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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Nagy an, den diensthabenden Piloten.
    „Wieso ist Ihnen der Defekt nicht aufgefallen, als die ersten scheinbaren Radarmeldungen kamen?“ Seine Stimme war noch bemüht sachlich.
    Der Pilot schwieg. Natürlich, er hätte das auf dem Schema bemerken müssen, er hätte es einschalten müssen, schon um die gemeldeten Objekte zu orten oder sich wenigstens eine Übersicht zu verschaffen, tausendmal war das geübt worden, aber – er hatte es nicht getan, er wußte selbst nicht warum, und er wußte jetzt auch keine Antwort, er schwieg, obwohl er sah, daß der Kommandant auf eine Antwort wartete.
    Lutz kam herein und meldete: „Kathleen Potter bewußtlos auf ihrem Zimmer. Arzt bei der Untersuchung. Drei weitere Besatzungsmitglieder haben Verletzungen, aber nur unbedeutende.“
    Henner winkte ab, aber er benutzte die Gelegenheit, mit harter und scharfer Stimme noch einmal zu wiederholen, was geschehen war. „Und Sie“, fuhr er, an den Piloten gewandt, fort, „was sind Sie? Pilot? Wieso hatten Sie das nicht längst ermittelt, bevor ich hier ankam? Haben Sie auch so einen technischen Wunderglauben, daß die Automatik sowieso zuverlässiger ist als der Mensch und ihn überflüssig macht? Gehen Sie und schicken Sie Ihre Ablösung her!“
    Lutz legte die Hand auf Henners Arm, um ihn zu beruhigen, und sagte: „Irgendein Bauelement muß ausgefallen sein.“
    „Richtig“, entgegnete Henner grimmig. „Und da alle empfindlichen Bauelemente nach dem Instandhaltungsplan ausgewechselt werden, wenn ein Zehntel ihrer angenommenen Lebenszeit herum ist, dürfte also keins ausgefallen sein.“ Er hob die Stimme. „Wenn sie wirklich ausgewechselt worden sind!“
    Lutz nickte. Genau das waren seine Gedanken gewesen – und doch nicht genau das; er hatte sie, wenn man so sagen darf, in einem anderen Ton gedacht, nicht so böse, sondern eher sorgenvoll.
    Aber er schwieg. Die Schlußfolgerungen, schien ihm, seien unabhängig vom Ton, und er war gar nicht sicher, ob er nicht als Kommandant der Expedition ebenso gereizt gewesen wäre. Und er mußte fast gegen seinen Willen anerkennen, daß er selbst in der Kürze der Zeit wohl nicht mit so sicherem Griff die genau den Umständen entsprechenden Beschlüsse gefaßt hätte, die Henner nun als Anweisungen über Funk bekanntgab:
    „An alle Raumschiffe. In den nächsten 24 Stunden ist eine Funktionskontrolle aller Systeme durchzuführen. Dabei werden alle Stationen doppelt besetzt. Das Protokoll der Kontrolle wird von beiden Diensthabenden abgezeichnet. Der Kommandant.“
    „So“, sagte Henner mit einem ärgerlichen Knurren in der Stimme. „Und nun bin ich gespannt, was dabei herauskommt.“
     
    Was herauskam, wurde zwei Tage später in einer Leitungssitzung der Expedition behandelt: Ein Bauelement war tatsächlich nicht ausgewechselt worden. Und die Kontrolle zeigte, daß es in allen Raumschiffen mehrere solcher Fälle gab. Und auch eine Liste derer war aufgestellt worden, die das verschuldet hatten.
    Henner Hellrath legte ein streichholzschachtelgroßes Kästchen auf den Tisch. „Ein Element dieser Baugruppe zum Beispiel hätte vor zwei Monaten ausgewechselt werden müssen. Es wurde nicht ausgewechselt. Es ist zwar noch funktionsfähig, aber…“
    Jeder konnte zu Ende denken, was der Kommandant nicht aussprach – was würde geschehen, wenn eine solche Baugruppe in einer kritischen Situation versagte?
    Henner fuhr fort. „Wir haben sieben solcher Unterlassungen gefunden. Aber wir haben ja nur Stichproben gemacht, keine Generalkontrolle. Wir müssen also alle Kontrollen noch einmal durchführen. Pro Raumschiff haben wir etwa 30 000 solcher Baugruppen mit auszuwechselnden Elementen. Wenn wir für die Generalkontrolle einen Monat ansetzen, bedeutet das pro Stunde 40. Aber wer garantiert uns, daß dabei nicht wieder Unterlassungen begangen werden? Und dann ist das ja nur ein Teilgebiet. Was kann noch alles aus solcher Schlamperei entstehen!“
    „Es handelt sich um eine Krankheit“, warf Lutz ein. „Wie damals auf der STARTSTUFE II.“
    „Wunderschön – eine Krankheit“, höhnte Henner. „Die armen Kranken werden ins Bettchen gelegt und bedient und gefüttert, und wenn sie wieder gesund sind, sind wir alle von Herzen froh. Nein, wenn geschludert wird, muß man die Zügel straffer anziehen. Die Schuldigen werden bestraft, und zwar mit der härtesten Strafe, mit dem Tadel vor der gesamten Expedition. Die Schichten müssen verdoppelt werden, so daß immer zwei zusammen arbeiten und

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