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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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weiß nicht so recht, er war schon ein Charmeur, unterhaltsam, witzig, gutaussehend, stattlich, aber nie ein Weiberheld, sonderlich viel Erfolg hatte er nie. Nur einmal war er länger mit einer zusammen, Sevinç, als sie ihn verließ, war er wohl einige Tage lang geknickt, das hat zumindest Ebru erzählt, es war in einem Winter, in dem wir uns nicht gesehen haben. Sie scheint die einzige gewesen zu sein, die ihm wichtig war. Ich habe mich manchmal gefragt, ob er wohl viel Sex hatte. Ich glaube nicht, ich meine, er ist nach Saudi-Arabien gegangen, so wichtig wird es ihm nicht gewesen sein. Er hat gesagt, ich geh nach Arabien, um näher an der Kaaba zu sein, näher bei Allah. Ich will ja mal ins Paradies und mir von den Huris Getränke servieren lassen.
    – Huris?
    Ich sah sie an. Das wunderte mich, sie kannte sich doch sonst so gut aus in diesen Dingen.
    – In der islamischen Vorstellung ist das Paradies ein Garten, in dem Scharen von jungfräulichen, wunderschönen Frauen den Gläubigen zur Verfügung stehen, die ansonsten auf juwelenbesetzten Polstern ruhen und sich den Wein kredenzen lassen, der ihnen zu Lebzeiten verboten war. Die Diener Allahs werden gelehnt sein auf gereihten Ruhekissen. Und wir werden sie mit schönen, großäugigen Mädchen vermählen, mit Huris.
    Jetzt sah Oriana mich ein wenig ungläubig an, aber ich nickte bekräftigend und schob mir noch eine Sardine in den Mund, dieses Thema war eindeutig angenehmer.
    – Und willst du auch in diesen Garten?
    – Ich legen keinen Wert auf Unberührtheit. Aber wer will nicht in den Garten der Glückseligkeit, gekleidet in Gewänder aus grüner Seide und schwerem Brokat, mit Pokalen in den Händen, die durchsichtig wie Glas sind und doch aus Silber, gefüllt aus der Quelle, die Salsabil heißt. Wer will nicht lustwandeln zwischen Bäumen, deren reife Früchte tief hängen, damit sie leichter zu erreichen sind, wo Schüsseln aus Gold von Hand zu Hand kreisen, in denen alles ist, was die Seelen begehren und woran sich die Augen ergötzen. Sela.
    – Das Paradies, sagte Oriana, das Paradies müßte ein Ort voller feierlicher Zeremonien und Rituale und voller Sex sein.
    Sie bestellte ihr drittes oder viertes Bier, ich goß mir etwas Wein nach, meine Laune wurde langsam besser. Morgen würde der Herr noch einen Tag werden lassen.
    Wir saßen da, die Kerze flackerte, man sah schon die ersten auf dem Weg in die Straße der Bars, eine Kopfsteinpflastergasse voller Kneipen und Imbißbuden, auf 250 Metern eine Welt aus Cocktails, gegrillten Muscheln und Schafshoden, Popcorn und Bier, Melonen und schwerem Rauch, mit aktuellen Hits, die aus den Boxen dröhnten und sich miteinander vermischten, gutaussehenden Kellnerinnen und Kellnern, die ständig grinsten und die Hüften dauernd ein wenig zu locker bewegten, eine Welt aus jungen Männern und Frauen, die vielleicht die Ekstase suchten, die Nacht, die alle Möglichkeiten bot, aus Vergnügungswilligen, die außerhalb ihres Urlaubs möglicherweise einfach nur motorisierte Fernsehsüchtige waren.
    Wahrscheinlich wußten die Kellner Bescheid, ob Engländerinnen im Bett besser waren als Schwedinnen und Italienerinnen leichter rumzukriegen als Deutsche.
    Oriana schlug vor, noch etwas zu trinken, bevor es in dieser Straße zu voll und zu laut wurde, und ich suchte uns einen Laden namens Paradiso aus, es hätte auch jede beliebige andere Bar sein können, es schien kaum einen Unterschied zu machen. Die Bloody Mary schmeckte mir nicht, ich trank sie schnell aus und bestellte einen Long Island Ice Tea, Oriana ließ sich einen zweiten Mojito bringen.
    Im Paradiso konnte man über eine schmale, steile Holztreppe auf eine Art Loggia gelangen und von dort das Treiben auf der Straße beobachten. Ein junger Mann um die zwanzig, der sich sehr schick gemacht hatte heute abend, konnte es anscheinend nicht erwarten, Nachschub zu bekommen, und seine Freunde ebensowenig, er ging runter an die Bar, um zu bestellen. Er nahm drei Caipirinhas in zwei Hände. Auf der zweiten oder dritten Stufe sah man, daß die bisherigen Getränke schon seinen Gleichgewichtssinn beeinträchtigt hatten, aber er schien sich seiner selbst sicher. Er glich einen Schwenker nach rechts souverän aus, mit aufrechtem Oberkörper und ohne mit einem Körperteil Halt an der Wand oder dem Handlauf zu suchen. Den nächsten Schwenker wollte er genauso überspielen, nach Sekunden wie in Zeitlupe lehnte er sich zwar kurz mit der Schulter gegen die Wand, doch er verlor das

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