Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
aber sonst war er unverletzt. Er fing ihren Blick auf, fragte stumm, ob alles in Ordnung sei. Sie nickte andeutungsweise. Innerlich war sie zerrissen von der süßen Erleichterung, ihn endlich zu sehen, und der Angst vor dem, was noch kommen sollte.
Laurent lächelte. Jeder Muskel schien angespannt zu sein. »Du hast also das Taschenmesser gefunden … und bist der Spur bis zu Monsieur Farmapple gefolgt.«
»Tut mir leid, Laurent, er hat mich gezwungen, ihm zu verraten, wo du wohnst, ich … «, stammelte er, bis Marcus ihn durch einen leichten Druck seines Messers zum Schweigen brachte.
» Oui , Leslie. Und an jenem Tag habe ich zugelassen, dass du mir folgst. Damit du es ihm erzählen kannst.« Laurent betrachtete Marcus, der sich hinter Leslie verbarg. »Ich habe dich im Irrgarten gesehen. Du hast dich hinter deiner Frau versteckt. Genau wie du dich jetzt auch versteckst.«
»Komm schon, Laurent, wie wäre es mit einem Tausch? Dein Freund gegen meine Freundin«, bot Marcus an und klang ein bisschen amüsiert.
Laurent lachte. »Nur zu, töte ihn. Aber du hast doch bestimmt nichts dagegen, dass ich sie mir für später aufhebe? Zuerst möchte ich sie genießen.«
Marcus verlor jeglichen Humor, bewegte sich Zentimeter um Zentimeter tiefer in den Raum hinein. »Rühr sie an, und du bist tot.«
»Sie anrühren?«, spottete Laurent. »Meinst du ungefähr so?« Er strich mit dem Lauf des Gewehrs über ihre Wange, schob eine Locke fort. »Taube, du hast einen schwachen Stand. Du kannst nichts tun.«
»Darauf würde ich keine Wette abschließen«, ertönte eine harte Stimme hinter dem Vorhang. Laurent wirbelte herum. Byrne stand dort; er war durch das Fenster eingestiegen und zielte jetzt mit der Pistole direkt zwischen Laurents Augen.
Laurent kniff die Augen zusammen. »Taube, du hast einen Freund mitgebracht!«, rief er über die Schulter, »willst du mir nicht verraten, wen ich gleich umbringen werde?«
»Oh, ich stelle mich am besten selbst vor«, erwiderte Byrne und trat weiter in das Zimmer hinein. »Byrne Worth. Genannt Blue Raven.«
Laurent war erschüttert. »Und wer … «
»Er ist ein Niemand«, warf Byrne ein, »nur mein Verbündeter.«
»Brüder«, mischte Leslie sich ein, bevor Marcus ihm das Messer noch ein wenig fester an den Hals drückte.
»Sein Bruder?« Laurent gab sich amüsiert. »Wie passend. Nun, meine Liebe«, er wandte sich an Phillippa, »es sieht so aus, als wärst du nicht länger so nützlich wie noch letzte Nacht. Bedauerlich.«
Phillippa konnte den Finger am Abzugshahn sehen, sah auch den Augenblick kommen, in dem er abdrückte.
Jetzt.
Phillippa warf sich mit all ihrem Gewicht auf die Seite, schaukelte seitwärts und riss auf dem Weg nach unten den Beistelltisch mit um. Just bevor sie auf dem Boden landete, wurde der Pistolenschuss abgefeuert.
Danach geschahen mehrere Dinge gleichzeitig, und zwar in rasender Geschwindigkeit.
Phillippa hatte die Entfernung so gut wie möglich geschätzt. Es war ihr gelungen, ein paar Kerzen vom Tisch zu fegen, von denen eine dicht an ihr Handgelenk gerollt war. Phillippa robbte näher an die Flammen, während sie beobachtete, wie Leslie sich aus Marcus’ Griff befreite und aus einer Vase in der Nähe ein kurzes Messer zog. (Sie hatte doch gewusst, dass es sich um ein gutes Versteck handelte! Allerdings musste Mr. Farmapple auch darauf gekommen sein.) Leslie schwang herum und versuchte einen Angriff auf Marcus, den dieser mit seiner eigenen kurzen Klinge abwehrte.
Hinter ihr warf Laurent die abgefeuerte Pistole fort, stürzte sich wie ein Stier auf Byrne und sorgte dafür, dass dessen Schuss ins Leere ging. Sie kämpften, schlugen mit Fäusten um sich, als Laurent in seinen Stiefelschaft griff und einen Dolch herauszog. Byrne wich zur Seite aus, als Laurent versuchte, ihm den Dolch ins Fleisch zu stoßen, und fand dabei seinen Stock wieder.
Niemand schien bemerkt zu haben, dass eine Kerze zu den schweren Vorhängen gerollt war.
Phillippa hatte sich zwar fast die Hand verbrannt, aber es war ihr gelungen, das Seil um ihr Gelenk so weit zu verbrennen, dass sie sich befreien konnte. Sie arbeitete rasch, befreite auch die andere Hand und entfernte den Knebel.
Inzwischen war es Marcus gelungen, Leslie die Klinge aus der Hand zu schlagen und ihn dabei zu Boden zu werfen. Er schaute nach ihm, bemerkte den Rauch, dann Phillippa.
»Pass auf!«, schrie sie. Marcus drehte sich gerade noch rechtzeitig herum und wehrte Leslies Klinge ab, was
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