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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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Fußballtrainer …
    Jade springt auf und umarmt Oma. «Moin, Oma.»
    Dann umarmt sie mich. «Moin, Sönke.» Es ist unsere erste Umarmung.
    Oma und ich begrüßen kurz Momme, der nicht aufsteht, weil er unauffällig die Zigarette hinter sich auszudrücken versucht, die er bis zu unserem Erscheinen mit Jade geteilt hat. Es gelingt ihm nicht ganz, ein kleines Rauchzeichen steigt unbeirrt weiter hinter seinem Rücken auf.
    Meine böse Vorahnung löst sich auf, das Gegenteil tritt ein: Ich habe mich geirrt, es wird ein phantastischer Abend! Heute wird alles geklärt, auch und gerade mit Maria, ich spür das!
    Ich gehe mit Oma an meiner Seite vom Garten in den großen Salon, der voll gehängt ist mit Bildern, die alle mit dem Meer und seinen Bewohnern an der Westküste zu tun haben, von Norwegen bis zu den Niederlanden. Die weißen Wände besitzen keine Fußleisten, die Beschriftungen sind direkt auf die Wand gedruckt. Alles wirkt dadurch leicht, die Wände scheinen zu schweben. Das Tageslicht erhält von allen Seiten Zugang; wenn draußen Wolken vorbeihuschen, erscheinen die Bilder in immer wieder neuer Farbtemperatur und Helligkeit.
    Plötzlich steht Tobias vor uns.
    In
meinem
besten Anzug.
    In
meinem
schwarzen Hemd.
    Das mir Maria zu
meinem
letzten Geburtstag geschenkt hat.
    «Hallo, Sönke.» Er haut mir auf die Schulter, als seien wir alte Kumpel. Nach seiner Rauferei mit Hauke finde ich das noch schlimmer, als es so schon wäre. Mit einem freundlichen Lächeln zeigt er seine perfekten Zähne. Den eloquenten, kunstsinnigen Intellektuellen auf der Vernissage hat er mit Sicherheit genauso drauf wie den stumpfen Provokateur auf Haukes Hof.
    Ich trete zur Seite. «Das ist meine Großmutter Imke Riewerts.»
    Er reicht Oma die Hand. «Angenehm, Winter, Bundeskriminalamt.»
    «Wie sind Sie bloß beim Kunstdiebstahl gelandet?», erkundigt sich Oma höflich, die offensichtlich schon via Inselklatsch von dem Fahnder Tobias Winter gehört hat. Taxiert sie gerade ihren Gegenspieler, ohne dass der es ahnt?
    Tobias lächelt. «Vater Kunsthistoriker, Mutter Chemikerin, was soll da herauskommen? Vater hat mich in alle wichtigen Kunstmuseen der westlichen Welt geschleift, und ich habe fünf Semester Chemie studiert. Letzteres zwar ohne Abschluss, aber dadurch kann ich immerhin die Leute von der Spurensicherung fachlich besser verstehen als die meisten meiner Kollegen.»
    Kurz zusammengefasst, er kann
alles
.
    Plötzlich hat Oma hinter ihm einen Bekannten entdeckt, dem sie heftig gestikulierend zuwinkt.
    «Wo ist Maria?», frage ich Tobias.
    «Kommt gleich», kündigt er an. «Die wollte noch was von Zuhause holen, sie müsste jeden Moment hier sein. Aber ich warne dich gleich: wir sind dienstlich hier.»
    Will der mir verbieten, mit meiner Liebsten zu reden? «Guten Tag sagen darf ich aber noch, oder?»
    «Wenn nichts Wichtigeres anliegt …», lächelt er. Im besten Fall meint er das ironisch. Ansonsten kann ich nur bereuen, dass Hansen ihn nicht dienstunfähig gehauen hat.
    Bürgermeister Brodersen aus Nieblum drängelt sich zwischen uns. Obwohl ich blau-weiß gestreifte Fischerhemden und rote Tücher nicht mehr sehen kann, muss ich sagen, ihm steht das.
    «Mensch, Sönke», schnauft er. «Ich hab dich überall gesucht.»
    «Was gibt’s denn?»
    «Du musst uns aushelfen.»
    «Wie?»
    Er sieht gestresst aus. «Kapitän Petersen ist nicht gekommen, du bist der Einzige, der einspringen kann.»
    Ich weiß, dass die Knurrhähne eingeladen sind, zu den Meeresbildern zu singen.
    «Nicht im Ernst.»
    Er lässt das nicht gelten. «Eine Hand wäscht die andere, Sönke.» Es klingt wie eine Drohung.
    Erst jetzt entdecke ich, dass er Fischerhemd und Prinz-Heinrich-Mütze für mich schon in der Hand hält. «Los, auf Klo und rüber damit, es fängt gleich an.»
    Oma amüsiert sich prächtig: «Ayay, Bootsmaat Sönke.»
    Wo bin ich hier nur hineingeraten? Ich werfe einen kurzen Blick Richtung Notausgang, dann eile ich doch zur Herrentoilette, um mich umzuziehen.
     
    Dr. Jesper Ringstaed ist ein riesiger, etwas untersetzter Mann mit rotblonden Haaren, ungefähr Mitte vierzig. Von seiner massigen Figur her könnte man ihn für einen Förster oder Landwirt halten. Seine Hände sind groß wie Schaufeln und berühren doch selten etwas anderes als Papier und das Edelmetall der Museumstürklinken. Erst einmal begrüßt er die Gäste auf Deutsch, Friesisch und Dänisch. Dann spricht er mit leichtem dänischem Akzent auf Deutsch weiter.
    «Diese

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