Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
man nur mit Vermutungen antworten“, entgegnete Lutz. „Ich habe Ihnen alles mitgeteilt, was wir in bezug auf die Botschaft und ihren Inhalt zuverlässig wissen. Wenn Sie über spezielle Informationen von Seiten unserer kosmischen Nachbarn verfügen, dann packen Sie aus. Andernfalls darf ich wohl bitten, daß wir zu sachlichen Fragen zurückkehren!“
    Der nächste erhob sich.
    „Was Ihre Kommission vorhat, beschleunigt doch die Entwicklung der Astronautik erheblich. Jeder wird das begrüßen, aber – birgt das nicht gewisse Gefahren in sich? Werden da nicht notwendige technische Entwicklungsetappen übersprungen? Und geht das nicht vielleicht auch ein wenig auf Kosten anderer wichtiger Vorhaben?“
     



„Was den Aufwand betrifft, kann ich Sie beruhigen“, begann Lutz. „Er wird aus der Weltreserve gedeckt. Problematischer ist schon der andere Teil Ihrer Frage. Ja – es stimmt: Die Expedition ist ein Unternehmen von solcher Größenordnung, daß wir ohne die Botschaft sicherlich nicht einmal im Traum daran denken würden. Und natürlich ist die Frage berechtigt, wie das alles in, sagen wir, zehn bis zwanzig Monaten geschafft werden soll, ohne daß aus Hast und Übereilung später katastrophale Folgen entstehen. Die Antwort: Mit Hilfe strenger Systematik, härtester Belastungsproben für Menschen und Material – und durch Berücksichtigung aller Erfahrungen, die auf den in Frage kommenden Gebieten gesammelt wurden. Für das letztere ein Beispiel.“
    Er nahm einen Schluck Wasser und fuhr fort: „Nehmen wir ein Problem, das nicht einmal so sehr technischer als vielmehr ökonomischer Natur zu sein scheint: den Transport riesiger Materialmengen von der Erde zur STARTSTUFE I, einem Erdsatelliten, der in einer Entfernung von etwa 200 km die Erde umkreist. Sie wissen ja, daß wir innerhalb der Atmosphäre nur Raketen mit chemischem Antrieb benutzen können. Vielleicht sagt Ihnen der Umstand etwas, daß wir für den Bau der Startstufen und für die Ausrüstung der Expedition ungefähr zwanzigmal soviel Treibstoff pro Tag brauchen wie bisher für alle kosmischen Vorhaben zusammen. Und auch schon bisher war – wirtschaftlich gesehen – der Verbrauch an chemischem Treibstoff die größte Belastung des Raumfluges.
    Nachdem unserem Vorhaben vom Weltrat die Dringlichkeitsstufe eins zuerkannt worden war, die, wie Sie wissen, alle wissenschaftlichen Institutionen verpflichtet, uns zu beraten, meldete sich unter vielen anderen auch eine Arbeitsgruppe vom Institut für Oberflächenphysik. Sie hatten dort eine wirbelfreie Oberfläche entwickelt und fragten an, ob uns das bei unseren Raketen nützen könne. Unsere Experten nahmen sich der Sache an und gruben dazu eine uralte Idee aus. Es ist ja überhaupt merkwürdig in der Technik, daß Formen und Lösungen, die lange Zeit veraltet waren, plötzlich unter einem neuen Blickwinkel wieder aktuell werden.
    In diesem Falle handelte es sich um sogenannte Raumgleiter, Flugzeuge mit Raketenantrieb, die sehr große Höhen erreichten und dann im Gleitflug niedergingen. Sie mußten aber immer weit unter der ersten kosmischen Geschwindigkeit bleiben, da sonst die Tragflächen beim Wiedereintritt in die dichteren Schichten der Atmosphäre verglühten.
    Mit dieser neuen Entdeckung aber werden die Raumgleiter für uns zu einer hervorragenden Lösung: Sie erheben sich mit Hilfe von chemischem Treibstoff bis zur Grenze der aerodynamischen Wirksamkeit der Atmosphäre. Dort werden sie von Raketen mit Reaktorantrieb übernommen, die sie auf die erste kosmische Geschwindigkeit und damit zu den Satelliten bringen. Auf dem Rückflug brauchen sie nur einen einmaligen Bremsimpuls und gleiten dann in die Atmosphäre zurück. Auf diese Weise werden etwa 60 Prozent des sonst notwendigen chemischen Treibstoffs gespart.
    Ich hoffe, Sie werden diese kleine Abschweifung entschuldigen. Ich wollte damit dreierlei zeigen: Erstens – eine große Reserve für uns liegt in der geistigen Mitarbeit ungezählter Wissenschaftler, die mit unseren Projekten nicht direkt etwas zu tun haben. Zweitens – eine weitere Reserve für uns liegt in dem gesamten Schatz technischer Ideen und Lösungen, den die Menschheit bisher gesammelt hat und den wir nur richtig zu nützen verstehen müssen. Und schließlich drittens – eine weitere große Reserve für uns ist Ihre Mitarbeit. Auch die Presse darf sich als aufgerufen betrachten, eine Aufgabe zu erfüllen. Sehen Sie – etwa 200 wissenschaftliche Gruppen arbeiten zur

Weitere Kostenlose Bücher