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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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alles. Was genau genommen einen kleinen Verrat darstellt, denn die Friesen haben jahrhundertelang gegen die dänischen Könige gekämpft, das stellt quasi einen zentralen Bestandteil ihrer Identität dar. Eines der Wahrzeichen im Föhrer Inselwappen ist der Grütztopf, mit dem die friesischen Frauen der Legende nach die dänischen Steuereintreiber vertrieben haben, indem sie vom Dach heiße Grütze geschüttet haben.
    Oma gießt mir Portwein nach. «Du kommst mit, und ich stelle dich Ringstaed vor. Ich habe ihm von deinem Arche-Projekt erzählt, und er war sehr angetan.»
    «Echt?»
    Das klingt ja phantastisch.
    Oma nimmt meine Hände und schaut mich eindringlich an. «Mensch, Sönke, der Ball liegt direkt vorm Loch. Er braucht nur einen kleinen Schubs.»
    Weiß Oma wirklich, was sie da tut? Kennt sie Ringstaed wirklich, und erinnert der sich auch an sie? Ich bin da nicht sicher. Oma neigt dazu, ihre Wirkung zu überschätzen. Und falls sie sich auf der Vernissage danebenbenimmt oder einen ihrer Ausfälle hat, schadet es mir unter Umständen mehr, als es nützt. Immerhin ist sie im Nachthemd mit ihrem Haustürschlüssel in der Hand durch Wyk gelaufen! Und wie war das mit der asiatischen Tomatensoße für die morgendlichen Spaghetti? Den Bilderdiebstahl lasse ich mal ganz ausgeklammert.
    Andererseits möchte ich die Museumsleute natürlich dringend auf meine Arche einladen. Eine Ausstellung mit Bildern von der Westküste wäre das kulturelle Highlight auf dem Schiff; das würde todsicher viele andere Betriebe von der Insel mitziehen.
    «Sehe ich da kein dankbares Lächeln im Enkelgesicht?»
    Ich habe wohl zu lange überlegt. «Danke, Oma, super!» Was soll ich nur tun?
    Meine Großmutter tut das, was sie so überzeugend kann wie sonst kaum jemand in der Welt: Sie strahlt mich begeistert an. Es wird schon gut gehen.
    «Gerne, mein Sönke.»
    «Wann geht es los?»
    «Heute Abend zur besten Sendezeit, um sechs.»
    «Ich hol dich ab.»
    Oder sollte ich besser doch kneifen?

[zur Inhaltsübersicht]
15. Nordisch-elegant
    Die Sonne wird durch eine dünne Hochnebelschicht gefiltert, der Himmel besteht aus Millionen weißer Punkte. Dieses Licht kommt mir an diesem warmen Sommerabend heller vor als Licht von einem wolkenlosen Himmel. Ich parke Marias Mini auf einem Hof am Rande des Dorfes, weil der reguläre Parkplatz bereits voll ist. Es riecht hier streng nach frischem Kuhdung. Ich springe aus dem Wagen und halte Oma die Tür auf. Sie hat, wie immer, ihre Lieblingsfarbe «bunt» gewählt, die kimonoartige Bluse besteht aus nahezu allen Farben, die auf diesem Planeten vorkommen. Auch ihr leuchtend hellblauer Lidschatten ist nicht dazu geeignet, einen diskreten Kontrast dazu zu setzen. Ich bin froh und erleichtert, dass sie nicht bauchfrei geht, es wäre nicht das erste Mal. Jade ist mit dem Fahrrad vorgefahren, nicht, weil sie die Vernissage nicht erwarten konnte, sondern um Momme früher zu treffen.
    Irgendwie habe ich eine böse Vorahnung, dass heute Abend etwas Ungutes passiert. Ich kann nicht genau sagen, was es sein könnte, aber irgendetwas Wichtiges wird schiefgehen, da bin ich sicher. Vielleicht wird Oma verhaftet, oder Dr. Ringstaed will nicht auf mein Schiff, oder etwas anderes. So ein Gefühl habe ich sehr selten, aber wenn ich es habe, ist es verlässlich.
    Was soll ich tun? Wegen einer bösen Vorahnung sagt man nicht ab. Das wäre lächerlich, außerdem hängt der Erfolg meiner Arche ziemlich an dem Abend. Hier geht es um keine Klitsche, sondern um ein internationales Kunstmuseum, das erstaunlicherweise in einem kleinen Inseldorf abseits der großen Metropolen liegt. Wenn man das erste Mal hier ist, kann man nicht fassen, was für kostbare Werke in Alkersum hängen. Das hängt mit der Lebensgeschichte des Gründers Frederik Paulsen zusammen. Er wurde 1909 in Dagebüll geboren und fühlte sich zeit seines Lebens Föhr und der friesischen Kultur verbunden. Daran hielt er auch fest, als er in der NS -Zeit aus Deutschland fliehen musste. Paulsen wurde später in Schweden mit einem Pharma-Unternehmen ernsthaft reich und zog anschließend nach Alkersum zurück. Sein Sohn Frederik Paulsen jr. ließ nach dem Tod seines Vaters das Kunstmuseum hier bauen, das nicht seinem Stifter huldigt, sondern der Kunst. Alles ist bis ins Detail nordisch-elegant.
     
    Oma hakt sich bei mir ein. Alle Menschen, die auf der Hauptstraße zu sehen sind, schlendern in Richtung Museum. Schon der Fuhrpark der Gäste unterscheidet sich von

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