Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
dich mit dem Bus oder Mietwagen auf einer holprigen Straße zu solch einem Kloster auf den Weg begibst – einem von Dutzenden in Nordostthailand, was findest du? Sind die Lehren und die Art der Praxis für unsere heutige Zeit noch von Bedeutung? Entspricht das Erkenntnis- und Achtsamkeitstraining den Bedürfnissen derjenigen, die aus einer modernen und komplexen Gesellschaft kommen? Du wirst entdecken, daß viele Besucher aus dem Westen bereits vor dir da waren. Seit 1965 sind Hunderte von Europäern und Amerikanern wie du zu Besuch gekommen, um im Wald zu lernen. Einige kamen, um für einen kurzen Zeitraum zu studieren, und kehrten dann nach Hause zurück, um das Gelernte in ihr tägliches Leben zu integrieren. Andere kamen, um sich eingehender als Mönche für ein, zwei oder mehr Jahre zu schulen, und kehrten danach nach Hause zurück. Eine dritte Gruppe von Menschen betrachtete das Waldleben als eine fruchtbare und notwendige Lebensweise, und sie leben noch heute in den Klöstern.
All diese Menschen sind von den Lehren, die eine weise und bewußte Art zu leben aufzeigen, direkt im Herzen angesprochen worden. Zuerst mag der Weg fast leicht erscheinen, trügerisch einfach. Wenn man jedoch versucht, den Weg des Buddha in die Tat umzusetzen, entdeckt man, daß es nicht so leicht ist. Trotz der Anstrengung, die nötig ist, fühlen diese Menschen dennoch, daß nichts wertvoller ist, als im eigenen Leben das Dharmal oder die Wahrheit zu entdekken.
Von dem Moment an, da du ein Waldkloster wie Wat Pah Pong betrittst, spürst du den Geist der Übung. Da ist die Stille der raschelnden Bäume, und da sind die ruhigen Bewegungen der Mönche, die ihre täglichen Arbeiten verrichten oder achtsam Gehmeditation üben. Das gesamte Kloster erstreckt sich über vierzig Hektar, unterteilt in Sektionen für Mönche und Nonnen. Die einfachen, schmucklosen Hütten schmiegen sich in großem Abstand voneinander in kleine Waldlichtungen, so daß es zwischen ihnen Bäume und ruhige Pfade gibt. Im Zentrum des Wats befinden sich das Hauptlehrgebäude, der Speisesaal und eine kleinere Halle für Ordinationen. Die ganze Waldlage verstärkt die Atmosphäre von Einfachheit und Entsagung. Du fühlst, daß du endlich angekommen bist.
Die Mönche, die in solchen Klöstern leben, wollen dieser unkomplizierten und disziplinierten Art der Praxis, die Dhutanga heißt, folgen. Die Tradition der Waldmönche, die sich freiwillig dazu entschließen, einem ganz einfachen Lebensstil zu folgen, geht auf den Buddha selbst zurück, der für diese Mönche zusätzlich einen Kodex von dreizehn besonderen Regeln einführte, der Roben, Essen und Behausung der Mönche einschränkt. Wenig Besitz, viel Meditation und der Almosengang einmal am Tag sind das Herz dieses Lebensstils. Diese Art des Lebens verbreitete sich mit dem übrigen Buddhismus und erreichte auch die dichten Wälder Burmas, Thailands und Laos’, Orte voller Höhlen und unwegsamen Geländes, ideal für solch intensive Praxis. Diese asketischen Mönche waren traditionellerweise Wanderer, die allein oder in kleinen Gruppen lebten und von einem ländlichen Gebiet zum nächsten zogen und handgefertigte schirmähnliche Zelte aus Stoff benutzten, die, an Bäumen aufgehängt, als vorübergehende Bleibe dienten. Die an praktischer Umsetzung orientierten Dharmalehren aus einem der größten Waldklöster, Wat Pah Pong, und ihres Meisters Ajahn Chah sind für dieses Buch übersetzt und zusammengestellt worden, um sie dem Westen anzubieten.
Ajahn Chah und seine Lehrer, Ajahn Tong Rath und Ajahn Mun, verbrachten selbst viele Jahre des Wanderns und Meditierens in diesen Wäldern, um ihre Praxis zu entwickeln. Von ihnen und anderen Waldlehrern kommt ein Vermächtnis unmittelbarer und kraftvoller Dharmalehren, die nicht auf ritualisierten Buddhismus oder scholastisches Lernen ausgerichtet sind, sondern sich an die wenden, die ihre Herzen und ihr Verständnis läutern möchten, indem sie die Lehren Buddhas tatsächlich leben.
Als aus dieser Waldtradition große Meister hervorgingen, wurden sie von Laien und Mönchen zum Zweck der Belehrung aufgesucht. Oftmals gaben diese Lehrer ihre Wanderschaft auf, um sich verfügbar zu machen, und ließen sich in bestimmten Waldgebieten nieder, wo um sie herum ein Dhutangakloster entstand. Da das Bevölkerungswachstum in diesem Jahrhundert zugenommen hat, sind immer weniger Waldgebiete für solche Wanderer übriggeblieben, und so werden diese von vergangenen und gegenwärtigen
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