Lächeln, das dem ihres Sohnes verblüffend ähnlich war. „Gern geschehen. Ich habe mehr, als ich tragen kann.“ Sie beugte sich vor und griff unerwartet kraftvoll nach Nells Hand. „Messen Sie dem, was mein Gatte sagt, nicht zu viel Gewicht bei, Lady Eleanor. Er ist anmaßend und aufbrausend und stur, aber er kann auch nett und großzügig sein.“
    „Darüber steht mir kein Urteil zu“, protestierte Nell bestürzt über den Eifer ihrer Gastgeberin.
    Lady Granshire ließ ihre Hand los und lehnte sich zurück. „Der Earl hatte bestimmte Erwartungen an seinen Sohn, doch statt sie zu erfüllen, ging Justinian seine eigenen Wege.“
    „Mit großem Erfolg.“
    „Ja“, räumte die Countess ein, „aber …“
    Sie verstummte, als Lord Bromwell in den Salon kam. Er nickte ihnen zu und ging zum Fenster, wo er Aufstellung nahm wie vor dem Dinner, leicht breitbeinig und die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Doch diesmal wirkte er nicht wie jemand, der den Mond oder die Sterne betrachtete, sondern so, als erwarte er eine gründliche Schelte.
    Sein Vater betrat den Raum und stellte sich an den Kamin. Den Ellbogen auf das Sims gestützt, die Schultern gerade und den Brustkorb geschwellt, nahm er eine Haltung ein, die ihn imposant und einschüchternd wirken lassen sollte, wie Nell vermutete.
    „Welch bezauberndes Bild!“ Lord Granshire lächelte ihr und der Countess gönnerhaft zu. „Ich darf sagen, ich fühle mich geschmeichelt, zwei der schönsten Frauen Englands in meinem Salon sitzen zu sehen.“
    Die Countess errötete, und Nell schenkte dem großspurigen Earl ein nichtssagendes Lächeln. Wenigstens kritisierte er einmal nicht seinen Sohn.
    „Und natürlich möchte ich diese beiden schönen Frauen auch auf unserem jährlichen Jägerball begrüßen. Sie werden doch so lange bleiben, Lady Eleanor, nicht wahr?“
    Nell vermied es, Lord Bromwell anzusehen. Es durfte ihr nicht wichtig sein, was er von dem Vorschlag hielt, denn sie wagte es nicht, den Ball zu besuchen. Bei einer Zusammenkunft dieser Art konnte sie jederzeit jemandem begegnen, der die richtige Lady Eleanor kannte.
    „Wann findet er statt?“, erkundigte sich Lord Bromwell.
    „Himmel, Justinian, das solltest du aber wirklich wissen. Jedes Jahr am ersten Sonnabend im November.“
    „Ich frage wegen Lady Eleanor“, setzte der Viscount ruhig hinzu.
    In einem Monat. Sie konnte nicht riskieren, einen ganzen Monat zu bleiben.
    „Werden die üblichen Gäste geladen?“, fragte er seine Mutter.
    „Natürlich.“
    „Lady Jemisina auch?“
    Wer immer Lady Jemisina sein mochte, Nell fasste eine Abneigung gegen sie, sobald ihr Name gefallen war.
    Die Augen der Countess begannen zu strahlen, und sie warf ihrem Gatten einen begeisterten Blick zu. „Sie hat mir bereits ihre Zusage geschickt.“
    „Und ihr Vater?“
    Die Frage dämpfte das Leuchten in Lady Granshires Augen, während

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