Ein Stern fiel vom Himmel
Vereinigten Staaten über solch neue Kolonialpolitik Deutschlands denkt.
»Die Nachricht kommt mir vollkommen überraschend«, erwiderte er, wie aus tiefem Nachdenken erwachend. »Man müßte Genaueres wissen, bevor man darüber urteilen kann. Meines Wissens gehört das Marie-Byrd-Land den Vereinigten Staaten, seitdem Admiral Byrd dort im Jahre 1929 das Sternenbanner hißte. Die Union würde es bestimmt nicht dulden, daß sich jemand auf diesem Gebiet festsetzt.«
Kapitän Lemaître machte eine leichte Verbeugung zu den Amerikanern hin.
»Vorzüglich! Ganz vorzüglich, Monsieur Garrison, daß Ihr schönes Vaterland sich seine Rechte nicht schmälern lassen wird.« »Ich hoffe, Herr Kapitän, daß auch das Ihrige seinen Besitz nicht antasten lassen wird.«
Lemaître sah ihn fragend an. »Ich verstehe Sie nicht, Monsieur Garrison. Frankreich hat in der Antarktis keine Interessen.«
Garrison schüttelte den Kopf. »Sie irren sich, Kapitän Lemaître. Formell wenigstens gehört Adélie-Land unter dem 70. Breitengrad seit langer Zeit zu Frankreich.«
Die Reihe, den Kopf zu schütteln, war jetzt an Kapitän Lemaître.
»Adélie-Land … eine französische Kolonie … Ich habe in meinem Leben nicht davon gehört.«
»Das mag wohl sein, Herr Lemaître. Die Geschichte ist so alt, daß sie inzwischen vielleicht schon wieder vergessen wurde. Wenn ich mich recht erinnere, hat d’Urville das Land im Jahre 1840 entdeckt und im Namen Frankreichs in Besitz genommen.«
»Ah, das wäre ja interessant«, rief Kapitän Lemaître und pfiff durch die Zähne. »Wenn uns die Deutschen dort ins Gehege kämen …«
Garrison machte eine abweisende Handbewegung.
»Es hätte wenig Sinn, sich um diese Gebiete zu streiten. Es sind froststarrende Eiswüsten, die höchstens die Wissenschaftler interessieren können. Für einen anderen Menschen ist dort absolut nichts zu holen. Das gilt für Ihr Adélie-Land ebenso wie für unser Marie-Byrd-Land.«
»Warum aber, zum Teufel, setzen sich jetzt plötzlich die Deutschen dort fest?« fiel ihm Lemaître ins Wort. »Irgendeinen Zweck müssen sie doch damit verfolgen.«
Über diesen Zweck hätte Garrison nun dem Kapitän Lemaître mancherlei sagen können, aber es zog es vor, die Schultern zu zucken und zu schweigen. Mit Ungeduld sehnte er das Ende der Mahlzeit herbei, um sich unter vier Augen mit Bolton über die neue Situation auszusprechen.
Kaum waren die Amerikaner in ihrer Kabine allein, als Garrison mit dem eben Gehörten herausplatzte. Auf Bolton wirkte die Nachricht wie ein Keulenschlag. Stumm hockte er auf seiner Koje, unfähig, etwas zu sagen.
Plötzlich sprang er mit einem rauhen Schrei auf. Flüche, wilde Verwünschungen kamen aus seinem Munde, Haß und Wut verzerrten sein Gesicht.
»Ich werde funken, Garrison! Sofort an unsern Präsidenten funken …«
»An den Präsidenten? Was wollen Sie ihm …«, wagte Garrison einzuwerfen.
»… dagegen protestieren«, brüllte Bolton, »daß zwei Bürger der amerikanischen Union von Ausländern um ihre Entdeckung bestohlen werden.« —
Vergebens wandte Garrison während der nächsten Stunde seine ganze Beredsamkeit auf, um Bolton von diesem Entschluß abzubringen.
Während Bolton sich an den Tisch setzte und zu schreiben begann, verließ er die Kabine. Mit heißem Kopf ging er draußen auf dem Verdeck auf und ab und ließ sich den Wind ums Gesicht wehen. Unablässig überlegte er, was der törichte Funkspruch Boltons für Folgen haben könnte, ja wahrscheinlich haben müßte. Der Funker der Fréjus beherrschte, wie Garrison bereits herausgefunden hatte, das Englische nur sehr mangelhaft. Es bestand wenigstens die Möglichkeit, daß der den vollen Sinn von Boltons Depesche nicht erfaßte, während er sie in die Welt morste.
Aber von hundert andern Stellen, die des Englischen mächtig waren, würde sie wahrscheinlich mitgehört werden, und dann war es mit der Hoffnung auf Erz und Reichtum ein für allemal vorbei.
Der Glockenschlag der Schiffsuhr riß ihn aus seinen Gedanken.
Garrison beschloß zu handeln. Er eilte die eiserne Leiter zur drahtlosen Station hinauf. Monsieur Longin, der Funker der Fréjus , war anwesend, und Garrison hatte eine hastige Unterredung mit ihm, wobei eine Zwanzigdollarnote aus Garrisons Hand in diejenige von Monsieur Longin hinüberwechselte. Dann hatte der Funker die Wünsche Garrisons verstanden. Der andere amerikanische Herr durch den vorherigen Funkspruch maßlos erregt … nervös überreizt, im
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