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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Weltalls, selbst dort, wo die Erde nur noch ein Punkt war, doch die Sonne erkennbarer Mittelpunkt der sichtbaren Welt, als Zentrum für das Fühlen und Denken. Aber dort, wohin die Expedition fliegen sollte, würde die Sonne ein Stern unter vielen sein und nicht der hellste.
    Freilich, welcher Art die besonderen Anforderungen sein würden, das war wirklich nicht abzusehen. Und doch ließ Lutz diese Tatsache unbefriedigt, und er grübelte nach, wie man der Sache auf die Sprünge kommen könnte.
    Auf der STARTSTUFE II angekommen, versuchte Lutz vergeblich ein Gespräch mit Sabine und Henner Hellrath zustande zu bringen. Die Sache scheiterte immer wieder daran, daß Henner in einem der drei Raumschiffe herumkroch und noch einmal dies überprüfte und jenes korrigierte. Die Kandidaten für die Expedition – zehn mehr als benötigt wurden – waren bereits auf Erdurlaub, aber noch immer tüftelte Henner neue Gesichtspunkte aus, nach denen er mit Hilfe der Stationsmonteure die Funktionsweise der Technik kontrollierte.
    Schließlich bekam Lutz das Warten satt und holte sich Henners Einverständnis, mit Sabine die Sache allein zu bereden.
    „Versuchen Sie mal, ihm klarzumachen, daß andere auch etwas von Raumschiffen verstehen“, sagte sie. „Was er nicht selbst geprüft hat, läßt er nicht gelten.“
    „Und die Ergebnisse – geben sie ihm recht?“ fragte Lutz.
    „Wie man’s nimmt. Es gab vor Monaten einen Fall von Lethargie. Die Überprüfung ergab, daß der Kranke die Arbeit nachlässig ausgeführt hatte – dadurch wurde die Erkrankung überhaupt entdeckt. Vielleicht hat ihn das nervös gemacht. Und dann – bei jedem äußert sich die Aufregung vor einem so großen Ereignis anders. Henners Art der Aufregung ist immerhin nicht die schlechteste. Aber lassen wir das – reden wir von Ihren Sorgen und Gedanken.“
    „Ich wollte, wir könnten die Menschen mit der gleichen Sorgfalt und Genauigkeit wie die Raumschiffe überprüfen“, sagte Lutz. „Würden Sie mir diesen Lethargiefall etwas näher schildern?“
    „Ich kann Ihnen gern die Krankengeschichte geben“, antwortete Sabine und stand auf, um die Archivchiffre nachzuschlagen und den Bildschirm für die Übertragung einzuschalten.
    „Nein, nein, bloß nicht!“ wehrte Lutz mit komischem Entsetzen ab. „Erzählen Sie mir lieber!“
    „Da ist nicht viel zu erzählen. Die Qualitätskontrolle entdeckte mehrfach nachlässig ausgeführte Montagearbeiten. Wir stellten fest, von wem sie stammten, und holten uns den Kollegen. Der Vorwurf kränkte ihn nicht, er ließ ihn gleichgültig. Die weitere Beobachtung ergab dann einwandfreie Beweise für eine psychische Erkrankung. Er wurde auf die Erde zurückgeschickt. Das ist eigentlich alles.“
    Lutz spürte ein Zögern in Sabines Stimme. Er fragte direkt: „Und uneigentlich? Sie haben doch noch irgend etwas?“
    „Ja – eine Merkwürdigkeit. Die lethargische Erkrankung bot wenig äußere Anzeichen, nur eben eine gewisse Trägheit des Denkens und Fühlens und Handelns. Aber auf einem Gebiet betätigte sich der Kranke wie besessen: Er malte. Er malte Ölbilder, Landschaften, aber in so sonderbaren Farben und Kontrasten – wiederum auch beinahe krankhaft, obwohl ich sagen muß, sie hatten einen gewissen Reiz.“ Sabine schwieg nachdenklich.
    Mehr aus Reportergewohnheit fragte Lutz: „Kann ich davon etwas sehen? Ich meine, von den Bildern, die er gemalt hat?“
    Sie dachte nach. „Ich weiß nicht… warten Sie mal…“ Sie rief einen Mitarbeiter an, der auch malte, Lutz erfuhr, daß es auf der STARTSTUFE II eine Kabine gab, die in freundlicher Übertreibung „Malsaal“ genannt wurde, und daß dort noch verschiedene Bilder aus der Hand des Erkrankten vorhanden sein müßten.
    „Warum interessiert Sie das so?“ fragte Sabine, als sie den Mittelgang der ringförmigen Raumstation entlanggingen.
    „Ich weiß es auch nicht“, gestand Lutz. „Vielleicht deshalb, weil wir Jahre unterwegs sein werden. Sicherlich deshalb. Sagen Sie, wie lange sind Sie jetzt hier?“
    „Ein dreiviertel Jahr“, antwortete Sabine etwas verwundert.
    „Das ist auch schon länger, als sonst üblich war“, sagte Lutz nachdenklich. „Gegen Raumfieber genügten die bekannten Vorbeugungsmaßnahmen. Aber könnte diese Lethargie nicht das Anfangsstadium einer andersartigen Raumkrankheit darstellen? Es scheint mir falsch, diese Sache nur medizinisch zu betrachten.“
    Sie waren inzwischen an ihr Ziel gekommen. Die Kabine hatte eine regelbare

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