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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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aus der Südsee bezeugen –, aber in England pflegte er die Gebote der Schicklichkeit zu wahren.
    Bis heute.
    Vermutlich bin ich durch den Unfall innerlich aus dem Gleichgewicht geraten, beschied er, während er sich Wasser ins Gesicht spritzte, ein Handtuch nahm und sich energisch trocken rieb. Er hatte erlebt, wie unterschiedlich Männer reagierten, wenn sie in eine Zwangslage gerieten. Manch einer, der an Land beherzt und mutig war, wurde bei Sturm und schwerer See zum hilflosen Jammerlappen, während es andere gab, denen er nichts zugetraut hätte und die sich in der Not als tapfere Retter ihrer Kameraden erwiesen.
    „Ich bringe Ihnen Ihren Wein, Mylord.“ Mrs Jenkins’ Stimme, die von draußen hereinklang, riss ihn aus seinen Gedanken. Oder, wie sein Vater es ausgedrückt hätte, seinen verdammten Tagträumereien.
    „Treten Sie ein“, forderte er die Wirtsfrau auf und rollte die verknitterten Hemdsärmel herunter.
    Temperamentvoll stieß Mrs Jenkins die Tür auf und hielt ihm ein gefülltes Weinglas hin.
    „Es grenzt an ein Wunder, dass niemand zu Tode gekommen ist“, erklärte sie mit zornblitzenden Augen, während ihr beachtlicher Busen förmlich wogte vor Entrüstung. „Ich sage Jenkins seit wer weiß wie lange, dass diese alten Kutschen nichts mehr taugen. Sie sollten Ihren Freund Drury bitten zu klagen, Mylord. Man sagt ihm nach, dass er noch nie eine Verhandlung verloren hat.“
    Bromwell trank den Wein in einem Zug aus. Er war ausgezeichnet. „Drury vertritt ausschließlich strafrechtliche Fälle“, erwiderte er und stellte das Glas ab. „Hier handelt es sich aber um einen Unfall, verursacht durch einen Straßenköter, dem Thompkins ausweichen wollte. Damit kann ich nicht vor Gericht gehen.“
    Er zog seinen verschmutzten Gehrock an, bei dessen Anblick sein ehemaliger Kammerdiener vermutlich in Tränen ausgebrochen wäre. Da er nicht gewusst hatte, wie lange er auf Reisen sein oder ob er überhaupt zurückkehren würde, hatte er Albert ein verdientermaßen hervorragendes Zeugnis geschrieben und ihn mit einer großzügigen Abfindung entlassen. Nach seiner Rückkehr war er noch nicht dazu gekommen, einen neuen einzustellen – sehr zum Verdruss des Butlers in der Londoner Stadtresidenz seines Vaters, obwohl Millstone hatte einräumen müssen, dass der Viscount einen bemerkenswert eleganten Krawattenknoten zu schlingen verstand. Kein Wunder, nachdem er auf See stundenlang geübt hatte.
    Was würde Millstone zu dem Kutschenunfall sagen? Wahrscheinlich würde er nur seufzend den Kopf schütteln und erklären, manche Menschen hätten unverschämtes Glück, aber dennoch täte Seine Lordschaft gut daran, sich eine neue Kutsche zuzulegen, anstatt mit der Post zu reisen. Er könne es sich doch gewiss leisten.
    Könnte er tatsächlich, wenn er nicht eine neue Expedition planen würde.
    Er stellte sich vor, Millstone zu erzählen, dass er die junge Dame geküsst hatte. Der arme Mann würde wahrscheinlich schockiert in Ohnmacht fallen. Genauso schockiert und verblüfft wie er selber, als ihm aufgegangen war, dass man eine Frau, die man kaum kannte, nicht küsste.
    Vielleicht hatte sein Vater recht, und er war zu lange von England fort gewesen.
    „Sind die Kutsche und das Pferd fertig?“, fragte er die Wirtsfrau, die keine Anstalten machte zu gehen.
    „Ich denke doch, Mylord.“
    „Gut.“ Als er aus dem Fenster spähte, hingen dicke Wolken am Himmel. „Wenn Sie mich dann entschuldigen wollen, Mrs Jenkins, ich muss mich beeilen.“
    Die Wirtsfrau lächelte. „Immer der perfekte Gentleman.“
    Leider nicht, dachte er, als er an ihr vorbeiging. Nicht immer.
    Nell faltete das weiße Krawattentuch zusammen und warf einen Blick in den grauen Himmel. Den dunklen Wolken nach zu urteilen, zog ein heftiges Unwetter heran.
    „Keine Angst, Miss.“ Der Kutscher wollte den Kopf heben, zuckte jedoch vor Schmerz zusammen. „Lord Bromwell wird gleich da sein und Hilfe mitbringen. Der Junge reitet wie der Teufel.“
    Sie schenkte dem Mann ein Lächeln, aber er schien zu ahnen, dass sie nicht wirklich beruhigt war, denn er tätschelte ihr die Hand. „Ich kannte ihn schon als Sechsjährigen. Er sieht nicht so aus, doch er ist der beste und unerschrockenste Reiter, den ich kenne.“ Thompkins fielen die Augen zu.
    „Aber anscheinend kein besonders guter Kutscher?“, fragte Nell in dem Bemühen, ihn wach zu halten.
    Zu ihrer Erleichterung hob er die Lider. „Zugegeben, damals hat er sich nicht mit Ruhm

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