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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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las er zwar, ohne aber die Worte aufzunehmen. Die Sätze verloren ihren Sinn, sobald sie die Augen passiert hatten. Er spürte Danicas Nähe, als sie sich neben ihn setzte, er hörte das Fernsehen und kam in eine Phase der Eifersucht und Enttäuschung, der Selbstklage und des Leerseins, daß alles um ihn herum auf ihn niederhämmerte wie mit tausend Schmiedeschlägen.
    Er war fast glücklich, als das Telefon schellte und ihn ein Patient zu sich rief. Einer der wenigen Privatpatienten, die noch treu zu ihm hielten. Herzrhythmusstörung. Er nahm seinen Arztkoffer, überzeugte sich, daß er die nötige Ampulle bei sich hatte und verließ schnell die Wohnung. Wie immer drückte er Danica einen Kuß auf die Augen … es kostete ihn große Anstrengung, nicht dabei loszuschreien.
    Der Patient war schnell versorgt. Corell sah auf die Uhr, es war noch nicht zu spät für einen anderen Besuch. Und wenn … es gibt Gründe, einen Mann aus dem Bett zu holen.
    Dr. Willbourg war noch auf und saß vor dem Fernseher. Er hatte eine schöne, kleine Appartementwohnung, auf dem Tisch standen eine Flasche Whisky und ein Eiskübel. Er schien durchaus nicht erstaunt zu sein, Dr. Corell vor der Tür stehen zu sehen. »Kommen Sie 'rein –«, sagte er und trat zur Seite.
    Corell sah sich um, setzte sich auf die Ledercouch, schenkte sich Willbourgs Glas voll Whisky, ließ zwei Eiswürfel hineinfallen, schüttelte alles ein paarmal und trank dann einen langen Zug. Willbourg war stehengeblieben und hatte den Fernseher leise gedreht. Über die Mattscheibe lief ein Quiz mit bekannten Künstlern.
    »Es gibt Dinge, die muß man schnell tun«, sagte Corell. »Dinge, die wie ein Fisch am Kopf zu stinken beginnen.«
    »Der Ansicht bin ich auch«, antwortete Willbourg kampfesfreudig. »Schmeckt Ihnen mein Whisky?«
    »Doch, ja.« Corell betrachtete die Flasche. »Es gibt besseren, aber man kann ihn trinken.«
    »Ich bin kein Fachmann wie Sie –«, sagte Willbourg. Der erste Hieb. Man stand sich gegenüber und wartete auf eine Blöße, auf einen falschen Schlag des Gegners, auf eine gute Parade.
    »Sie haben Danica geküßt –«
    »Ja. Warum es leugnen?«
    »Es hätte auch keinen Sinn gehabt. Ich habe es gesehen.« Corell nahm wieder einen Schluck. Der gute alte Freund Alkohol, dachte er. Er ist treu, er verrät mich nie, er ist immer zur Stelle, wenn man ihn braucht, er ist nicht so voll Gemeinheit wie die ganze Welt … »Seit wann küssen Sie Danica? Ich weiß, das ist eine dumme Frage, aber Sie werden mir die Berechtigung zu dieser Frage nicht absprechen wollen.«
    Das klang noch alles sehr höflich, formvollendet, unterkühlt. Willbourg ließ sich nicht täuschen – er wußte, daß der unerbittliche Schlagabtausch bereits begonnen hatte. »Seit heute. Aber das ist nur ein Zufall. Besser gesagt: Gewisse äußere Umstände verzögerten das. Wäre Danica in den letzten Wochen zum Kursus gekommen, hätte diese Aussprache längst zwischen uns stattgefunden.«
    »Dessen sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »Was wollen Sie von Danica?« Corell blickte zu Willbourg auf. Seine Augen waren so kalt, daß Willbourg unwillkürlich ein leichtes Frösteln spürte. Er schob sich etwas aus Corells Reichweite und fühlte sich dort wohler und sicherer. »Sie wollen sie im Bett haben!« gab Corell selbst die Antwort. »Seien Sie ehrlich, Willbourg! Kneifen Sie jetzt nicht. Jeder, der Danica sieht, will sie im Bett haben.«
    »Vielleicht Sie, Corell! Aber nicht ich! Ich brauche Danica nicht, um mit ihr meine Runzeln wegzupolieren …«
    Dr. Corell griff nach dem Glas, trank den Rest Whisky aus, und seine Hand war so ruhig, als halte er ein Operationsmesser. Dann stellte er das Glas auf den Tisch zurück, stand von der Couch auf, machte zwei Schritte vorwärts und gab Dr. Willbourg eine kräftige Ohrfeige. Willbourgs Kopf zuckte zurück, er taumelte gegen das Bücherregal und hielt sich an dem Fernsehapparat fest.
    »Schlagen Sie bloß nicht zurück!« sagte Corell hart. »Willbourg, bleiben Sie stehen, wo Sie sind. Ich bestehe nicht nur aus Runzeln. Ich habe durch meine Tätigkeit als Arzt der Gauner und Zuhälter ein paar ganz üble Tricks gelernt. Ich kann Sie auseinandernehmen wie in der Anatomie. Sie haben keine Chance, auch wenn Sie soviel jünger sind als ich.«
    »Ich weiß, daß Sie ein Schwein sind«, knirschte Willbourg. Er war sich seiner Ohnmacht voll bewußt und glaubte Corell die Tricks ohne Zögern. »Ein ganz erbärmlicher, mieser Hund! Aber

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