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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ging zum Handwaschbecken, goß ein Zahnputzglas halb voll, verdünnte den Alkohol mit Wasser und stürzte das höllische Gesöff in einem Zug herunter. Dann tappte er zurück zu dem Schreibtischsessel und ließ sich hineinfallen. Komm nur, dachte er. Komm nur, Danica. Er hat dich doch angerufen! Natürlich hat er dich angerufen! Er wäre ja ein Idiot, wenn er's nicht getan hätte. Warum bist du noch hier? Oder bist du gar nicht mehr hier? Sind die offenen Türen dein Abschiedsgeschenk?
    Er wagte nicht, ins Schlafzimmer zu gehen und nachzusehen. Die Gewißheit, daß Danicas Bett leer war, hätte er jetzt nicht ertragen. So blieb er sitzen und wartete. Worauf? »Auf den lieben Gott«, sagte er halblaut. »Hörst du, da droben? Ich warte auf dich … lieber Gott! Ich bin am Ende –«
    Plötzlich stand Danica in der Tür. Sie trug das kurze, durchsichtige Nachthemd, das er ihr vor einer Woche gekauft hatte, und sie sah so unbeschreiblich schön aus, daß er sie stumm anstarrte und nur denken konnte: Sie ist da! Sie ist nicht weggelaufen. Lieber Gott, ich habe noch eine winzige Chance …
    »Komm ins Bett, Sascha«, sagte sie leise. »Ich friere …«
    Er schüttelte den Kopf. Sein alkoholisierter Schädel schwankte hin und her.
    »Du mußt morgen wieder früh hinaus. Frau Wendel hat angerufen. Sie hat wieder ihr offenes Bein …«
    Corell schwieg und starrte sie an. Ein Engel, dachte er. Sie ist ein Engel. Und ich bin ein altes Rindvieh, das diesen Tropfen Sonne anbrüllt.
    »Er hat dich angerufen?« fragte er mit schwerer Zunge.
    »Ja, er hat angerufen.«
    »Und?«
    »Er wartet vor der Telefonzelle auf der Straße.«
    »Geh zu ihm! Geh!«
    »Ich liebe ihn nicht. Ich liebe nur dich, Sascha –«
    »Und läßt dich von ihm küssen –«
    »Das ist nicht wahr, Sascha.«
    »Nicht wahr?« In seinem Kopf zerriß etwas. »Nicht wahr? Ich habe am Fenster gestanden und es gesehen! Ich habe es gesehen! Warum lügst du? Du elende kleine Hure, warum lügst du? Weil ich ein Trottel bin? Weil man einen Trottel belügen darf?!«
    »Sascha!«
    Sie hob beide Arme, aber es war schon zu spät. Das Glas flog ihr ins Gesicht, zerschellte an ihrer Stirn, sie spürte, wie das Blut hervorquoll, und sofort waren ihre Augen überschwemmt und es zog sich ein roter Vorhang über ihren Blick.
    Sie drehte sich um, legte beide Hände auf die Wunde und ging langsam zurück ins Schlafzimmer.
    Corell starrte ihr nach. Er lag halb über der Schreibtischplatte und war plötzlich so klar, um zu wissen: Ich habe alles falsch gemacht. Alles.
    »Danica …«, stammelte er. »Danica … was bin ich bloß für ein Mensch?«
    Er war so betrunken, daß er über der Schreibtischplatte einschlief.
    Am nächsten Morgen war er allein.
    In dem emaillierten Abfalleimer neben dem Verbandtisch lagen blutdurchtränkte Mullkompressen und eine durchgeblutete Binde. Die Verbandsschere lag noch neben der Rolle mit Leukoplast.
    Danica hatte sich verbunden und war gegangen. Ohne Nachricht, ohne einen Abschied … nur das Terminbuch neben Corells Kopf war aufgeschlagen und der Name Anna Wendel rot unterstrichen. Dahinter, von Danicas Hand, die Bemerkung: Besuch noch vor Praxisbeginn.
    Corell war wieder allein. Seine neue junge Welt war zusammengebrochen.

34
    Es war sinnlos, was Dr. Corell tat, aber wieviel Sinnloses wird im Leben getan. Zählt man die Sinnlosigkeiten zusammen, sieht man erst, daß man sein halbes Leben damit verschenkt hat.
    An diesem Morgen lief Corell durch die Wohnung und rief Danicas Namen. Er wußte, daß sie ihn verlassen hatte, und wenn sie zurück nach Jugoslawien geflogen war, mußte sie jetzt, in ein paar Minuten, in Ljubljana landen – trotzdem ging er von Zimmer zu Zimmer und sagte: »Danica! Danica! Mach keinen Quatsch. Versteck dich nicht! Es war alles nicht so gemeint. Verdammt, ich war verrückt vor Eifersucht, ich gebe es zu. Ich habe den Verstand verloren. Wer kann das aushalten, Danica? Diese Konfrontation mit der Jugend, mit der Selbstverständlichkeit, immer zu siegen? Ein fünfzigjähriger Mann gegen einen Einunddreißigjährigen, ein Wrack gegen die strotzende Gesundheit … Danica, da ist etwas in mir zerbrochen. Ich habe mich wieder sinnlos besoffen … aber kannst du das nicht verstehen? Danica … Danica … du bist doch nicht weg … Du kannst mich doch nicht einfach allein lassen …«
    Es waren völlig sinnlose Worte, er war sich darüber im klaren, aber trotzdem befreiten sie, trieben den Alkohol, den faden, ledernen Geschmack,

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