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Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Zusammensein konnte und sie beide ein paar Tage lang keine anderen Aufgaben hatten, als zu reiten und sich am anderen zu erfreuen.
    Trotzdem war sie überrascht, in welchem Ausmaß sie es genoß. In den anderthalb Tagen, die sie unterwegs waren, hatte er sich ihr gegenüber geöffnet und wirkte auf eine Art entspannt, die sie bei ihm noch nie erlebt hatte. Die frische Luft und das Leben unter freiem Himmel hatten offenbar den Zigeuner in ihm stärker zum Vorschein gebracht.
    Als sie ihm nun einen Blick zuwarf, bemerkte sie ein dunkles, zusammengerolltes Objekt unter seinem Mantel. »Warum hast du eine Peitsche mitgenommen? Wir fahren doch nicht in einer Kutsche.«
    »Zigeuner-Angewohnheit wahrscheinlich. Eine Peitsche ist zu vielem nütze. Zum Beispiel…« Er nahm die Peitsche und ließ sie einmal scharf knallen. Die Schnur wickelte sich ein paarmal um einen Ast hoch über ihren Köpfen. Als er am Griff zog, bog sich der Ast zu ihm herunter, bis er ihn erreichen konnte.
    »Wenn es hier reife Äpfel gäbe, dann könnten wir köstlich speisen.«
    Sie lachte. »Ich habe niemals darüber nachgedacht, aber jetzt begreife ich, daß das Leben eines herumziehenden Volkes ein ganz eigenes Kompendium an Wissen erfordert.«
    Er rollte die Peitsche wieder zusammen und steckte sie weg, dann wies er auf einen Vogel in einem Baum. »Zigeuner sind in der Nähe.«
    Sie musterte den schlanken, schwarzweißen Vogel. »Für mich sieht das eher nach einer ordinären Bachstelze aus, als nach Zigeuner.«
    »Er wird auch Romani chirikh genannt.
    Zigeunervogel«, erklärte er. »Wenn du einen siehst, sind irgendwo Roma in der Nähe.«

    Sie blickte sich um, aber sie waren hoch oben in den Hügeln, und außer der schmalen Straße gab es keine Anzeichen für menschliche Existenz. »Sie verbergen sich aber gut.«
    »Warte ab.«
    Etwa eine halbe Meile weiter wies er auf einen Baum. »Siehst du den grauen Lumpen da am Baum?« Als sie nickte, fuhr er fort: »Das ist eine Wegmarkierung, mit der eine Kumpania der anderen sagt, daß sie hier vorbeigezogen ist. Man nennt dieses Zeichen Patrin, was ›Blatt‹ bedeutet, aber man kann es in verschiedenen Formen finden: aufgeschichtete Äste, Steinhaufen oder als Lumpen wie der dort. Siehst du, daß er oberhalb der Augenhöhe eines durchschnittlichen Reiters angebracht worden ist? Man kann ihn leicht übersehen, wenn man nicht weiß, wo man suchen soll.«
    Clare war fasziniert. »Deine Leute hinterlassen also Nachrichten füreinander. Wie klug. Kennst du die, die diese hier befestigt haben?«
    »Wahrscheinlich – ich war schon bei jeder Kumpania, die regelmäßig durch Wales reist.« Er betrachtete den Lumpen genauer. »Ich könnte den Kreis auf etwa fünf Gruppen einengen. Es gibt ein paar Meilen von hier entfernt einen Lagerplatz. Hättest du Lust, hinzureiten?«
    »Sehr gerne«, erwiderte sie.
    Aber das Wetter war gegen sie. Den ganzen Morgen waren schon kräftige Schauer niedergegangen, und als der Nachmittag näherrückte, setzte ein Dauerregen ein. Clare beschwerte sich nicht – wer in Wales lebte, kannte sich mit Nässe aus –, aber natürlich ließ sich der Tag nicht mehr ganz so gut genießen.
    Als sie ihren Umhang um sich zog, machte Nicholas einen Vorschlag. »Nicht weit von hier steht eine Hütte. Sollen wir die Nacht dort unterkommen?«
    »Mit Vergnügen«, erwiderte sie inbrünstig.
    Die Holzhütte stand ein wenig abseits von der Straße, fast verborgen in einem Hain von hohen Bäumen. Das Bauwerk war zwei Stockwerke hoch und solide gebaut und besaß sogar an einer Seite einen Verschlag für die Pferde. »Geh hinein und wärm dich auf«, sagte Nicholas, als sie abstiegen.
    »Ich möchte nicht, daß du dich auf deiner Hochzeitsreise erkältest.« Er grinste anzüglich.
    »Wenn du schon ans Bett gebunden sein solltest, dann aus anderen, interessanteren Gründen.«
    Clare lachte und betrat die Hütte, die mit ein paar Stühlen und einem Tisch sehr schlicht möbliert war. Ein paar Minuten später brachte Nicholas die Satteltaschen und einen Armvoll trockenes Feuerholz herein, das offenbar aus dem Schuppen stammte.
    Dann ging er wieder hinaus, um die Pferde zu versorgen, und sie dachte voller Wärme, daß er sich wirklich wunderbar um sie kümmerte. Es machte großen Spaß, so umsorgt zu werden.
    Als das Feuer entzündet war und knisternd brannte, ging sie auf Entdeckungstour. Dazu brauchte sie nicht lange, denn die obere Etage bestand nur aus einem einzigen geräumigen Zimmer, in dem im

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