Ein Sommer mit Danica
glauben Sie, damit könnten Sie Danica halten? Glauben Sie, Sie könnten mich damit ausschalten? Ich habe keine Angst vor Ihnen, Ihren Gaunertricks und Ihren Ganovenfreunden. Nur zu! Schlagen Sie mich doch zusammen! Wie ist Trick Nummer eins? Tritt in die Hoden? Trick Nummer zwei: Handkantenschlag gegen die Halsschlagader? Oder haben Sie einen Schlagring in der Tasche?«
»So einen Kindskopf soll Danica lieben?« Corell griff nach der Whiskyflasche und setzte sie an den Mund. Dabei beobachtete er Willbourg scharf. Es gab kein Entrinnen. »Sie wollen Sie also heiraten, wenn ich richtig kombiniere?« fragte er nach dem wundervollen langen Schluck. Ha, das ist Leben, dachte er und wurde von einer unheimlichen Fröhlichkeit angesteckt. Das rinnt durch den Blutkreislauf wie Sonnenspritzer.
»Ja!« sagte Dr. Willbourg laut. »Ich liebe Danica, und ich heirate sie!«
»Und was sagt Danica zu diesen honorigen Plänen?«
»Nichts. Es ist alles zu frisch für sie. Ich stehe erst noch vor der Aufgabe, sie aus Ihrem Einfluß herauszubrechen.«
»Jetzt wäre eine zweite Ohrfeige fällig, Willbourg, aber ich will mit Ihnen weiterreden und Sie nicht ins Bett tragen müssen. Was haben Sie gegen mich?«
»Alles, was man gegen einen Menschen wie Sie nur haben kann. Danica ist für Sie nur Ihre verlorene Jugend …«
»Stimmt.«
»Aha!«
»Ist das ein Verbrechen, mit der Jugend leben zu wollen?«
»In dieser Form und mit Danica ist es von Ihrer Seite aus pervers.«
»Die dritte Ohrfeige! Willbourg, Sie sammeln sich da einen schönen Vorrat von Niederschlägen an. Heben wir alles auf für später. – Noch einmal: Ich bin nach Ihrer Meinung Danicas Unglück.«
»Ja, vollkommen.« Dr. Willbourg streckte die Hand aus. »Darf ich auch mal meine Whiskyflasche benutzen?«
»Bitte.« Corell warf ihm die Flasche zu. Sich weniger als drei Schritte näher zu kommen, wagte keiner. Willbourg trank und warf die Flasche dann zu Corell zurück. Er fing sie geschickt auf und klemmte sie unter den linken Arm. »Danica ist also zu schade für mich?«
»Sie haben eine verblüffende Selbsterkenntnis, Corell.«
»Glauben Sie wirklich, daß Danica mit Ihnen gehen wird?«
»Ja!« Willbourg zeigte in die kleine Diele seines Appartements. »Da hängt ein großer Spiegel, Corell. Stellen Sie sich davor und sehen Sie sich an, und dann beantworten Sie sich die Frage selbst.«
»Das habe ich schon längst. Schon in Jugoslawien, Sie Vollidiot!« Er trank wieder und warf die Flasche dann auf den Teppich. Sie war leer. »Ich könnte Sie umbringen, Willbourg, wegen Ihrer strahlenden Jugend, Ihrer Kraft, Ihrer jugendlichen Rücksichtslosigkeit, Ihrem Recht auf Leben. Aber ich bin Ihnen auch dankbar. Glotzen Sie nicht wie ein basedowsches Kalb! Ich bin Ihnen dankbar. Sie nehmen nur vorweg, was vielleicht – nein, sicherlich – früher oder später eingetreten wäre. Der Sieg der Jugend. Jetzt ist es noch zu ertragen … aber ein paar Jahre später wäre es eine Katastrophe geworden, wenn Danica weggelaufen wäre … Das ist alles. Das wollte ich nur hören und nur sagen. Und die zwei gesparten Ohrfeigen schenke ich Ihnen.«
Er ging zur Tür und drehte sich dort noch einmal um. Dr. Willbourg hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Er starrte Corell ungläubig, betroffen nach. »Aber hoffen Sie nicht, daß ich Ihnen Danica kampflos überlasse. So ein Weichling bin ich wieder nicht –«
»Sie Schweinehund bekommen es fertig und machen ihr ein Kind!« sagte Willbourg heiser.
»Nein. Das verspreche ich Ihnen. Das nicht. Mein Gott, welcher Gemeinheiten halten mich denn alle für fähig. Es ist zum Kotzen.«
Er verließ die Wohnung und schwankte bedrohlich. Er war den Alkohol nicht mehr gewöhnt.
Dr. Willbourg blieb erstarrt zurück. Plötzlich hatte er Angst um Danica. Man muß sie vor diesem Menschen retten, durchfuhr es ihn. Sie muß weg sein, bevor er zurückkommt. Ich werde sie an der Telefonzelle in der Einbeckerstraße abholen. Sie darf nicht eine Minute mehr bei diesem gefährlichen Menschen bleiben.
Während unten Dr. Corell in seinen alten VW kletterte, rief Dr. Willbourg Danica an …
*
Corell kam zurück und setzte seine Arzttasche auf den Schreibtisch des Sprechzimmers. Alle Türen der Wohnung standen offen, er konnte bis zum Schlafzimmer sehen. Dort brannte Licht … die beiden Nachttischlampen. Danica wartete.
Er setzte sich hinter den Schreibtisch, drehte sich dann um, holte aus dem Medikamentenschrank eine Flasche mit reinem Alkohol,
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