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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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vollständig aus, uns Tag und Nacht zu beschäftigen. Da bleibt kein Platz für anderes.“
     
    Duncan sah sie an, fast ein wenig ironisch. „Und wie genau du weißt, daß das nicht stimmt“, sagte er.
    Nadja war in einer seltsamen Stimmung. Als erstes, nachdem sie sich von der Überraschung erholt hatte – sie verstand Lutz’ Sorge recht gut –, hatte sie sich verboten, ein Nachgeben überhaupt in Erwägung zu ziehen. In Wahrheit fühlte sie sich so unsicher, so schwach, daß sie dieses Selbstgebot brauchte, um sich daran festzuhalten. Und doch wäre sie einen Augenblick lang fast weich geworden. Aber Duncans logische Selbstsicherheit, mit der er ihre Verteidigung durchbrach, ärgerte sie, und das gab ihr ihre Festigkeit wieder. Nein, dachte sie, nur eins ist möglich, nur eins gibt Sicherheit: den Status quo erhalten. Und Sicherheit ist jetzt das wichtigste. Mit diesem Entschluß – mochte er richtig, mochte er falsch sein – kehrte ihr Wille wieder.
    „Gut, es stimmt nicht“, sagte sie. „Und was weiter? Glaubst du, mit einem Wort kannst du alles ungeschehen machen?“
    „Nein, natürlich nicht“, sagte er aufrichtig. „Aber ich möchte, daß wir – nun, daß wir wieder zusammenfinden. Das ist mein Programm.“
    Er sagte das in einem Ton, der es ihr überließ, ob sie darauf antworten wollte oder nicht. Sein Gesicht drückte aus: Ich fordere keine Antwort, nicht jetzt. Für heute genügt mir völlig, daß ich dir das erklären konnte.
    Diese Einstellung entwaffnete Nadja. Sie wußte, daß sie ungerecht war, aber sie sagte: „Du bist weggegangen, weil dein Plan scheiterte. Warum kommst du jetzt wieder? Ist er nun erfüllt?“
    Duncan zuckte zusammen, als habe er einen Schlag erhalten. Er nickte langsam. „Ich habe es vielleicht nicht anders verdient.“ Er lächelte plötzlich und sagte in einem Anflug von Selbstironie: „Es paßt auch besser zu mir. In einem Leben, das aus unerfüllten Wünschen besteht, wäre ein erfüllter Wunsch sicherlich ein Stilbruch.“
    Nadja fühlte, daß Zorn in ihr aufstieg. Nun war es ihr bewußt geworden, daß sie sich uneingestanden die ganze Zeit gewünscht hatte, dieses eine Mal besiegt zu werden. Sie triumphierte, aber es war ein grimmiger Triumph. „Du hast immer nur Wünsche gehabt“, sagte sie, „und nie einen Willen. Ein Genie bist du, aber ein Genie ohne Willen. Gibt es überhaupt irgend etwas, das du richtig willst?“ Sie erhob sich mit einem Ruck. „Am besten, wir hören jetzt auf, Konversation zu machen.“
    Duncan lächelte jetzt. Ihr Zorn hatte ihm verraten, was sie verbergen wollte. Aber er wurde gleich wieder ernst.
    „Ich nehme dich beim Wort“, sagte er, „ich komme wieder, wenn ich mein Ziel erreicht habe.“
     
    „Was hast du bloß angestellt“, sagte Yvonne zornig zu Lutz. „Das Gesicht, das Nadja heute gemacht hat, war ja zum Gruseln.“
    „Ich weiß auch nicht“, gestand Lutz kleinlaut, „es sieht wirklich ganz danach aus, als ob es schiefgegangen wäre.“
    „Es sieht so aus, es sieht so aus“, trumpfte Yvonne auf. „Es sieht so aus, als ob du von manchen Dingen lieber die Finger lassen solltest, weil du nichts davon verstehst.“
    „Stimmt“, gab Lutz zu. „Ich muß da was nachholen. Von unglücklichen Ehen verstehe ich wirklich nichts.“
    „Warte, du Hinterlist!“ rief Yvonne und stieß ihn in die Seite. Er wollte sich zum Spaß wehren, aber da setzte Yvonne wieder ein ernstes Gesicht auf. „Wir raufen uns hier, und die beiden können sich nicht zusammenraufen. Und I-ren… Was die wohl für eine Rolle dabei spielt?“
    „Es sind erwachsene Menschen“, schloß Lutz das Thema ab. „Mehr als sie anstoßen, kann niemand tun. Und vielleicht – manchmal genügt es schon, wenn man wenigstens in Gang kommt. Jedes Gefühl kann produktiv werden.“
    Und es sah so aus, als ob er nicht ganz unrecht hätte. Eine Woche später meldete die Arbeitsgruppe Hyperfusion einen kleinen, aber bedeutenden Fortschritt.
    Nicht so gut sah es bei den Geologen aus. Zwei von den Planetoiden hatten eine Struktur, die das Vorhaben – Sprengung durch Rotation – sehr erschwerte. In hundert Kilometer Tiefe hatten sie einen so starken Anstieg der Dichte, daß für die darunterliegenden Schichten eine bedeutend höhere Winkelgeschwindigkeit notwendig wäre, wenn die Rotation den Planetoiden zerstören sollte. Das mußte aber zur Folge haben, daß die darüberliegenden Schichten – und mit ihnen wahrscheinlich die die Drehung beschleunigenden

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