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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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absperrte. Die Wand war etwa vier Meter breit und drei Meter hoch und hatte angenähert Trapezform.
    Dann suchten sie Zentimeter für Zentimeter die Wand ab, aber keine Spalte, nicht einmal ein Ritz war zu entdecken.
    „Wir kehren zum Raumschiff zurück!“ befahl Wladimir. Er erntete mehr oder weniger erregten Protest, aber er blieb hart.
    Erst als sie den Rückmarsch angetreten und den Talkessel bereits verlassen hatten, unterbreitete der Kommandant den anderen seine Gedanken.
    „Gleich, ob diese Überlegungen zutreffen oder nicht – auf jeden Fall sollten sie uns vor voreiligen Handlungen zurückhalten. Also, die Wand hat offenbar keinen Eingang. Um in die Höhle zu gelangen, muß man sie folglich zerstören. Das bedeutet, daß sie zu einmaliger Benutzung bestimmt ist, etwa so, wie die Folie bei vakuumverpackten Lebensmitteln. Verzeihen Sie diesen banalen Vergleich, aber er birgt noch mehr in sich. Er legt nämlich den Schluß nahe, daß diese Höhle mit der Wand davor der geschützten Aufbewahrung irgendwelcher Dinge dient. Warum aber ein solch aufwendiger Schutz? Höchstens ein sehr flach fliegender Meteorit könnte in die Höhle fallen, und dieser Zufall ist so unwahrscheinlich, daß er den Aufwand nicht rechtfertigt. Wenn nicht –“ er machte eine Pause –, „wenn nicht die dort gelagerten Dinge selbst gefährlich sind, wenn es sich nicht, sagen wir, um ein kosmonautisches Treibstoffdepot irgendeiner fernen Zivilisation handelt. Ich weiß, daß das sehr kühne Spekulationen sind, aber begreifen Sie nun meine Vorsicht?“
    Da die anderen stumm blieben, fügte er hinzu: „Wenn übrigens diese Überlegungen nur ungefähr stimmen, dann müßten wir an anderen Punkten auch ungesicherte Depots vorfinden!“
    Das bestätigte sich am nächsten Tag, als sie an einem anderen Punkt des Planetoiden, der auf dem Höhlenglobus mit einem roten Kristall gekennzeichnet gewesen war, eine Felsenhöhle fanden, wo der Zugang nicht versperrt war. Hier lagerten Behälter der verschiedensten Art und Größe, und in einer dritten Höhle entdeckten sie Gerätschaften, deren Sinn nicht zu enträtseln war, wenn auch gewisse regalartige Anordnungen an den Wänden den Schluß nahelegten, daß es sich um so etwas wie ein Archiv und informationsverarbeitende Maschinen handeln müsse.
    Diese Entdeckungen gingen natürlich wie ein Lauffeuer durch das ganze Vorkommando. Sie wurden im Rat besprochen, und dann brach der Kommandant im Einvernehmen mit den Ratsmitgliedern, aber sehr zur Enttäuschung der WEGA-Besatzung, die Untersuchung des Planetoiden V ab.
    „Verstehst du das?“ fragte Ljuba Miguel, als sie anderntags gemeinsam die Pflichtgymnastik getrieben und gegessen hatten.
    „Was? Diese Entdeckungen? Nein, das ist wohl vorläufig nicht zu verstehen, wenigstens so lange nicht, bis wir bedeutend mehr darüber wissen.“
    „Das meine ich ja“, ereiferte sich Ljuba, „ich meine, daß wir jetzt aufhören, jetzt, wo wir gerade erst die Nase hineingesteckt haben!“
    „Das finde ich schon ganz richtig“, sagte er langsam. „Mal abgesehen davon, daß es gar nicht unsere Aufgabe ist, das alles zu klären – ich meine“, er lächelte, „es wäre natürlich schön, wenn uns das gelänge, aber – ich hab so ein dummes Gefühl, als ob bald mal was passieren müßte…“
    „Unsinn!“ unterbrach sie ihn. „Das ist auch so eine kosmische Spinnerei. Immer, wenn eine Weile lang alles glatt geht, fängt man an sich darüber zu wundern. Das ist so ein Rest vom Aberglauben früherer Zeiten, ich kenne das auch, und dann denkt man, wenn es jetzt kommt, dann kommt es ganz dick, und dabei ist das alles Unsinn.“
    Miguel sah sie spöttisch an. „Nein, es ist kein Aberglauben, sondern mehr eine mathematische Spekulation. Gedanken, die ich mal während der ersten Expedition mit den Gembas diskutiert habe. Wir wirken auf ein Stück Natur ein, das uns vollkommen fremd ist. Da muß unter den Ergebnissen unserer Einwirkung notwendig eine bestimmte Menge unvorhergesehener Folgen sein. Wie diese unvorhergesehenen Erscheinungen sich statistisch über die ganze Zeit unserer Einwirkung verteilen, ist Zufall. Nur – wenn lange nichts geschieht, kann man vermuten, daß plötzlich sehr viel geschehen wird. Freilich muß das nicht jetzt sein. Wir sind ja auch noch nicht lange hier.“
    „Und daß wir alles richtig voraussehen, hältst du nicht für möglich?“ fragte Ljuba mit einem Anflug von Ironie.
    „Nein“, erwiderte Miguel völlig ernst,

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