Ein skandaloeser Kuss
Sache gab.
„Du musst heiraten, ehe du die Expedition antrittst“, sagte der Earl. „Wenn du es tust, gebe ich dir nicht nur das Geld für deine Expedition, sondern finanziere deiner Frau ein Stadthaus in London oder wo immer sie möchte, dazu Dienerschaft, eine Kutsche und ein Einkommen von fünftausend Pfund jährlich für den Rest ihres Lebens.“
Sosehr das Angebot ihn schockierte, war es Bromwell doch nicht entgangen, dass sein Vater ihm nicht vorschrieb, wen er heiraten sollte. Was er sicher getan hätte, wäre ihm die Wahrheit über Miss Springley bekannt gewesen.
Aber das Angebot als solches … es war ebenso verlockend wie Miss Springley. Und wenn er sie heiraten würde, wären auf einen Schlag ihre und seine Probleme gelöst.
Leider hatte sie gesagt, dass sie nicht mit einem Mann verheiratet sein wollte, der sie gleich nach der Hochzeit für lange Zeit verließ, und er selbst hielt ebenfalls nichts davon, eine Ehefrau so bald nach der Heirat allein zu lassen. „Hast du jemand Bestimmten als Braut für mich im Auge?“
Sein Vater blickte ihn so verdutzt an, wie er sich eben noch gefühlt hatte. „Nun, Lady Eleanor natürlich. Wenn ich es richtig einschätze, brauchst du sie nur zu fragen, so eindrucksvoll und leidenschaftlich, wie sie dich verteidigt hat.“
Bromwell stand auf. „Ich bedaure, dich schon wieder enttäuschen zu müssen, Vater, aber ich werde weder sie noch irgendeine andere Frau um ihre Hand bitten, ehe ich abreise, so großzügig dein Angebot auch ist.“
Der allzu vertraute Ausdruck von Verzweiflung malte sich auf den Zügen des Earls.
„Was zum Teufel ist nicht in Ordnung mit dir, Justinian?“ Sein Vater erhob sich ebenfalls, sodass sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. „Du willst diese Expedition unternehmen. In Ordnung. Ich ermögliche es dir – und alles, was du dafür tun musst, ist, eine bildhübsche Frau zu heiraten, die sich etwas aus dir macht und für die gut gesorgt sein wird, wenn du fort bist.“ Er spreizte die Hände. „Was willst du mehr?“
Sein Vater würde es nie verstehen. Niemals. „Ich will nicht dafür bestochen werden, dass ich heirate, Vater, und sie will das ebenso wenig. Es ist mir gelungen, die vorige Expedition ohne deine Hilfe zu finanzieren, und das werde ich auch diesmal schaffen. Und wenn ich heirate, dann aus Liebe, nicht für Geld. Nicht einmal, wenn es meine Arbeit voranbringt.“
Der Earl sank schwer in seinen Sessel. „Der Himmel bewahre mich vor törichten jungen Männern und ihren romantischen Vorstellungen!“
Bromwell legte den Kopf schräg und musterte den Mann, der ihn gezeugt hatte und mit dem er außer Äußerlichkeiten wie Haar- und Augenfarbe nichts gemeinsam zu haben schien. Allerdings … „Wenn ich stur bin und zu romantischen Vorstellungen neige, dann stammen diese Eigenschaften womöglich von meinem Vater.“
Lord Granshire hätte nicht entgeisterter aussehen können, wenn Bromwell ihn geschlagen hätte. „Romantisch? Ich? Bist du von Sinnen?“
Plötzlich sah Bromwell seinen Vater mit ganz anderen Augen. „Diesen Springbrunnen, den du bauen lässt“, mit dem Kinn deutete er auf die zusammengerollten Pläne auf dem Tisch, „mit der Skulptur von Venus und Adonis in der Mitte. Nur ein Romantiker würde als Herzstück ein Liebespaar wählen.“ Er lächelte. „Es gibt noch andere Eigenschaften, die ich meinen Eltern verdanke. Meine Beharrlichkeit beispielsweise. Mutter hält hartnäckig an der Hoffnung fest, dass ich von der Expedition abgebracht werden kann. Und manch ein Vater hätte schon vor Jahren resigniert, als ich mich weigerte zu heiraten. Meiner jedoch versucht immer noch, mich dazu zu überreden.“
Da der Earl anscheinend sprachlos war, fuhr Bromwell fort, ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich reise heute wieder nach London, Vater, und ich hoffe, du gestattest Lady Eleanor, bis zum Ball hier zu bleiben.“
Lord Granshire fand seine Stimme wieder, als er sich, die Hände auf die Tischplatte gestützt, aus dem Sessel hievte. „Selbstverständlich bleibt sie. Ich hatte nicht vor, die Tochter des Duke of Wymerton aufzufordern, mein Haus zu verlassen.“ Seine Miene trug einen höchst ungewöhnlichen Ausdruck, als er seinen Sohn musterte. Beinahe so, als versuche er herauszufinden, ob er dem, was der gesagt hatte, zustimmte.
Dann schien er eine Entscheidung gefällt zu haben, räusperte sich und sagte: „Ich muss nachher noch nach Bath. Warum begleitest du mich nicht bis dorthin? Dann kannst
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