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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiterdiskutieren.« Er winkte, und bevor Corell nach dem Totschläger fassen konnte, hatte Nasen-Franz, bekannt für seine Schnelligkeit, seine Faust darauf gedonnert.
    »Zieh dich aus, Gretchen. Doktor … sie hat's an der Bandscheibe. Gestern verlangte ein Kunde eine krumme Tour, da machte es bei ihr knack im Rücken, und seitdem kann sie nur noch gerade liegen. Los zieh dich aus …«
    Gretchen mit den ungleichen Brüsten zögerte. Sie sah den ›Lord‹ an, starrte dann auf Dr. Corell und begann, die Bluse aufzuknöpfen.
    »Laß das!« sagte Corell ruhig. »Geh zu einem Orthopäden oder einem Chiropraktiker. Mein Gott, gewöhnt euch daran, daß ich weg bin. Was hier sitzt, bin nicht mehr ich! Das ist nicht mehr der Dr. Corell, den ihr kennt. Alles hier« – er machte eine Handbewegung, die seine ganze Umwelt umfaßte – »existiert nicht mehr. Ist ein Museum. In ein paar Tagen selbst das nicht mehr …«
    »Sie haben uns überzeugt, Doktor.« Der ›Lord‹ lächelte schwach. »Wir helfen Ihnen das letztemal … wir helfen Ihnen, Ihre Vergangenheit bei uns auszulöschen …«
    Bevor Corell aufspringen konnte, warf sich Nasen-Franz auf ihn und drückte ihn in den Sessel zurück. Zwinker-Willi schlug ihm gezielt auf beide Augen, blitzschnell, mit den Knöcheln genau in die Augenhöhlen. Corell stöhnte auf. In Sekundenschnelle schwollen seine Augen zu, legten sich die Wülste über seinen Blick. Er versuchte, sich zu wehren, aber zwei Mann hielten ihn fest, boxten ihm in den Magen, eine widerliche Übelkeit überflutete ihn, er spürte Blutgeschmack in seinem Mund und gab es auf, sich als Held zu gebärden. Sein gerade neugeborener Stolz zerbrach … er sank in seinen Schreibtischsessel zurück und legte den Kopf nach hinten. Er sah ein Stück Decke und dann kurz das Gesicht des ›Lord‹, der zu ihm sagte:
    »Doktor, wir werden alles zu handlichen Stücken umformen. Das erleichtert die Abfuhr.«
    Was dann folgte, hörte Corell nur noch. Seine Augen tränten, die Schwellungen machten ihn fast blind, er umklammerte die Lehnen des Sessels und kam sich so erbärmlich vor wie an jenem Tag, als eine Polizeistreife ihn aus dem Rinnsal einer Straße in Sachsenhausen auflas, sinnlos betrunken, und zur Ausnüchterung mitnahm auf das Revier. Dr. Corell auf der letzten Stufe.
    Mit geradezu pedantischer Gründlichkeit zerstörten der ›Lord‹ und seine Freunde die gesamte Praxis. Zuerst das Mobiliar, dann die Instrumente. Corell preßte die Finger um die Sessellehne und zählte mit.
    Ein dumpfes Krachen und Splittern … das war der Bücherschrank.
    Jetzt das alte EKG-Gerät … es war wie ein Kinderschrei, als es auseinanderplatzte. Die Höhensonne … klirrendes Glas.
    Der Instrumentenschrank – sie hieben mit den Stühlen auf die Metallseiten.
    Klänge wie bei einem Schmied – der gynäkologische Stuhl zerbrach unter wuchtigen Schlägen.
    Dann wieder Splittern von Holz, zerplatzendes Glas, helles Ratschen der aufgerissenen Polster. Selbst die Gardinen zerfetzten sie und zerhackten den Schreibtisch, hinter dem Corell saß. Sie mußten zusammenlegbare Äxte mitgebracht haben.
    Ab und zu tauchte das Gesicht des ›Lords‹ auf, schweißnaß, von der schweren Arbeit des Zerstörens fast außer Atem. Er schüttelte Corell, wenn dieser die Augen geschlossen hatte, und zwang ihn, den Kopf nach vorn zu nehmen.
    »Wie ist es, Doktor?« fragte er. »Bleiben wir zusammen? Wir richten Ihnen eine neue Praxis ein …«
    »Nein«, sagte Corell mühsam. Auch sein Mund schwoll jetzt zu. »Warum erschlagt ihr mich nicht?«
    »Sie haben manchem von uns das Leben gerettet. Sie haben einige Leben gut. Dieses Konto können wir nie ausgleichen, von uns aus würden Sie unsterblich sein. Aber wir können mit Ihnen reden, Doktor, immer und immer wieder reden wie jetzt, bis Sie begreifen, wo Ihre Freunde sind …«
    Später, Corell hatte keinen Zeitbegriff mehr, verlor er das Bewußtsein. Als er aufwachte, war alles still um ihn, eine kalte Kompresse lag auf seinen Augen, ein widerlicher Geschmack klebte um seinen Mund. Man hatte seine aufgesprungenen Lippen mit Jod bepinselt. Er versuchte, sich aus dem Sessel zu stemmen, und wider Erwarten gelang es. Taumelnd hielt er sich an der Wand fest, die Kompresse fiel von seinen Augen, er konnte etwas sehen, schielte durch die Schlitze der Schwellungen und sah um sich ein vollkommenes Trümmerfeld. Es gab keinen ganzen Gegenstand mehr in der Wohnung …
    Er tappte durch seine verwüstete Wohnung,

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