Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
Vom Netzwerk:
geredet hast?»
    «Dann habe ich das wohl verwechselt», rede ich mich heraus.
    Oma schaut mir prüfend in die Augen und schüttelt mit dem Kopf: «Sönke, was ist denn los mit dir?»
    «Wieso?»
    «Du siehst gestresst aus.»
    «Ja?»
    Oma ist wirklich besorgt. «Das mit den Gedächtnislücken solltest du im Auge behalten, damit ist nicht zu spaßen», mahnt sie. «Das kann was Ernstes sein.»
    Moment mal! Irgendetwas läuft hier gerade schief.
    Oma kippt den Portwein mit einem Schluck hinunter, was fast so aussieht, als müsse sie sich Mut antrinken.
    «Sönke, ich muss mal ernsthaft mit dir reden», flüstert sie plötzlich leise und heiser. Ihr Tonfall ist ungewohnt schüchtern, wie bei einem Bekenntnis, das ihr sehr, sehr schwer fällt. Wahrscheinlich hat sie selbst endlich eingesehen, dass sie Hilfe braucht.
    «Och, Oma.»
    Es fällt ihr nicht leicht, damit herauszurücken, was ich gut verstehen kann. Wem würde es anders gehen? Ich bekomme einen trockenen Mund. Was folgt jetzt? Ein Geständnis wegen des Diebstahls im Museum? Ist ihr doch wieder alles eingefallen?
    Ich nehme Oma in den Arm, drücke sie und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.
    «Es ist nicht einfach», murmelt sie.
    «Ich, die ganze Familie, wir werden dir alle helfen, wo immer wir können. Du bist nicht alleine, das weißt du ja», sage ich, und ich meine jedes Wort davon ernst.
    Oma legt ihre Stirn in ein paar mehr Falten als sonst. «Wovon redest du, Sönke?»
    Ich hebe abwehrend die Arme. «Äh, wolltest du nicht gerade …»
    «Warum habe ich bloß andauernd das Gefühl, du willst mir etwas in den Mund legen?»
    Oma hat recht, ich sollte mich zurückhalten. «O.k., schieß los, was willst du mir erzählen?»
    Oma schaut an die Decke und sucht nach Worten.
    «Also, normalerweise mische ich mich ungern in die Angelegenheiten anderer Leute. Aber in der Familie ist es etwas anderes, oder?» Sie schaut mich prüfend an.
    «Kommt drauf an», sage ich zögerlich.
    «Wenn man sieht, dass jemand gegen die Wand fährt, und derjenige erkennt es selber nicht, sollte man da nicht Verantwortung übernehmen?»
    Ich blicke nicht mehr durch und nicke verwirrt.
    «Also, Sönke, ich bin eine alte Insulanerin und habe zeit meines Lebens auf Föhr gewohnt. Und Föhr ist eine kleine Insel, was bedeutet, ich kenne alle hier.» Sie starrt an die Decke.
    «Willst du wegziehen, Oma? Mach dir keine Sorgen, wir besuchen dich überall, auch wenn es am Ende der Welt ist.»
    Oma runzelt erneut ihre runzlige Stirn. «Sönke, was ist bloß los mit dir?», schimpft sie.
    Ich hebe abwehrend beide Hände.
    «Gut, du willst nicht wegziehen, alles klar, finde ich auch besser.»
    Oma schaut mich mitleidig an wie einen kranken Menschen. «Sönke, ich habe mit Kapitän Petersen geredet, und der hat mir verraten, dass deine Arche nicht anläuft.»
    Die Arche? Es geht um die Arche?
    «Ach, das wird schon.»
    Sie lacht. «Du bist sogar in den Shantychor eingetreten, Sönke, du Heuchler, nur um Kunden zu gewinnen.»
    «Wieso Heuchler?»
    «Eher wird der Papst Moslem als du Shantysänger.»
    Oma selbst besitzt einen etwas bizarren Musikgeschmack. Beatles rauf und runter, Simon & Garfunkel, Reinhard Mey, aber ich habe sie auch schon mal bei Freddy Quinns «Junge, komm bald wieder» heulen sehen.
    Sie hebt ihre Stimme wie ein Pastor auf der Kanzel und zitiert aus dem Alten Testament: «Aber mit dir will ich meinen Bund aufrichten, und du sollst in die Arche gehen mit deinen Söhnen, mit deiner Frau und mit den Frauen deiner Söhne.»
    Sie fügt hinzu: «1. Mose 6, Vers 18». Ich wusste gar nicht, dass sie so bibelfest ist.
    «Noah hatte es auch einfach, der hatte Unterstützung von ganz oben.»
    Oma grinst. «Die bekommst du auch, mein lieber Sönke, und zwar noch heute Abend!» Sie fuchtelt mit zwei Karten in der Luft herum. «Ich habe zwei Einladungen für die Vernissage im ‹Museum Kunst der Westküste›. Die sind von Direktor Dr. Jesper Ringstaed höchstpersönlich.»
    «Woher kennst du denn den Ringstaed?»
    Oma wirft den Kopf in den Nacken und lächelt stolz. «Von der Eröffnung, auf der ich Margarete von Dänemark höchstpersönlich die Hand geschüttelt habe.»
    Diese Geschichte haben alle in der Familie wohl an die hundert Mal gehört. Die dänische Königin war bei der Eröffnung des Museums in Alkersum anwesend, und Oma hat ihr die Hand geschüttelt. Ein Foto gibt es davon nicht, aber drei glaubwürdige Insulaner haben es bezeugt. Oma liebt die dänischen Royals über

Weitere Kostenlose Bücher