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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war vorsichtig aus dem Bett gekrochen, bereits in der Nacht, hatte sich auf Zehenspitzen weggeschlichen und saß nun hier mit all seiner väterlichen Wut und Bekümmertheit.
    Corell blieb in der Tür stehen und schob Danica hinter sich. Aber sie drängte sich vor, und so standen sie nebeneinander, eng Schulter an Schulter, denn die Tür war schmal.
    »Sie haben noch eine Pistole, Robic«, sagte Corell. »Aus ihrer Partisanenzeit. Ich weiß es.«
    »Das stimmt.« Robic faltete die Hände auf der geblümten Tischdecke. »Sie können sie nicht sehen, Doktor Corell. Sie liegt hier auf meinem Schoß. Geladen, entsichert.«
    »Ich habe damit gerechnet, Robic.« Corell legte den Arm um Danica. Ihr Zittern sprang auf ihn über, aber bei ihm war es nur die Angst um Danica. »Was wollen Sie jetzt tun?«
    »Ich weiß es noch nicht.« Robic griff mit der rechten Hand unter den Tisch und umklammerte den Griff der alten Armeepistole. Es tat gut, sie zu fühlen, es war ein sicherer Halt in dieser haltlosen Situation. »Was haben Sie mit Danica gemacht?«
    »Ich liebe ihn!« schrie sie. »Ich liebe ihn!« Sie sprang plötzlich nach vorn, bevor Corell sie festhalten konnte, beugte sich über den Tisch und schrie Robic in das versteinerte, unbewegliche Gesicht. »Ich – liebe – ihn!«
    »Und weiter?« fragte Robic.
    »Ich liebe ihn morgen … und übermorgen … in einer Woche, in einem Monat, einem Jahr …«, schrie Danica.
    In der Tür zum Schlafzimmer erschien Stana, in einem langen, weißen Hemd, wie ein Geist, die eisgrauen Haare vom Schlaf zerwühlt. Von ihrem Platz aus konnte sie sehen, wie Robic unter dem Tisch die Pistole umklammerte, und sie stieß einen merkwürdigen, unmenschlichen Schrei aus, ergriff den Stuhl, der ihr am nächsten stand, und schleuderte ihn Robic an den Kopf. Das alles geschah so schnell, daß die anderen erst reagierten, als Robic bereits auf der Erde lag und mit beiden Händen seinen Schädel umklammerte. Die Pistole lag neben ihm. Eine schwere sowjetische Tokarev. Stana bückte sich, riß die Pistole an sich und steckte sie in das Hemd zwischen ihre Brüste. Robic rappelte sich hoch, setzte sich wieder auf seinen Stuhl und blickte durch die Finger Corell an. Ein Blutrinnsal lief ihm durch die Hände den Arm hinunter.
    »Das ist nicht das Ende«, sagte er schnaufend. »Das ist nur eine Unterbrechung.«
    »Selbstverständlich.« Corell zog Danica zurück. »Ich verlasse sofort Ihr Haus.«
    »Das werden Sie nicht.« Robic ließ die Hände sinken. Auf seiner Stirn klaffte eine Platzwunde. »Erst behandeln Sie mich.«
    »Dafür ist Dr. Vicivic zuständig.«
    »Nein! Sie! Es ist Ihre Wunde!«
    Corell spürte, wie etwas Drohendes auf ihn zuschlich, aber er konnte es nicht benennen. »Ich bin ein schlechter Arzt geworden«, sagte er. »Es reichte nur für Diebe und Huren.«
    »Dann sind Sie hier richtig, Doktor. Meine Tochter ist eine Hure –«
    Robic stand auf. Er war kleiner als Corell, aber voll gedrungener Kraft, massig in den Schultern, wie aus dem Stein des Karstgebirges geschlagen. Nur durch den Tisch getrennt standen sie sich gegenüber, und die beiden Frauen neben ihnen wurden unwichtig. Das hier war jetzt eine Männersache.
    »Gut!« sagte Corell. Er zog seine Jacke aus und krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch. »Ich habe nichts hier, um Ihre Platzwunde zu nähen oder zu klammern … aber ich kann sie mit meinen Fingern so lange zusammenkneifen, bis sie verheilt ist. Sie müssen nur stillhalten.«
    »Versuchen Sie es, Sie verdammter Kerl«, sagte Robic. Er knurrte wie ein gehetzter Bär. »Kommen Sie nur nahe genug an mich heran –«
    Mit ein paar Schritten war Corell um den Tisch herum. Ein Mann, der blutet, ist immer im Nachteil. Er kann aber auch, wie ein aufs Blut gereizter Stier, über alle normalen Kräfte hinauswachsen und alles um sich herum zusammenreißen.
    Petar Robic hatte den Kopf gesenkt und nach vorn geschoben, als Corell um den Tisch kam. Nun standen sie nahe voreinander, nichts trennte sie mehr, – es war der Augenblick gekommen, wo ein Mann ganz allein auf der Welt steht.
    »Wenn du ihn anrührst, Vater –«, sagte Danica mit erschreckend klarer Stimme hinter ihnen – »wirst du dein ganzes Leben dran zu tragen haben.«
    Und Stana sagte mit der gleichen höllischen Ruhe: »Faß ihn nicht an, Petar … die Pistole habe ich …«
    Robic schielte zu seinen Frauen. Stana hatte die Waffe zwischen ihren Brüsten wieder hervorgeholt, und er wußte, daß sie damit umgehen

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