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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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erinnerte sich, wie bitterlich ihre eigene Mutter beim Abschied in der Schule geweint hatte, als sie ihre einzige Tochter zurücklassen musste. Für sie selbst dagegen war alles viel zu neu und aufregend gewesen, als dass sie Traurigkeit hätte empfinden können, und wahrscheinlich ging es Lord Bromwell genauso.
    „Er treibt die Wissenschaft voran und erweitert unsere Kenntnisse über die Natur“, brachte sie zu seiner Verteidigung hervor.
    Die Zofe schnaubte verächtlich. Sie steckte die letzte Haarnadel fest und trat einen Schritt zurück. „Ich werde Ihnen hernach beim Auskleiden helfen, Mylady.“
    Die Ankündigung munterte Nell nicht eben auf, doch sie sah keine Möglichkeit abzulehnen, also bedankte sie sich und stand auf, um sich auf den Weg zum Gesellschaftszimmer zu machen. Dort würde sich, wie sie annahm, die Familie versammeln, ehe sich alle gemeinsam in den Speisesalon begaben.
    So müssen sich Gefangene fühlen, wenn sie dem Strafgericht zugeführt werden, dachte sie, als sie die Treppe hinunterging. Beklommen, verunsichert und voller Angst, welche Gesetzesübertretungen man ihnen zur Last legen wird.
    Auf der Türschwelle zum Salon blieb sie stehen und ließ den Blick durch den Raum schweifen. An der Wand ihr gegenüber befand sich ein fast mannshoher Kamin mit verschnörkelter Marmorumrandung, dessen Öffnung von zwei griechischen Frauenfiguren flankiert wurde und über dessen Sims ein riesiger Spiegel hing. Wände und Decke waren erbsengrün gestrichen, den Plafond zierten darüber hinaus zahlreiche Stuckornamente, hauptsächlich griechische Urnen und Weinranken. Die Einrichtung bestand aus teuren Möbelstücken, unter anderem mehreren Hepplewhite-Stühlen und einer Chaiselongue im griechischen Stil mit grünem Seidenbezug und vergoldeten Füßen und Armlehnen. Vor den Fenstern hingen schwere Samtportieren, die noch nicht zugezogen waren, sodass das letzte Tageslicht in den Raum fiel, während gleichzeitig schon die Kerzen in den silbernen Kandelabern brannten. Ein aufwendig bemalter Funkenschutz stand vor dem flackernden Kaminfeuer, und an den Wänden hingen Familienporträts aus vergangenen Jahrhunderten. Auf einem Wandtisch waren in zwei hohen chinesischen Porzellanvasen Rosen und andere Treibhausblumen arrangiert, deren Duft sich mit dem Geruch von Bienenwachs und glühender Kohle mischte.
    Es war ein verschwenderisch und kostbar eingerichteter, wenn nicht überladener Raum.
    Und sie war nicht die Erste, die ihn an diesem Abend betrat.
    In Abendgarderobe, die Hände auf dem Rücken verschränkt, stand Lord Bromwell am Fenster und wirkte in seiner schwarzen Abendgarderobe wie ein Käfer zwischen Schmetterlingen. Er hatte den Kopf leicht schräg gelegt und blickte zum Mond hinauf, als sinniere er über dessen Zusammensetzung nach.

7. KAPITEL
    Es gibt noch so vieles in der Natur, das wir erforschen müssen, vor allem die Gattung Mensch. Ist unsere Spezies denselben Bedürfnissen und Trieben unterworfen wie die niederen Lebewesen oder können wir unsere Impulse mithilfe unserer Vernunft kontrollieren?
    – aus Das Spinnennetz von Lord Bromwell
    W ie gebannt blieb Nells Blick an Lord Bromwell hängen. In dem modisch geschnittenen Frack und den hellen, eng anliegenden Pantalons bot er ein ungemein attraktives Erscheinungsbild, doch welch eiserner Wille musste sich unter seinem kultivierten Äußeren verbergen! Und wie sehr musste der Viscount von der Richtigkeit seiner Forschungsbemühungen überzeugt sein, wenn er seine Studien ungeachtet der Kritik und der Missbilligung seines Vaters und der Ängste seiner Mutter fortführte. Unwillkürlich fragte sich Nell, ob sie selbst angesichts solcher Widerstände ähnlich unbeirrbar ihren Weg gegangen wäre, ohne indes zu einem Ergebnis zu kommen. Sie hatte liebende, gütige Eltern gehabt, deren wichtigstes Anliegen das Glück ihrer Tochter gewesen war und die immer nur das Beste für sie gewollt hatten.
    Was ihr Vergehen nur umso unverzeihlicher machte.
    Zögernd trat sie ein paar Schritte in den Raum und blieb auf dem kostbaren dunkelgrünen Teppich stehen. Lord Bromwell in dieser Kleidung, in diesem prunkvollen Salon zu sehen machte es schwer zu glauben, dass er tatsächlich hemmungslos und selbstvergessen mit den Heiden getanzt haben sollte.
    Die Vorstellung wäre ihr gänzlich abwegig erschienen, hätte sie nicht selber Bekanntschaft mit seiner Leidenschaft gemacht. Sein ungezügeltes Verlangen hatte ihr eigenes entfacht und ihr gezeigt, welche

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