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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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genau um eine Querachse.“
    „Wieso das wichtigste?“ fragte Nadja.
    „Warte ab. Jetzt muß ich mir erst mal die Beine vertreten. I-ren, du kommst mit in die Schleuse. Nadja, du bleibst hier und paßt auf, daß wir nicht abhanden kommen. – Im Ernst, es muß nicht ungefährlich sein da draußen, und du bist unsere letzte Reserve hier. Obwohl, ich glaube kaum, daß etwas passiert.“
    Nach zehn Minuten, die Nadja freilich endlos erschienen, kamen die beiden wieder.
    „Es ist, wie ich dachte“, berichtete Duncan. „Ein Plasmaschwaden hat uns etwas seitlich getroffen und die Antriebsdüse deformiert. Dadurch wurde der ausgestoßene Gasstrahl abgelenkt, und das war die Ursache unserer Drehung. Auch die Stabilisierungsdüsen sind deformiert, und alle Antennen sind weggeschmolzen. Wir können aber jedenfalls zwei Stabilisierungsdüsen wieder betriebsfähig machen, das wird reichen, die Drehung zu beseitigen, und eine Antenne werden wir auch montieren.“
    Das war nun freilich ein Stück Arbeit – weniger schwer als vielmehr kompliziert. Normalerweise, wenn ein Raumschiff sich im antriebslosen Flug bewegt, bereitet das Aussteigen oder die Verrichtung irgendwelcher Außenarbeiten keine Schwierigkeiten, da ja alle Teile des Raumschiffs einschließlich der Menschen die gleiche Geschwindigkeit haben und daher – aufeinander bezogen – gewichts- und bewegungslos sind. Nun drehte sich aber die Rakete, und das bedeutete, daß an ihrem Kopf, an den Stabilisierungsdüsen, eine wenn auch kleine Zentrifugalkraft wirkte, die alle Bewegungen komplizierte. Als Duncan, sicher angeleint, sich vom Ausstieg abstieß, wirkte es zunächst, als wolle er Spiralen um die Rakete beschreiben.
    Erst nachdem er die an ihm vorbeidrehende Düse zu fassen bekommen und dort ein zweites Seil befestigt hatte, das dann von der Schleuse aus gespannt wurde, war es ihm möglich, sich sicherer zu bewegen. Trotzdem konnte er seine Glieder nur in gemächlichem Tempo benutzen.
    Die Arbeit dauerte eine halbe Stunde, die Nadja in der Schleuse und I-ren im Ausstieg sitzend verbrachten. Dann zogen sich alle in die Schleuse zurück, schlossen den Ausstieg und ließen eben Luft in die Schleuse, als Nadja ein Schwindelgefühl überkam. Unwillkürlich warf sie den Arm zurück, wie man tut, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Ihr Körper drehte sich und taumelte in der Schleuse umher – und plötzlich geschah es: Sie mußte gegen das Schweißgerät geprallt sein, das schaltete sich ein und schwebte – eingeschaltet und sich drehend – durch die Schleuse. Mit einem Satz schoß I-ren auf den Apparat zu und preßte ihn gegen die Wand, bevor sie ihn abschaltete – aber Nadja war schon von dem Laserstrahl getroffen. Der Schutzanzug mußte wohl Schlimmeres verhütet haben, so daß sie nur spürte, wie der Luftdruck rasch absank und ihr das Atmen immer schwerer fiel.
    Duncan nahm sie wie eine Stoffpuppe und drehte sie hin und her. „Hier!“ rief er und hielt I-ren ein Bein Nadjas hin. I-ren nahm schnell eins der Seile und band den Schutzanzug am Oberschenkel ab. Inzwischen war auch der Luftdruck in der Schleuse gestiegen.
    Tatsächlich gelang es ihnen dann, die Drehung der Rakete bis auf ein leichtes Schlingern auszugleichen, und bald erschien auch die Operativrakete Zwei, wurde durch Funk eingewiesen und schleppte sie ab zur Station.
    Natürlich steckte der Stationsarzt alle drei erst einmal ins Bett, und so kam es, daß Nadja und I-ren in leichten bunten Kitteln auf Profilbetten in einem Zimmer lagen und Gelegenheit hatten, ihr unterbrochenes Gespräch fortzusetzen.
    Aber offenbar hatten beide keine Lust dazu, denn sie lagen lange, ohne ein Wort zu sagen.
    Schließlich fragte Nadja in die Stille hinein: „Und wir beide – was fangen wir nun miteinander an?“
    „Ich weiß es auch nicht“, antwortete I-ren. Es klang aber eher fröhlich. –
     
    Frisch, energisch, zum Bersten angefüllt mit den sinnenkräftigen Genüssen der Erde, den Farben, Gerüchen und Lauten irdischer Natur – so flog Lutz Gemba zur STARTSTUFE II, der Transit-Station jenseits der Jupiterbahn, von der aus in einem Monat die große Expedition starten sollte. Kurz war der Hochzeitsurlaub mit Yvonne gewesen, aber – das glaubte er sagen zu können – sie hatten die Zeit genutzt.
    Vielleicht war die Intensität dieser zwei Wochen auch eine Folge ihres Wissens um die große Aufgabe, vor der die Menschheit stand, die Aufgabe, die ihre Generation herausheben würde aus den Jahrhunderten

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