Ein Spiel um Macht und Liebe
vorkommt.« Dann beschrieb er die Hütte, die er und Huw auf dem Kenyon-Grundstück entdeckt hatten.
»In der Tat interessant«, bemerkte Nicholas, als Owen geendet hatte. »Und was könnte es deiner Meinung nach bedeuten, wenn es denn überhaupt eine Bedeutung hat?«
»Wenn ich Schlüsse ziehen sollte, dann würde ich sagen, daß die Hütte zum Abscheiden von Edelmetallen benutzt wird«, sagte Owen zögernd.
»Möglicherweise Gold, wahrscheinlicher aber Silber.«
»Kann das denn sein?« fragte Nicholas überrascht. »Ich weiß zwar, daß man in Wales gelegentlich auf Gold oder Silber gestoßen ist, aber es war niemals viel und schon gar nicht in dieser Gegend.«
»Manchmal findet man sehr reines Silber in strähnenartigen Ansammlungen, die man Drahtsilber nennt«, erklärte Owen. »Ich habe so etwas mal gesehen. Erstaunliches Zeug – so rein, daß man es praktisch nur mit einem heißen Ofen schmelzen und in Barren gießen kann. Der Ofen, den ich in der Hütte gesehen habe, wäre durchaus ausreichend. Ich glaube zwar nicht, daß man in einem Kohleflöz Silber finden kann, aber erinnerst du dich an den verschlossenen Schacht? Ich habe dir erklärt, daß’ sich das Gestein dort ändert. Es könnte sein, daß dieses andere Gestein Silber enthält.«
»Also hat Wilkins vielleicht durch Zufall Silber entdeckt und ist sofort zu Madoc gegangen. Wenn es sich um kleine Mengen handelt, kann man sie ohne Schwierigkeiten aus der Mine holen, ohne daß jemand etwas merkt. Und das Kenyon-Grundstück ist der ideale Ort, um es herauszuschmelzen, da Lord Michael nicht anwesend ist und Madoc auf dem Besitz nach dem Rechten sieht.«
»Und warum sollte Wilkins zu Madoc gehen, anstatt einen wertvollen Fund für sich zu behalten?« fragte Clare.
»Nye Wilkins ist nicht klug genug, das Silber auszufällen oder zu verkaufen. Er braucht einen Partner, der davon Ahnung hat. Wie Madoc«, antwortete Owen. »Wenn wir richtig geraten haben, dann machen die zwei bestimmt einen hübschen Extragewinn.«
»Aber das ist doch genau, wonach wir gesucht haben!« Clare sprang vor Aufregung förmlich aus dem Sessel. »Lord Michaels Pachtvertrag bezieht sich nur auf Kohle, er besitzt kein umfassendes Förderrecht. Wenn Madoc und Wilkins Silber oder irgendein anderes Erz aus der Zeche holen, dann hast du eine Grundlage für eine Klage. Selbst wenn Lord Michael keine Ahnung davon hat, was seine Angestellten da tun, dann muß die Gesellschaft doch bestimmt trotzdem haften, wenn dir dadurch ein Schaden entsteht.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann stieß Nicholas einen Jubelschrei aus und riß Clare in die Arme, um ihr einen Kuß aufzudrücken. Gerade noch rechtzeitig besann er sich und küßte sie nur leicht und flüchtig.
Dann wandte er sich zu Owen um. »Ich habe Lord Michael Kenyon in London getroffen. Er war im Krieg, daher konnte er sich nicht um seine Geschäfte kümmern. Da er sich schlichtweg geweigert hat, irgendwelche Veränderungen einzuleiten, haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, den Pachtvertrag zu lösen. Und jetzt, Gott sei Dank, haben wir durch dich und Huw eine solche bekommen.«
Owen lächelte. »Damit hast du recht… Gott sei Dank. Es kann unmöglich ein Zufall gewesen sein, der Huw und mich erst zu der Hütte und dann zu dir geführt hat.«
Nicholas hatte keine Lust, sich über theologische Themen zu streiten. »Bisher sind das ja alles nur Spekulationen. Was wir brauchen, sind handfeste Beweise. Kannst du mich noch einmal mit in die Zeche nehmen? Wenn wir beide bezeugen können, daß wir etwas gesehen haben, das auf illegale Ausbeutung hinweist, dann kann ich vor Gericht gehen, den bestehenden Vertrag lösen und das Geschäft selbst übernehmen.«
Owen runzelte die Stirn. »Noch einmal in die Mine zu gelangen, wird nicht leicht sein. Madoc hat angeordnet, ihn sofort zu benachrichtigen, falls du wieder auf dem Grundstück gesichtet wirst. Selbst wenn die meisten Leute dort anständig sind, so würden sie doch nicht gegen den Befehl von Madoc handeln.«
»Und wenn wir nachts runtergehen? Wenn wir erst mal unter der Erdoberfläche sind, dann ist es doch sowieso egal, welche Tages- oder Nachtzeit es ist.«
»Nach deinem ersten Besuch hat Madoc einen Zaun um den Einstieg ziehen lassen, und nachts laufen Wachen mit Hunden herum. Die könnten wir ja vielleicht irgendwie umgehen, aber den Göpel zu betreiben, ohne daß es jemand bemerkt, dürfte unmöglich sein. Diese übertriebenen Maßnahmen kamen uns allen ein
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