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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Legationsrat Erster Klasse verabredet, der seit langem von seiner magersüchtigen Frau getrennt lebte. Die Baronin würde aus Gründen der Diskretion die letzten Meter bis zur Villa zu Fuß gehen.
     
     
    Den Cassius-Galeristen drückte ein Termin in Schweinheim bei der Gattin eines Botschaftsangehörigen, die wirklich nur die Werte der Kunst im Sinn hatte und sich einige Stücke in Öl ansehen wollte. Ihr Mann, der Herr Botschaftsrat, war nach Südamerika in die Zentrale zurückgerufen worden, um Karriere zu machen. So konnten die mit einigen Kokaingeschäften erworbenen harten D-Mark in Form von Gemälden als Umzugsgut wertbeständig in die Heimat transferiert werden.
    Der Galerist zog Tuffi galant mit einer Halbumarmung an sich. »Leider – leider muß ich zu einem unaufschiebbaren Geschäftsabschluß zum Millionenhügel nach Schweinheim raus. Ich bin sicher, wir werden uns schon sehr bald wiedersehen. Zwanzig Prozent der Geschäftseinlage haben Sie ja schon eingenommen – und mich zu hundert Prozent. Überlegen Sie es bald. Sie können mich jederzeit anrufen, immer. Hier bitte meine Karte, und denken Sie dran, wirklich zu jeder Zeit.«
    Tuffi dankte mit einem Wangenkuß.
    »Los, Ihre Frau ist beschäftigt. Sie haben sich jetzt um zwei Damen zu kümmern«, knuffte Margot Stettner den nervös hin und her hastenden Hausherrn in die Seite. »Das Baby hat Hunger, ich habe Durst und der Herr Künstlergatte hat’s nötig! Gehen wir endlich zum gemütlichen Teil über!«
    Andreas Falkenhorst konnte dem geballten Charme nicht widerstehen und fühlte sich nach einigen Whiskys zwischen der vertrauten Margot und dem üppigen Baby auf dem »Loriot«-Sofa in der entferntesten Ecke des Ateliers sehr viel wohler.
    Dr. Benkiser schlürfte seinen dritten oder vierten Drink und stand vor der unvollendeten Drachenschlucht. Er brannte darauf, mit Tuffi über den Sinngehalt der Kunst in dieser sinnentleerten Welt zu plaudern.
    Um das Kuvert der Baronin nicht im zunehmenden Trubel der Vernissage verlorengehen zu lassen, eilte Tuffi hinüber in das Arbeitszimmer. Der Safe hinter der Chagall-Lithographie wurde nur selten benutzt, denn außer den von Andreas verwalteten Familienpapieren war dort nichts von Belang deponiert. Ihren Schmuck verwahrte sie im Schlafzimmer.
    Der Safe war nur durch ein Zahlenschloß gesichert. Tuffi hatte die Zahlenkombination im Kopf, und die Stahltür war in Sekunden offen. Eine große Plastiktasche füllte das untere Fach. Tuffi zog sie ein wenig hervor, schaute hinein und fuhr erschreckt zurück: Geld! Geld, eine Unsumme Geld, offensichtlich nur Tausend- und Fünfhundertmarkscheine.
    »Das kann doch nicht wahr sein«, sagte sie laut und griff in die Wundertüte. Ihre Hand hielt ein Bündel brauner Fünfhunderter. Auf der Banderole waren einhundert Scheine als Inhalt angegeben.
    Tuffi hatte nur einen Gedanken und flüsterte: »Fünfzigtausend, das ist mehr als die Einlage.« Damit nahm sie das Bündel an sich und schob das übrige Geld in den hinteren Teil des Fachs zurück. Dann hob sie den Rock und steckte das Geldbündel in ihren Strumpf. »Wie gut, daß Strapse wieder der Verführung dienen.« Sie brauchte nicht höher zu greifen, um zu fühlen, daß Geld sinnlich macht. Das Kuvert behielt sie in der Hand. Da der Abend mit Dr. Benkiser noch vielversprechend werden konnte, wollte sie diese Art der Versuchung lieber nicht auf ihn einwirken lassen. Sie ging hinüber in ihr Schlafzimmer und schob den Briefumschlag der Baronin und die ihr so unverhofft zugefallene »Einlage« kurzerhand unter den Spannbezug der Matratze. Dann ging sie leichten Schrittes zurück zu ihren Gästen. Ihre Abwesenheit war weder Andreas noch den anderen aufgefallen.
    Auf dem »Loriot«-Sofa hatten sich die Dinge so weit entwickelt, daß Andreas sich der Qual der Wahl nur durch ein sowohl-als-auch entziehen konnte.
    Dr. Benkiser strahlte, als Tuffi zu ihm trat. Seine Worte des Bemühens, dem unvollendeten Bild auf der Staffelei einen Sinn zu geben, schnitt sie liebenswürdig ab. Sie hakte sich bei ihm ein und ging hinüber zu den leiblichen Genüssen. »Jetzt bitte einen strammen Gin Orange.«
    Dr. Benkiser mixte den Drink eins zu drei in einem hohen Glas und stieß mit Tuffi an. »Salut. – Sie sind faszinierend!«
    »Danke«, sagte sie. »Sie machen es mir leicht, glücklich zu sein.«
    »So schön es für Sie ist, so viele Gäste zu haben, ich würde mich viel lieber mit Ihnen allein unterhalten«, schmeichelte Dr. Benkiser.

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