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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Strapazen des Weltraums zu alt sein. Dann aber würden leitende Kader aus dem Kreis der heute Zwanzig- bis Dreißigjährigen gebraucht, die die Aktion von Anfang an mitgemacht und sich dabei sowohl die Sachkenntnis als auch die Fähigkeiten der Führung großer Vorhaben erworben hätten. Nach einhelliger Meinung boten Yvonne und Lutz dafür gute Voraussetzungen.
    Der andere Grund lag – heute ist das alles ja längst bekannt – in den Bedenken des Weltrats, den ganzen Sachverhalt zu veröffentlichen, bevor das Planetoidensystem untersucht worden war, bevor man also genau sagen konnte, wie groß die Gefahr nun wirklich sein würde und mit welchen Mitteln man ihrer Herr werden könnte. Die Gesellschaftswissenschaftler im Weltrat, vor allem der Sozialpsychologe, hatten nämlich befürchtet, daß die in ihren Umrissen sosehr verschwommene Gefahr eine gewisse psychische Labilität hervorrufen könnte. Er befürchtete eine Welle von psychisch-depressiven Erkrankungen, wenn man die Gefahr bekanntgab, ohne gleichzeitig die Mittel zur Abhilfe nennen zu können. Schließlich hatten die Verantwortlichen an sich selbst erlebt, wie die erste Entschlüsselung der Botschaft gewirkt hatte und wie erst bei genauerer Untersuchung die Gefahr faßlich und damit auch kleiner und bekämpfbar geworden war. Deshalb beschloß der Weltrat entgegen allem Herkommen, die Tatsache der Bedrohung vorläufig geheimzuhalten, und es war nötig gewesen, den Kreis der vollständig Informierten möglichst klein zu halten.
    Dieser Grund war für Lutz Gemba eine Quelle ständigen Unbehagens. Denn wenn auch die Versorgung der Presse mit Nachrichten nur den geringsten Teil seiner Aufgaben ausmachte, so hatte er doch jedesmal Hemmungen bei Gesprächen mit ehemaligen Berufskollegen. Meist ging er solchen Unterhaltungen aus dem Weg oder ließ sie von anderen erledigen, aber nun, da der Gebäudekomplex der UKKA an den Hängen des Kilimandscharo fertiggestellt worden war und die Mitarbeiter ihrer verschiedenen Abteilungen, die bisher über den ganzen Erdball verstreut waren, hier ihren neuen Arbeitsplatz bezogen – nun ließ sich eine größere Pressekonferenz nicht mehr vermeiden.
    Lutz wußte wahrhaftig nicht genau zu sagen, an wie vielen solcher Konferenzen er schon teilgenommen hatte – aber immer auf der anderen Seite, auf der Seite der Fragesteller; und es hatte ihm zuweilen prickelnde Freude bereitet, allzu verschwiegenen Pressereferenten zu entlocken, was sie eigentlich nicht unbedingt sagen wollten. Und bei aller Einsicht in die Notwendigkeit des Verschweigens, das er nun würde üben müssen – irgendwie fühlte Lutz sich im Unrecht.
    Er blickte aus dem Fenster auf die Bungalow-Stadt hinunter, die den ursprünglichen Parkcharakter der Landschaft nicht störte, sondern eher hervorhob. Die Aufnahmegruppen von Weltvision mit ihren Kameras, die noch vor einer halben Stunde die Landschaft, die Bungalows und die Arbeitsgebäude gefilmt hatten, als gäbe es dergleichen sonst nirgends auf der Welt, waren jetzt verschwunden. Natürlich – sie hatten ihre Objektive schon auf die Tür gerichtet, durch die er gleich den Konferenzsaal betreten mußte.
    Er holte tief Atem und schritt dann auf die Tür zu, öffnete sie, trat in den Saal, in dem das Summen der vielen Stimmen mit einem Schlag verstummte, und hob zum Gruß die Hand.
    „Meine Freunde!“ begann er, und der weitere Text floß ihm eigentlich leichter aus dem Munde, als er gedacht hatte. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Er hatte den Text über weite Strecken auswendig gelernt. Denn wie bei vielen Schreibenden hatte sich sein Gehirn daran gewöhnt, im Rhythmus des Schreibens zu formulieren, so daß er bei den wenigen früheren Gelegenheiten zu öffentlicher Rede meist hoffnungslos ins Stocken geraten war.
    Er erläuterte also, welche Gründe zur Einrichtung der UKKA geführt hatten, welche Aufgaben sie sich gestellt hatte, und ließ dabei nur die Bewegungsrichtung des Planetoidensystems und die Gefahr unerwähnt.
    Bei alledem hatte er Zeit, sich unter den Anwesenden umzusehen. Sieh da, dort war ja auch Pepi, sein Nachfolger. Und natürlich steckte er mit diesem alten Schweizer zusammen, diesem mit allen Hunden gehetzten… Lutz unterdrückte, während er weitersprach, ein Lächeln. So denkt man also, wenn man auf dieser Seite sitzt, dachte er flüchtig, und dann: Aus dieser Ecke wird wohl der schärfste Wind wehen, die beiden muß ich im Auge behalten. Und ganz plötzlich spürte er, daß seine

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