Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
Erbes, das ihr Mann von den Roma mitbekommen hatte.
    Doch auch wenn er sich leicht unter die Leute mischte und offenbar sehr beliebt war, erkannte sie, daß er nicht wirklich dazugehörte; ein Teil von ihm war durch eine Ausbildung geprägt worden, die er außerhalb der engen Grenzen der Roma-Welt erfahren hatte. Sie fragte sich, ob er glücklicher gewesen wäre, wenn er die Roma nie verlassen hätte. Vielleicht würde sie ihn eines Tages danach fragen, doch nun war nicht der richtige Zeitpunkt dazu. Wenn sie Aberdare erreichten, mußte er Michael gegenübertreten, und der verzweifelte Kummer, den er deswegen empfand, war deutlich zu spüren.
    An ihrem letzten Abend wurde das versprochene Fest mit einer verschwenderischen Fülle an Essen, Getränken und Gelächter gefeiert. Die Hauptattraktion war ein mit Äpfeln gefülltes Spanferkel, das über dem offenen Feuer an einem Spieß gebraten wurde. Clare hatte ihre Portion aufgegessen und nagte nun ein wenig geziert einen Knochen ab. »Ich hoffe, daß dieses Ferkel auf ehrenhafte Weise in den Besitz der Roma gekommen ist, aber ich traue mich nicht zu fragen«, sagte sie.
    Nicholas grinste. Er schien an diesem Abend seine Sorgen unterdrückt zu haben und ließ es sich –
    ganz nach Zigeunerart – vor allem gutgehen.
    »Das ist schon in Ordnung. Zufällig hatte ich eine Guinea in meiner Hosentasche, als wir aus der Hütte entwischten. Ich habe sie Köre als Entschädigung für die Mehrkosten, die sie durch uns haben, gegeben. Und ich habe selbst gesehen, wie er für das Schweinchen bezahlt hat.«
    Ani kam zu dem Baumstamm, auf dem sie saßen.
    »Da wir heute eure Hochzeit feiern, machen wir ein kleines Ritual, ja? Nicht Entführung, auch keine Klage, aber etwas zu Ehren eurer Verbindung.«
    Clare sah sie zweifelnd an. »Ich kenne eure Bräuche aber doch nicht.«

    »Das ist nicht schlimm«, sagte Ani nur, »es wird dich keine Mühe kosten. Ich bitte jetzt Milosh, für uns seine Fidel zu spielen. Später, Nikki, spielst du für uns Harfe.«
    Als sie davoneilte, wandte sich Clare verwirrt an Nicholas. »Klage?«
    »Gewöhnlich singt die Braut ein Lied für ihre Mutter, in dem sie die Tatsache bejammert, daß sie an einen Mann verkauft wurde, und sich wünscht, sie wäre tot«, erklärte Nicholas.
    Sie starrte ihn an. »Das trägt aber nicht zur Feierstimmung bei.«
    »Es wird als sehr rührend betrachtet. Das und der Brauch der Entführung zeichnen ein interessantes Bild der Geschichte der Roma.«
    Sie leckte sich die letzten Fettspuren von den Fingern. »Woher kommen sie eigentlich ursprünglich?«
    Er nahm einen Schluck Wein, bevor er antwortete, und trank ganz auf Zigeunerart: den Behälter über der Schulter und die Finger in einer Schlaufe am Hals des Krugs. Es sah umwerfend aus. »Da die Zigeuner nichts aufschreiben, weiß es niemand so ganz genau. Ein Linguist aus Oxford, der ihre Sprache studierte, sagte mir einmal, daß er ihren Ursprung in Asien vermutete. Vielleicht Nordindien.«
    Clare dachte an das, was sie über Indien gelesen hatte, und musterte dann die dunkelhäutigen Leute um sie herum. Ja, die Theorie klang durchaus plausibel. »Aber es gibt doch bestimmt mündliche Überlieferungen der Roma-Geschichte?«

    »Ja, wobei sich allerdings die meisten widersprechen.« Er lachte in sich hinein. »Es gibt ein altes Sprichwort: Stelle zwanzig Zigeunern eine Frage, und du bekommst zwanzig verschiedene Antworten. Andererseits – wenn du einem Zigeuner zwanzigmal dieselbe Frage stellst, hast du immer noch zwanzig verschiedene Antworten.«
    Clare lachte. »Du willst mir also sagen, daß Beständigkeit bei den Roma nicht als Tugend betrachtet wird.«
    »Und alle, von den Jüngsten bis zu den Ältesten, können wunderschön und flüssig lügen, wenn es nötig sein sollte.« Er nahm einen weiteren Schluck aus dem Krug und reichte ihn dann dem nächsten Mann im Kreis weiter. »Sie lügen entweder aus einem Überschuß an
    Einfallsreichtum oder aber aus purem Vergnügen.
    Ein listiger Mann wird hier so bewundert wie ein ehrenhafter unter den Walisern.«
    Am anderen Ende des Lagerplatzes begann Milosh nun auf seiner Fidel zu spielen, ein anderer Mann begleitete ihn auf einem Tamburin. Die Unterhaltung erstarb, und die Leute fingen an, in dem uralten Rhythmus der Musik in die Hände zu klatschen. Lasziv ihre vollen Hüften schwingend, kam Ani nun wieder zu ihnen herüber und zeigte Clare ein scharlachrotes Tuch. »Du und Nikki tanzt zusammen. Ihr haltet das Tuch an beiden

Weitere Kostenlose Bücher