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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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Wohlergehen zu konzentrieren. In diesem Fall eben auf unsere Stadt. Dabei nehme ich die Dinge allerdings nicht mehr so persönlich wie früher. Ich kann mich leidenschaftlich engagieren, bin aber nicht mehr so auf das Ergebnis fixiert.

    Ich schaffe es, die Weisheit meiner Schwägerin anzuwenden, mit der sie den Krebs über so viele Jahre in Schach gehalten hat. Ich kann visualisieren:
    Das Tal wird nicht in einen Morgen große Parzellen zerhackt. Auf Schwemmland. Was den Fluss verschmutzen würde. Es wird offen und frei … ein Bassin für den Nachthimmel, sollte er sich je entschließen herabzufallen.
    Ich spüre nicht mehr diese Verzweiflung und Hilflosigkeit angesichts eines drohenden Unheils, wie es mir früher erging, wenn irgendein Idiot daherkam und versuchte, etwas Groteskes mit dem Land in dieser intakten Gegend von Montana anzustellen.
    Denn das ist eines unserer wichtigsten Themen hier vor Ort: Bebauung und Erschließung. Allzu oft kommen Außenstehende daher und versuchen, an sich zu reißen, was die Einheimischen seit Generationen bewahren. Die Einheimischen verstehen sich darauf, im Einklang mit der Natur zu leben – sie zu schützen, zu respektieren, für ein harmonisches Gleichgewicht zu sorgen. Doch die Leute in den entscheidenden Positionen hier bei uns schnappen viel zu oft nach der Karotte, die Bauträger ihnen vor die Nase halten: Geld. Dann winkt eine reiche Zukunft in einem de facto armen Land.
    Es macht mich ganz krank zu sehen, wie schnell manche Lokalpolitiker den Überblick verlieren und vergessen, was es bedeutet, über große Flächen unberührter Natur zu verfügen. Welchen Reichtum solche Gebiete für die Zukunft eines Bundesstaates, eines Landes, ja unseres Planeten darstellen.
    Keine Sorge, ich werde darüber nicht endlos lamentieren. Aber ich möchte Ihnen noch eines sagen: Sie glauben nicht, wie schnell sich Leute, unabhängig von ihrer politischen Gesinnung, mobilisieren lassen, wenn ein Bauvorhaben gleich hinter ihrem Gartenzaun droht. Und so ein Gartenzaun
kann sich hier in Montana über viele Meilen erstrecken. Das Ganze funktioniert jedoch nur, wenn man sich zusammentut.
    Übrigens: Ich habe nichts gegen Wandel, Wachstum und Bebauung. Hey, ich habe mein Land schließlich auch gekauft und ein Haus darauf gebaut. Aber diese Gegend ist eines der letzten Gebiete unberührter Wildnis im Kernland der USA, weshalb ich mich auch verantwortlich fühle, dafür zu sorgen, dass dies möglichst lange so bleibt. Jetzt, wo meine Aufmerksamkeit von den Eheproblemen abgelenkt ist, bin ich wieder ganz ich selbst und agitiere im Café, auf dem Schulparkplatz, neben dem Fußballfeld. Einen Morgen große Parzellen? Das ist total unverantwortlich und passt überhaupt nicht in diese ländliche Gegend. Wir müssen dagegen kämpfen. Wir brauchen keine Ein-Morgen-Parzellen. Was spricht gegen zehn Morgen große oder gleich zwanzig, so wie die unsere?
    Allerdings wende ich meine neue Strategie an. Ich mache mein Wohlbefinden nicht von dieser Auseinandersetzung abhängig. Aber es fühlt sich großartig an, meine Energie in etwas anderes als mein Privatleben zu investieren. Ich kann toben und brauche mir keine Sorgen über nachteilige Auswirkung auf mein Eheleben zu machen. Und mir wird bewusst, wie zurückgezogen ich seit Italien gelebt habe. Nicht nur hinsichtlich lokalpolitischer Aktivitäten. Auch im sozialen Bereich. In dieser anstrengenden Zeit war ich der reinste Eremit, obwohl ich mir so fest vorgenommen hatte, genau das nicht zu werden. Ich mag es nicht, wenn ich so bin. Das entspricht mir gar nicht. Außer den Übernachtungsbesuchen hatte ich den ganzen Sommer über keinen einzigen Gast zum Abendessen. Plötzlich fühle ich mich energiegeladen und lebendig.
    Doch meine Erkenntnis nach zwei Stunden in der Bauabteilung ist, dass es sich hier ähnlich verhält wie im Kampf um
meine Ehe: Es gibt keinerlei Versprechen. Leider existieren beschämend wenig Gesetze zum Schutz des Herzens. Ich schätze, das ist bei allen lohnenswerten Kämpfen so. Wieder und wieder höre ich, die Vorschriften seien lasch, zahnlos. Und die Bauträger wissen das. Am Schluss gewinnen sie immer. Der kleine Mann hat eben nichts in der Hand. Und Geld regiert die Welt.
    Die Angestellten der Baubehörde sehen müde und zermürbt aus. Sie haben tagtäglich mit diesem Raubbau zu tun und können nicht wirklich viel dagegen unternehmen, denn selbst wenn der Stadtrat eine vorgeschlagene Parzellierung ablehnt, kann der Landrat sie

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