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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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Dreiviertel der Saison keine Lust mehr hatte, verdoppelte er seine Gehaltsforderungen. Schließlich belebte er das Geschäft, die Umsätze waren gestiegen. Sein Chef ging nicht darauf ein. Oktay war im ganzen Hafen und auch darüber hinaus bekannt, viele hätten ihn liebend gerne eingestellt, aber nicht für die Phantasiesummen, die er lässig zwischen zwei Zügen an seiner Zigarette nannte.
    Und so jemanden kannte hier niemand? Ich hatte keine Lust mehr, noch länger herumzufragen. Wir hatten Hunger, wir wollten essen. Auf unserer Suche hatten wir ein kleines Restaurant in einem Hinterhof entdeckt, sogar der riesige Gasherd, die Kühlschränke und Weinregale befanden sich im Freien, was dem Ganzen den Anschein eines feudalen Picknicks gab. Der Mann am Grill, den man in anderen Lokalen wahrscheinlich aus gutem Grund nicht sah, tat mir leid. Das war harte Arbeit, in der Gluthitze auch noch am Feuer zu stehen, während die Gäste so wenig wie möglich anhatten, denn der Abend hatte kaum Abkühlung gebracht. Wir bezahlten diesen Mann dafür, daß es uns gutging, aber wer weiß, vielleicht dankte er dem Herrn dafür, daß er eine Arbeit hatte.
    Nach dem Essen spazierten wir langsam zurück zu unserer Pension. Oriana hatte Hühnchenspieße in einer roten Sauce gehabt, die weder nach Tomaten noch nach Paprika aussah. Es war ein knalliges Rot gewesen, wie ein Feuerwehrwagen mit einem Schuß Violett, es hatte süß und sauer und scharf geschmeckt. Wenn Oriana unter einer Straßenlaterne lächelte, sah ich Reste dieser Sauce an ihren Zähnen kleben und stellte mir vor, es seien Rubine. Dieses rubinbesetzte Lächeln, der Wein, mein Wunsch, es möge den Beruf des naqqâl noch geben, die warme Luft, die Kraft am Ende meiner Wirbelsäule, der ganze Tag, die Geschichten, die wir kannten, um uns die Nächte zu versüßen, schon wieder fing ich mit einer an:
    – Es war einmal ein kleines Mädchen, Melika, das von seinen Eltern an einen Sultan verkauft wurde, weil sie so arm waren. Der Sultan war hingerissen von Melikas Schönheit und ließ sie von seinen Frauen in der Kunst der Massage, des Singens und des Bauchtanzes unterrichten. Sie hatte Haare wie Ebenholz, seduktiöse Lippen, rot wie Feuerwehrwagenhühnchenspießsauce, mandelförmige Augen von einem sehnsuchtsvollen Bambibraun, und als sie vierzehn Lenze zählte, deflorierte der Sultan sie und nahm sie offiziell in seinen Harem auf.
    In den folgenden Jahren wurde die sympathetische junge Frau noch schöner, und jedem, der sie sah, stockte der Atem. Der Sultan ernannte sie zu seiner Hauptfrau und vernachlässigte seine Staatsgeschäfte, weil er nicht genug von Melika bekommen konnte. Doch da er nicht mehr der Jüngste war, begannen seine Lenden zu erlahmen. Gleichzeitig war er so trunken von Melikas Anmut, daß ihn der Wunsch überkam, mit ihr zu protzen, statt eifersüchtig über sie zu wachen. So erließ er ein Gesetz, daß alle jungen Männer, wenn sie sechzehn Jahre alt wurden, Melika beim Bauchtanz zusehen durften. Zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, gab es ein großes Fest, die Jünglinge pilgerten zum Palast, vor dem die Kaufleute Krabben, Muschelfleisch, Honig, Hanf, Granatäpfel, Ginseng, Damiana, Ingwer, Koriander, kandierte Muskatnüsse und Vanilleschoten feilboten, auf daß, wer davon aß, seine Liebeskraft stärke.
    Hunderte junger Männer wurden in den großen Saal geführt, wo Melika in der Mitte auf einer Bühne tanzte. Sie trug ein purpurnes Kostüm, das mit Rubinen besetzt war. Die Jünglinge legten Hand an sich, während sie die Hüften kreisen und vorschnellen ließ, ihre Brüste wackelten und ihr Bauch erzitterte. Nachdem diejenigen in der ersten Reihe sich zu ihren Füßen ergossen hatten, machten sie Platz für die Nachrückenden. Der Sultan stand auf einer Empore und betrachtete das Treiben. Melika tanzte sich in einen Rausch, und die virilen Männer stellten sich ein zweites, drittes und viertes Mal hinten an, während Melika erstaunliches Geschick bewies, auf dieser rutschigen Bühne nicht den Halt zu verlieren, und ihre Schritte immer richtig setzte. Die Männer versuchten, sie zu treffen, und am Ende des Festes hatte sie nicht nur auf den Beinen und auf dem Bauch ein paar glänzende Flecken, sondern auch auf den Schultern, auf den Armen und sogar im Gesicht.
    Am Abend dieses Festtages fühlte der Sultan sich im Gemach in seine Jugend zurückversetzt.
    Den jungen Männern wurde am Ausgang von Eunuchen ein kleiner Schnitt über der rechten

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