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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mich ihn umbringen! Es ist ein gutes Werk …«
    Corell blieb stehen. Vicivic, der nach ihm ins Zimmer stürmte, prallte gegen ihn. »Wir müssen ihn überwältigen«, sagte Corell und wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht. Kalter Schweiß brach aus ihm heraus.
    »Sie von links, ich von rechts«, antwortete Vicivic. »Der Alte hat die Kräfte eines Bären. Sie werden staunen. Ich wundere mich bereits, daß Sie noch leben.«
    »Ich auch«, sagte Corell. »Mir ist es völlig unbegreiflich, daß ich überhaupt weiterleben will –«
    Sie kamen nicht dazu, sich auf den tobenden Robic zu stürzen. Wie sich zeigte, war es ganz einfach, ihn zu besänftigen. Danica stellte die Arzttasche auf den Tisch, ging auf Robic zu und sagte ganz ruhig: »Setz dich, Vater.« Der Alte schüttelte sich wie ein nasser Hund, starrte um sich, als erwache er aus einem wilden Traum, ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und streckte die Beine von sich. Den Kopf legte er in den Nacken.
    »Ihr könnt ihn behandeln«, sagte Danica.
    Vicivic und Corell sahen sich an. In der Zimmerecke begann Stana zu schluchzen. Die Pistole hielt sie noch in der Hand. In ihrem langen Nachthemd und den abstehenden eisgrauen Haaren sah sie aus, als käme sie aus dem ewigen Dunkel einer der Karsthöhlen. Ein Wesen ohne Farben.
    Vicivic rührte seine stinkende schreckliche Salbe an, Corell klammerte die Stirnwunde, dann verbanden sie Robic und wickelten einen schönen Turban aus Mullbinden um seinen Kopf. Er saß ganz still und atmete kaum, – es war, als verbinde man einen knorrigen Wurzelstumpf.
    »Fertig!« sagte Vicivic und knüllte die blutigen Tupfer in eine Lage Zellstoff. »Jetzt können Sie weitertoben, Petar. Ich verspreche Ihnen: Dr. Corell verbinde ich nicht mehr.«
    »Danke, Kollege.« Corell hielt die blutverschmierten Hände von sich. Stana zeigte auf die Tür zur Küche. Dort ist heißes Wasser, sollte das heißen. Sprechen konnte sie noch nicht wieder.
    »Auch Sie wissen also alles?«
    »Danica hat es mir erzählt. Ein Arzt, das wissen Sie, ist für alles da. Manchmal ist Beichtvater weit wichtiger, als Diagnosen stellen!«
    In der Küche klapperte Geschirr, ein Wasserkessel begann zu pfeifen. Danica machte das Frühstück. Sie hatten gar nicht gemerkt, daß sie das Zimmer verlassen hatte.
    »Ich werde in Piran bleiben«, sagte Corell.
    »Wie lange? Die Höchstzeit für Touristen ist drei Monate. Und dann?«
    »Vielleicht kann man mich hier beschäftigen? In einem Krankenhaus in Ljubljana, in Köper, in Pula, irgendwo. Ich werde bei Ihrem zuständigen Ministerium in Belgrad einen Antrag stellen. Wir haben in Deutschland über hunderttausend Jugoslawen als Gastarbeiter, warum kann nicht auch einmal ein Deutscher als Gastarbeiter in Jugoslawien bleiben?«
    »Ich glaube, Sie haben nur geringe Chancen, Dr. Corell.« Vicivic packte seine Arzttasche ein. »Aber versuchen Sie es. Sie waren im Krieg als Eroberer in unserem Land?«
    »Als Arzt, Vicivic. Ich habe im Feldlazarett von Banja Luka auch Partisanen behandelt. So wie Ihre Ärzte deutsche Verwundete behandelt haben.« Er ging zur Küchentür, die blutverschmierten Hände von sich gestreckt. »Vielleicht erteilt man mir eine Genehmigung. Wir leben ja jetzt in einer Zeit, in der man den Menschen und die Menschlichkeit wiederentdeckt haben will. Die Liebe ist der schönste Teil davon.«
    »Sie sagen es, Dr. Corell.« Dr. Vicivic beugte sich zu Robic hinunter. Der Alte saß noch immer da wie eine Wurzelknolle, aber er schien genau auf jedes Wort zu hören. Vicivic richtete sich wieder auf. »In diesem Zusammenhang muß ich Sie auf Serge Dobroz aufmerksam machen.«
    »Wer ist denn das?« Corell blieb stehen.
    »Danica hat mit Ihnen nicht darüber gesprochen?«
    »Nein.«
    »Serge Dobroz ist Arbeiter in der Fischkonservenfabrik von Isola. Ein netter Junge. So kräftig und groß wie Sie, aber fünfundzwanzig Jahre jünger. Bis Sie von der Bora in Danicas Schoß geweht wurden, hatte er alle Aussichten, Robics Schwiegersohn zu werden. Man hätte es ihm gegönnt. Er ist fleißig, gut erzogen, will weiterkommen, nicht so ein Typ, der den Begriff der ›Neuen Klasse‹ mit Nichtstun verwechselt. Jeden Sonntag kommt er von Isola mit einem Motorrad nach Piran, und dann fahren Danica und Serge ans Meer oder ins Gebirge oder nach Lipiza, wo eben verliebte junge Leute so hinfahren –«
    »Sie sind ein Sadist, Vicivic –«, sagte Corell heiser. Es kam ihm vor, als ginge sein Herz in Gärung

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