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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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Gleichgewicht, pendelte ungelenk hin und her und plumpste schließlich rückwärts auf seinen Arsch. Oriana lachte schallend. Der Kerl hatte die Gläser, deren Inhalt sich über sein Hemd und seinen Schoß ergossen hatte, noch in der Hand, Eiswürfel glitzerten auf dem Boden, Limettenstücke lagen herum. Er saß da mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen ungläubig, dämlich und schmerzverzerrt. Oriana kriegte sich gar nicht mehr ein.
    Das hatte ich schon öfter an ihr bemerkt, diesen seltsamen Sinn für Humor, diese Schadenfreude. Es erinnerte mich an eine andere Frau, mit der ich mal eine Zeit zusammen verbracht hatte. Wir hatten uns in einem Park getroffen, etwas getrunken, und dann waren Maja und ich auf die Idee gekommen, um die Wette zu rennen. Ich war der Mann, ich würde bis kurz vor Schluß hinter ihr laufen, um dann auf den letzten Metern gleichzuziehen oder vielleicht sogar knapp zu gewinnen. Bald merkte ich, daß sie ganz schön schnell war, ich mußte mächtig zulegen auf dem letzten Stück, ich gewann, aber ich konnte nicht mehr bremsen, stolperte über die Kante des Wasserbeckens im Park und zappelte in einer ersten Panik wie wild im kniehohen Wasser. Maja hatte nicht nur Stunden später noch herzhaft gelacht, sie hatte auch gesagt: Du hast mich das erste Mal richtig zum Lachen gebracht. Wir trafen uns schon seit drei Monaten.
    Oriana prustete derart, daß der Typ sie mit bösen Blicken bedachte und Worte ausspie. Ich wußte zwar nicht, um welche Sprache es sich handelte, aber die Bedeutung war unmißverständlich: Du dumme Nutte, du verfickte kleine Schlampe, dich müßte man mal ordentlich durchnudeln, da würde dir das Lachen schon vergehen, du Hure, die jeden für ein Eis am Stiel drüberläßt.
    Ich beschränkte mich darauf, ihm zuzuprosten. Er und seine Freunde verließen bald das Lokal, Oriana lachte noch immer.
    – Wie er die Gläser in der Hand gehalten hat und nicht loslassen wollte, sagte sie, und ihre Stimme überschlug sich bei den letzten Worten. Ich bedauerte, daß es hier so laut war, ich hätte ihr gerne besser zuhören können beim Lachen.
    Wir tranken noch etwas, ich erzählte ein paar Witze, auch den mit dem Frosch, der Jim Beam trinkt, aber damit konnte ich sie nicht begeistern. Mir gefiel es nicht, daß Oriana meistens dann lachte, wenn sich jemand weh tat. Ich hätte viel darum gegeben, in der Lage zu sein, sie zum Lachen zu bringen. Doch das war Eitelkeit. Wenn man jemanden kennenlernt, liebt man sich selbst für die kleinen Veränderungen, die man hervorrufen kann. Sobald das nicht mehr klappt, haßt man den anderen dafür.
    Als wir auf dem Weg zurück zu unserer Pension waren, dauerte es keine vier Minuten, und ich begann die Stille zu genießen, es war kaum zu glauben, daß gleich um die Ecke die Hölle los war. Wir bogen einige Male wahllos ab, um durch Straßen zu gehen, die wir noch nicht gesehen hatten, behielten nur grob die Richtung bei.
    In einer dunklen Gasse saßen drei Jungs auf dem Mäuerchen eines Vorgartens und rauchten. Ich schätzte sie auf vierzehn, fünfzehn, sie redeten in der Landessprache, und ihr Tonfall kam mir aggressiv vor. Als wir an ihnen vorbeigingen, sahen sie Oriana an, ein wenig geringschätzig vielleicht, und was sie jetzt sagten, war genauso einfach zu verstehen wie das, was vorhin der Mann mit den Gleichgewichtsstörungen gesagt hatte: Hey, die hat klasse Titten. Ja, die würde ich durchbumsen, daß ihr Hören und Sehen vergeht. Sieh dir die Perle an, die braucht mal nen anständigen Fick.
    Ich verlangsamte meinen Schritt, drehte meinen Kopf zu ihnen und sah sie direkt an. Ich verspürte den Zorn und die Lust, hinzugehen und zuzuschlagen. In solchen Momenten mußte ich immer an Borell denken. Ihm wäre das nie passiert, bei seinem Auftreten hätte niemand so etwas gewagt. Er sah zwar freundlich aus, immer ein wenig traurig, aber wie jemand, dem man Respekt entgegenbringen mußte. Er hatte eine Aura der Unverletzlichkeit.
    Noch während ich überlegte, ob ich was tun sollte, blieb Oriana stehen, zog ihr T-Shirt hoch, entblößte ihre Brüste. Weder die Jungs noch ich verstanden, was da gerade passierte.
    – Ist es das, was ihr sehen wollt? Dann guckt gut hin. Mehr werdet ihr nie kriegen, ihr kleinen Vollidioten. Geht nach Hause und holt euch einen runter.
    Die Jungs kriegten den Mund nicht mehr zu, Oriana ließ ihr T-Shirt wieder fallen, hakte sich bei mir ein, und wir gingen. Ich war sprachlos.
    – Ich bin ganz schön angetrunken,

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