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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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antwortete Dr. Blattmann gedehnt. »Haben Sie schon eine Wohnung?«
    »Ja.« Corell log bewußt. Sagte er ehrlich nein, so war er sicher, daß Blattmann sofort alles in Bewegung setzte, um die Niederlassung Dr. Corells zu verhindern.
    »Wo?« fragte Blattmann nach einer deutlichen Atempause zurück.
    »Ich schicke Ihnen nach dem Umzug eine Karte.«
    »Sie gehen nach Theneshausen, nicht wahr?«
    »Oder nach Mainfurt … Wollen wir ein Ratespiel beginnen, Kollege?«
    »Sie könnten eine große Dummheit begehen, Corell. Es kann sein, daß gerade für dieses Gebiet eine Arztstelle schon fest eingeplant ist.«
    »Dann kommt es auf den Wettbewerb an. Nach dem Grundgesetz kann jeder arbeiten, wo er will.«
    »Sie sind Arzt!«
    »Ihre Logik geht mir nicht ein.«
    »Sie wissen genau, daß wir nach einem Patientenzahl-Schlüssel arbeiten. Ein Überangebot an Ärzten auf einem kleinen Gebiet ist sinnlos.«
    »Ich habe die vergangenen Jahre nicht geschlafen, Kollege.« Dr. Corell tat es gut, das folgende zu sagen. »Wo ich mich hinsetze, werde ich der erste sein. Blicken Sie mal schnell auf die Uhr, Blattmann. Feierabend. Sie haben als Beamter Ihre Bürozeit schon um sieben Minuten überzogen. Und dann noch meinetwegen. Ich bitte um Entschuldigung. Eine Empfehlung an Ihre verehrte Gattin …«
    Er legte auf, ehe Blattmann antworten konnte. Aber er wußte, daß Blattmann jetzt wieder rote Ohren bekam und sofort die Nummer von Dr. Häbrich wählen würde. Häbrich war der Leiter der Ärztekammer und Abgeordneter des Landtages.
    Tatsächlich sprach Blattmann wenige Minuten später mit Dr. Häbrich. »Wir müssen irgend etwas tun«, sagte er erregt und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Stellen Sie sich vor: Corell mitten in einem unserer schönen Neubaugebiete! Das ist wie Schimmel, der frißt sich weiter. Erst Corell, dann die Huren, darauf die Zuhälter, am Ende Mord und Totschlag. Ist er denn überhaupt noch fähig, eine richtige Praxis zu führen?«
    »Bei uns sind noch keine Klagen eingetroffen …«, sagte Dr. Häbrich. Der Anruf Blattmanns scheuchte ihn auf, – er hatte gerade neue Briefmarken in seine bekannte Sammlung eingeklebt. Der Frieden, den die bunten Papierchen verbreiteten, zerstob.
    »Glauben Sie, Huren würden sich bei Ihnen beschweren?« tönte Blattmann. »Wie war das denn mit den vielen Opiatrezepten? Und der Verdacht, daß er gesuchte Bankräuber operierte und nichts meldete?«
    »Nur Vermutungen, Herr Kollege.« Dr. Häbrich hob mit der Pinzette eine neue Marke aus Venezuela gegen die Lampe. Ein schönes Exemplar. Postfrisch. Ein Fehldruck. Ein Schnäppchen, zu dem er sich gratulierte. »Wir haben gegen Corell absolut nichts in der Hand … nur unseren Mangel an Sympathie.«
    »Und mit dem kann man nichts machen?«
    »Nichts amtlich und offiziell. Das wissen Sie besser als ich. Fakten müssen sprechen … aber Corell ist ein raffinierter Hund. Ihn umgibt die Aura der Verworfenheit, aber man kann sie nicht fotografieren. Wir können nur abwarten, wo er sich ansiedelt.«
    »Dann setzen wir ihm einen jungen, dynamischen Arzt vor die Nase. Mit allen Kassen! Mit einer Garantie für das erste Jahr von 100.000, – Mark! Mit allen Krediten und Darlehen zum Ausbau einer Musterpraxis.«
    »Haben Sie den jungen Arzt?« fragte Dr. Häbrich zurück. Er legte die seltene Briefmarke in eine Glasschale. Es sah aus, als bette er eine Geliebte in ein Daunenkissen. »Ich nicht. Und auch bei der kassenärztlichen Zulassungsstelle ist Ebbe. Wer will in die Betonburgen? Die Jungen auf keinen Fall, und die Alten sind für Corell keine Konkurrenz. Denn Corell kann etwas … wenn er will.«
    »Und anscheinend will er!« Blattmann seufzte aus ehrlicher Erschütterung. »Was ist da passiert, daß er sich plötzlich so verwandelt? Oder ist das bloß ein Windei? War er wieder besoffen und will uns nur Feuer unter den Hintern blasen?«
    »Sie haben mit ihm gesprochen, Blattmann. Lallte er?«
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Dann war er nüchtern. Solange ein Corell nicht lallt und Sie nicht ein Arschloch nennt, ist er immer ernst zu nehmen.« Wortlos legte Dr. Blattmann auf. Für ihn war der Abend gründlich verdorben. Aber er nahm sich vor, morgen alle in Frage kommenden Bauträger der Satellitenstädte anzurufen und die Vermietungsbüros mit versteckten Klausulierungen vor Dr. Corell zu warnen.

24
    Gegen 22 Uhr klingelte es an Corells Praxistür. Er war gerade dabei, sich ein Spiegelei zu braten, drehte die Gasflamme aus,

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