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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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Versicherung es verlangt.»
    Jesper Ringstaed nickt. «Wir haben schon ein paar Werke ausgewählt. In Hamburg für unser Museum zu werben wäre natürlich ein Traum.»
    «Was heißt das konkret?», mischt sich Oma ein. «Seid ihr dabei, oder nicht?»
    In diesem Moment schiebt sich Maria neben mich. «Ich muss dich sprechen, Sönke, sofort!»
    Einen derart hochroten Kopf habe ich bei ihr weder gesehen, noch hätte ich ihn mir so rot vorstellen können. Ihre Augen sind kalt und abweisend.
    «Jetzt nicht», zische ich.
    Jesper Ringstaed schaut irritiert auf Maria. Von hinten pirscht sich eine junge Reporterin an ihn heran: «Mr.Ringstaed, just a minute …»
    «Das ist meine Frau Maria», stelle ich vor.
    Ringstaed streckt Maria freundlich seine Hand entgegen: «Moin.»
    Maria reagiert gar nicht auf ihn. Stattdessen zerrt sie so stark an mir, dass es eine Schlägerei geben würde, wenn ich mich gegen sie stemmen würde.
    «Entschuldigung», raune ich Ringstaed zu und beschließe, Maria das erste Mal in unserer Beziehung zur Sau zu machen. Unser Aufeinandertreffen bei Kutschenbauer Hauke Hansen war so unglücklich wie unvermeidbar. Aber das hier geht gar nicht!
    Oma schüttelt mit dem Kopf. Ihr Enkel reißt alle Bausteine wieder ein, die sie mühsam aufgebaut hat. Ich würde es ihr gerne erklären, aber jetzt geht es eben gerade nicht. Maria zieht mich durch die Menschenmenge in einen schmalen Raum zwischen großem und kleinem Salon; hier hängen Lithographien von Munch und Nolde.
    «Hast du sie noch alle?», fauche ich sie an. «Das war mein wichtigster Kunde!»
    Sie zieht eine DVD aus ihrer Handtasche: «Wieso weiß ich nichts davon?»
    Ich bekomme einen trockenen Mund. «Was ist das?», beschwere ich mich, als wenn ich es nicht wüsste. Ein vollkommen überflüssiges, feiges Ausweichmanöver.
    «Die habe ich in deinem Schreibtisch gefunden, als ich nach Büroklammern gesucht habe.»
    Aus Verlegenheit und Überforderung starre ich auf die beiden dunklen Lithographien von Munch, vor denen wir stehen. Die erste heißt «Anziehung I», 1896, und die andere «Trennung», 1896. Beides malte Munch in einem Jahr. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte ich die Parallelität fast komisch finden.

[zur Inhaltsübersicht]
16. Auftritt Maria
    Maria zerrt mich in die Galerie hinter «Grethjens Gasthof», in der die Bilder von Otto Heinrich Engel hängen. Hier halten sich nicht ganz so viele Leute auf wie im Salon. Den Diebstahl hat Ringstaed nicht vertuscht: anstelle des gestohlenen Bildes hat er hinter Panzerglas eine Kopie des Erpresserbriefes gehängt, in dem die alten Postleitzahlen gefordert werden. Nicht-Eingeweihte halten das wahrscheinlich für eine moderne Installation, auf jeden Fall zeugt es von Humor.
    «Weiß Tobias von der DVD ?», frage ich besorgt.
    «Noch nicht!», zischt mich Maria an.
    Ich berühre sanft ihren Arm. «Maria, ich wollte dich nicht in Konflikte zwischen Dienst und privat stürzen!»
    Sie zieht ihren Arm weg. In diesem Moment biegt Jade um die Ecke und lacht fröhlich: «Mensch, Sönke, ich wusste es ja, du machst dich perfekt als Shantysänger!»
    «Ich bin nur eingesprungen», antworte ich mit belegter Stimme, ich mag trotz des Streits mit Maria nicht gar nichts sagen.
    «Hast du auch von der DVD gewusst?», fährt Maria Jade an.
    «Was für eine DVD ?»
    «Auf der du mit Oma aus dem Fenster kletterst!»
    Einen Moment lang braucht Jade, dann wird sie fast genauso rot wie Maria: «Na und?»
    «Du hast behauptet, ihr wärt schon um elf wieder gegangen …» – Was Insulanerzeuge Fietje von der Alkersumer Dorfstraße mit seiner Falschaussage bestätigt hat. – «… aber der Zeitcode auf dem Computer sagt, es ist 13:05 Uhr.»
    Unser ganzes Lügengebäude bricht gerade zusammen.
    «Dann ist das Ding eben kaputt!», erwidert Jade pampig.
    Was kann ich tun? Kann ich überhaupt noch etwas tun?
    «Darüber werden wir noch zu reden haben, dienstlich!»
    «Maria …!», gehe ich dazwischen.
    «Arme Sau», fährt mich Maria an. «Wer nicht mal seiner Liebsten traut …, ich sollte wohl besser sagen, seiner
angeblichen
Liebsten!» Sie ist nicht zu bremsen.
    Ich werfe Jade einen flehenden Blick zu: «Wir haben gerade Stress. Vielleicht könntest du …»
    «Ganz genau», tobt Maria, «weil du mich die ganze Zeit belügst!» Sie rauscht davon, die Treppe hinunter. Auch in der größten Wut legt sie ihren leichten Gang nicht ab.
    «Ich hätte es dir heute gesagt!», rufe ich ihr hinterher.
    Maria lacht

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