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Ein Sohn für den Scheich

Ein Sohn für den Scheich

Titel: Ein Sohn für den Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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wurde. Von seinem Platz am Kopfende des Tisches aus sah Hassan mit großer Sorge den traurigen Gesichtsausdruck, der sich immer dann zeigte, wenn sie sich unbeobachtet glaubte.
    Dass er ihr die Wahrheit nur nach und nach mitgeteilt hatte, schien sie tiefer verletzt zu haben, als er angenommen hatte. Nun sah sie sich vor die Schwierigkeit gestellt, die perfekte Gastgeberin und glückliche Ehefrau zu spielen, auch wenn ihr der Sinn mehr danach stand, dem, der ihr das eingebrockt hatte, an die Kehle zu gehen.
    Die Scham, die er über sein Verhalten empfand, wurde nur von dem Neid auf ihren Tischnachbarn Samir übertroffen, dem es tatsächlich gelang, Leona hin und wieder zum Lachen zu bringen. Auch wenn es nicht aus vollem Herzen kam, wirkte sie in diesen Momenten befreiter als in den Tagen, die sie an Bord verbracht hatte.
    Rückblickend hatte er das Gefühl, dass sie alles mit einer eigentümlichen Zurückhaltung getan hatte – das Lachen wie das Weinen, das Lieben wie das Streiten –, als hätte sie ihm damit wortlos zu verstehen geben wollen, dass sie sich nie wieder so nahekommen würden, wie sie sich einst gewesen waren.
    Am liebsten hätte er ihr quer über den Tisch zugerufen, wie sehr er sie liebte. Dass sie nicht allein waren, hielt ihn weniger davon ab als das Wissen, wie wenig es einer Frau bedeuten musste, die schuldlos in ein Dilemma geraten war.
    Ein peinlich berührtes Schweigen ließ ihn aus seinen trüben Gedanken aufschrecken. Leona sah betreten auf ihren Teller, während Samir mit hochrotem Kopf daneben saß und starr vor Schreck war.
    Hassan war offenbar etwas Entscheidendes entgangen, wie ihm spätestens der Blick verriet, mit dem Rafiq ihn ansah. Er schien ein Machtwort von seinem Halbbruder zu erwarten, doch solange Hassan nicht wusste, was vorgefallen war, sah er sich außerstande, die Autorität zu beweisen, die man von ihm erwartete.
    Zum Glück reagierte Rafiq schnell und überlegt. “Entschuldige mich bitte”, wandte er sich an Leona. “Ich habe noch einen Termin und muss euch deshalb schon verlassen.”
    Kaum hatte er sich erhoben, gab er Hassan mit einem diskreten Blick zu verstehen, dass er ihm folgen sollte.
    “Warum reagierst du denn nicht?”, fragte Rafiq entgeistert, als sie den Raum verlassen hatten.
    “Worauf soll ich reagieren, wenn ich nicht mitbekommen habe, was vorgefallen ist?”, rechtfertigte sich Hassan.
    “Und warum hast du dann so entsetzt gewirkt?”
    “Ich war in Gedanken”, erwiderte er ausweichend. “Jetzt sag mir endlich, was vorgefallen ist.”
    “Leona hat sich bei Samir erkundigt, wie es seiner Mutter geht”, begann Rafiq seinen Bericht. “Er hat ihr lang und breit die Nervosität geschildert, mit der sie die Geburt ihres Neffen erwartet. Verständlicherweise war Leona alles andere als begeistert, dass sie das Gespräch ausgerechnet auf dieses Thema gelenkt hatte, doch es gelang ihr sogar, an der einen oder anderen Stelle zu lachen. Erst als Samir sie gefragt hat, wann sie dir endlich einen Sohn schenkt, war es um ihre Selbstbeherrschung geschehen.”
    “Das kann ich mir lebhaft vorstellen”, erwiderte Hassan entsetzt.
    “Mehr als die Bemerkung hat sie jedoch die Wehmut geschmerzt, die in diesem Moment in deinem Blick lag.”
    “Ich habe doch schon gesagt, dass ich von dem Vorfall nichts mitbekommen habe”, herrschte Hassan Rafiq an.
    “Warum warst du dann so traurig?”
    “Das hatte andere Gründe.”
    “Ich möchte dir nicht zu nahetreten”, sagte Rafiq, “aber wenn du nicht willst, dass dir die Situation entgleitet, solltest du in jeder Sekunde hellwach sein”, riet er ihm nachdrücklich. “Sonst machen sie ihre Drohung doch noch wahr. Was das für Leona bedeuten …”
    “Spar dir deine Belehrungen”, unterbrach Hassan ihn barsch. “Solange Abdul und Jibril die Hoffnung haben, mich ohne Anwendung von Gewalt umstimmen zu können, werden sie nichts dergleichen unternehmen.”
    Nachdem Leona es sich oft genug eingeredet hatte, tat es tatsächlich nicht mehr weh. Sie hatte immer gewusst, dass Hassan unter ihrer Kinderlosigkeit mehr litt, als er zugeben wollte, und nun hatte er ihr den Beweis geliefert – nicht mehr und nicht weniger.
    Trotzdem wich sie seinem Blick aus, als er zu seinem Platz zurückging. Der Herausforderung, ihm in die Augen zu sehen, fühlte sie sich noch nicht wieder gewachsen.
    Das Abendessen verlief ohne weitere Zwischenfälle. Erst als sich die Frauen zurückgezogen und die Männer allein gelassen hatten, musste

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