Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
legen.«
Ahrens mußte seine Aufmerksamkeit auf die sich zwischen den Bergen dahinwindende Straße konzentrieren. Als der Gegenverkehr nachließ, meinte er: »Vielleicht wollen die Comport-Leute sich durch die Versammlung im ›Mühlenhof‹ versichern, daß niemand aus ihrem Kreis die Hand im Spiel hatte, als ihr Mann vom Leben zum Tode befördert wurde. Wie heißt er noch?«
»Artanow.«
»Na, sehr deutsch klingt das nicht.«
»Warum auch? Comport ist eine Ostblockfirma, allerdings nach deutschem Recht. Der Geschäftsführer hat mir, ohne zu zögern, bestätigt, daß sie für das COMECON arbeiten. Da dürfen solche Namen schon mal auftauchen.«
»Sind wir nun schlauer geworden, Chef?«
»Hm, jedenfalls ist das Opfer identifiziert, und du hast die ganze Versammlung auf dem Film. Wie sagtest du? Da sollte vielleicht deutlich gemacht werden, daß keiner von denen der Killer sein kann. Dann allerdings müßte jemand vorausgesehen haben, daß etwas passiert.«
»Und das könnte nur jemand sein, der das Recht hat, Termine festzulegen und Sitzungen einzuberufen – also ein Führungsoffizier.«
»Puh, Ahrens! Und wir hängen mittendrin. Wer in dem Geschäft zuviel weiß, wird umgelegt. Kein so gutes Gefühl für tapfere Demokraten.«
»Wir sollten mal unsere westlichen Dienste fragen, vor allem die harten Knochen vom CIA, ob Artanow im Wege war.«
»Du meinst, Schuß ins Herz als Schuß vor den Bug?«
»So ähnlich.«
»Damit wären aber unsere früheren Überlegungen bezüglich der Gesellschafteralibis passe. Ich denke, da sollte mal Sörensen vom 19. K. seine Fühler ausstrecken.«
Am Ortseingang von Altenahr angekommen, konnte Ahrens nur noch Schrittempo fahren. »Hier ist immer Saison!« stellte er fest.
Die Touristen legten den Verkehr nahezu lahm. Sie hatten die Fahrbahn zur Promenade gemacht. Holländer und Belgier beherrschten das Bild der gewundenen Straßen und Gassen – mit Strohhut und Gesang, versteht sich. Auch aus deutschen Kehlen erklangen Lieder.
»Die Ruine der Burg Are, hoch auf dem Fels«, dozierte Freiberg, »erinnert daran, daß der Krieg der Vater seltsamer Dinge ist. Des Sonnenkönigs Grenadiere hatten die Feste 1702 erobert. Die Kriegsbesatzung streunte alsbald im Ahrtal herum und wurde als ein Verein von Wegelagerern gefürchtet und gehaßt. Ein Dutzend Jahre später hatte der Lehnsherr Kurfürst Josef Clemens von Köln das Spiel satt, ließ Kämpfer anrücken und zerstörte mit Hilfe der Bevölkerung das böse Räubernest«.
»Und so ist Altenahr zu einem malerischen Wahrzeichen und zu einem schönen Aussichtspunkt gekommen – Amen«, schloß Ahrens. »Der Schulmeister läßt wieder einmal grüßen!«
Freiberg lachte. »Ja, du hast recht. Aber jetzt«, entschied er: »Keine Experimente, links raus auf den bewachten Parkplatz. Im Ortskern kannst du nicht mal einen Kinderwagen abstellen.«
Ganz weit unten an der Schleife des Flusses waren noch zwei Stellplätze frei. »Holland in Not«, frotzelte Ahrens beim Betrachten der dominierenden NL-Schilder.
Gemeinsam drängelten sich die beiden Bonner durch die bummelnden Touristen Richtung Hotel »Zum schwarzen Kreuz«. Das Haus schien uralt zu sein, war aber für Freibergs Geschmack zu farbenprächtig restauriert. Oben am Giebel die Sonnenuhr, darunter rechts und links der Fenster einfache Schlagläden mit großen bunten Holzfiguren und Jahreszahlen, die bis ins Mittelalter zurückreichten.
Drinnen war es dämmerig, voll und gemütlich. Der Ober brachte es fertig, ihnen zwei Plätze zuzuweisen. Ahrens schob vorsichtig ein paar leere Teller zur Seite und blätterte durch die Speisekarte. »Nicht ganz billig«, stellte er fest.
»Nun schlag schon zu, nur Lumpen sind bescheiden«, ermunterte ihn der Kommissar.
Ahrens bestellte Geschnetzeltes und dazu eine Flasche Wasser. Er mußte ja wieder ans Steuer. Freiberg nahm nur einen Ahrburgunder. Nach dem ersten Prosit sagte er: »Ruf doch mal bei unserer Kuhnert an. Ich bin gespannt, ob die herausgefunden haben, was es mit dem Hautöl des Toten auf sich hat.«
»Soll die Mannschaft im Präsidium auf uns warten?«
»Nein, wir treffen uns morgen früh halb acht, aber pünktlich. Wir müssen die Sache durchkakeln. Und um zehn fahre ich mit Lupus zu Comport hinaus. Ich will in dieser Nacht endlich mit der Pinselei in meiner neuen Wohnung fertig werden.«
»Kann ich helfen?« fragte Ahrens spontan.
»Ganz bestimmt! Du mußt nur mit deiner Kuhnert ausmachen, wann und wo ihr euch treffen
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