Ein Stern fliegt vorbei
die diese große Aufgabe hervorbrachte, und die Kapazität, die bei einer so hohen Konzentration menschlicher Geisteskraft auf ein Ziel entstand, führten ja an die Schwelle einer neuen technisch-wissenschaftlichen Revolution – die ersten Maschinen dritten Grades wurden praktisch eingesetzt.
In diesem Prozeß, der zu gewaltig war, als daß man ihn im Ganzen beschreiben könnte, von dem man selbst auf einem kleineren Teilgebiet erst nach Benutzung der einschlägigen Elektronenarchive sagen kann, wieviel wesentlich Neues und Umwälzendes er gebracht hat – in diesem Prozeß waren auch ganz neuartige Typen von Raumfahrzeugen entstanden. Bauart, Ausrüstung und Gestalt dieser Schiffe wich gänzlich von allem Gewohnten ab, und das war eine Folge des neuen Antriebsprinzips, das auf einen von den vielen Vorschlägen zurückging, die seinerzeit bei Veröffentlichung des Expeditionsergebnisses gemacht wurden. Seine Verwirklichung wurde zu dem Zeitpunkt möglich, als es gelang, Laser mit so starkem Lichtstrahl herzustellen, daß bei einem Querschnitt von 1 mm 2 eine Schubkraft von einem Pond erzeugt wurde.
Eine scheibenförmige Anordnung solcher Laser mit einem Radius von 100 Meter konnte, selbst wenn man mit dem ständigen Ausfall von einem Sechstel des Kreises wegen Überholungsarbeiten rechnete, eine Schubkraft von 2,5*10 7 kp erzeugen, konnte also einem 2500-t-Raumschiff die Beschleunigung g = 9,81 ms -2 erteilen. Der große Vorteil dieses Antriebs aber bestand darin, daß er wegen der Lichtgeschwindigkeit der austretenden Teilchen und dem damit verbundenen Sinken des Brennstoffbedarfs über die ganze Entfernung bis zum Feld tätig bleiben konnte, was erstens die Reisezeit auf dreieinhalb Monate herabsetzte und zweitens auch den Ring überflüssig machte, da ja die Schwerkraft über die ganze Reise hinweg durch den Antrieb ersetzt wurde und die überwiegende Zahl dieser Raumschiffe für den ständigen Transportverkehr Erde – Flotte eingesetzt werden würde.
Noch größere Vorteile bot diese Antriebsart für die Arbeitsschiffe und ihre Operativraketen, die sich im Feld unter geringfügigen Gravitationskräften und mit niedrigen Geschwindigkeiten zu bewegen hatten. Bereits eine Scheibe von zwei Meter Durchmesser konnte einem Körper von 3 Tonnen eine Beschleunigung von 1 ms -2 erteilen, also ein Zehntel der Erdbeschleunigung.
Wohnung, Kommando, Forschung, Versorgung und andere Gebiete der Flotte wurden, einmal an Ort und Stelle, in Ringkörpern untergebracht, die erst beim Feld zusammengesetzt wurden. Im Vergleich zu den früheren ringförmigen Raumschiffen waren diese Stationen wesentlich leichter konstruiert. Sie bewegten sich ja auf einer Bahn parallel zum Feld und brauchten, einmal in Drehung versetzt, keinen Antrieb mehr. Die Antriebsaggregate, die Steuerung und der damit zusammenhängende konstruktive Aufwand fielen weg. Und für den seltenen Fall, daß einmal eine Bahnkorrektur oder ein Ausweichmanöver nötig sein sollten, konnte ein Raumschiff sie „auf die Nase“ nehmen und ihnen die nötige Beschleunigung verleihen.
Die neuen Raumschiffe, die auf Erdumlaufbahnen montiert worden waren, sahen einem runden Brot ähnlich, oder genauer: einem flachen Kugelabschnitt. Die eine Seite, der Antrieb, war eine kreisförmige glatte Fläche, in zwölf Sektoren aufgeteilt, von denen je zwei gegenüberliegende gleichzeitig überholt werden konnten, ohne daß der Antrieb unterbrochen werden mußte; die andere Seite, die alle notwendigen Räume und Einrichtungen enthielt, wölbte sich sphärisch nach vorn.
Ähnliche Neuerungen gab es auf allen Gebieten.
Auch Loto Gemba, immer noch lebendig und geistig beweglich wie ein Junger, war aus seinem mecklenburgischen Winkel geholt und dazu herangezogen worden, das komplizierte Orientierungs- und Informationskanalsystem der Flotte auszuarbeiten.
Duncan Holiday, Me I-ren und ihr Stab gehörten ebenfalls zur Flotte. Sie waren in den letzten Jahren wieder etwas vorangekommen, wenn auch die entscheidenden Erfolge noch ausgeblieben waren. So unbefriedigend ihre persönlichen Beziehungen auch waren – daran hatte sich seit jener Aussprache zwischen I-ren und Nadja nichts geändert –, und sowenig Duncan auch verstand, was in I-ren vorgegangen war, die gemeinsame Arbeit blieb ein festes Bindeglied zwischen ihnen.
Nadja hatte sich an ihr Versprechen gehalten und Begegnungen mit Duncan nach Möglichkeit vermieden oder sie, wenn sie unvermeidlich waren, sehr reserviert gestaltet.
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