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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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nach Amrum zischt.
    «Ich habe Angst», flüstert sie.
    «Wovor?»
    «Dass ich das Bild wirklich gestohlen habe.»
    «Na wenn du das selbst nicht weißt, dann ist Jade die Einzige, die uns das sagen kann. Wo steckt die jetzt?»

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22. Familie Riewerts im Aquarium
    Spätestens jetzt, beim dritten Mal, wird es zum Ritual: Wieder einmal umrunde ich auf dem Grabfeld unserer Vorfahren die jahrhundertealte Kirche von St. Laurentii, diesmal zusammen mit Maria. Oma haben wir Wagen im gelassen, sie hat sich auf der Rückbank von Fritzens Golf so lang gemacht, wie es eben geht, und versucht etwas zu dösen.
    Heute zeigt sich der Friedhof bei bestem Strandwetter, das hübscht den Tod wenigstens äußerlich deutlich auf. Maria und ich ziehen vorbei an dem Westindienfahrer Brar Riewerts, seiner Frau Antje und Matthias Petersen, dem Glücklichen. Die Grabsteine sind sommerlich-warm, es riecht leicht nach welken Schnittblumen, kein Besucher ist zu sehen, bis auf eine ältere Frau in Schwarz, die regungslos vor einem frischen Grab steht, auf dem noch die Trauerschleifen liegen.
    Jade ist nicht hier. Jetzt wird es schwierig.
    «Handy?», frage ich Maria.
    Die schaut auf den alten Kirchturm mit der Mobilfunkstation, die dort angebracht ist.
    «Ich habe ihr auf die Mailbox gesprochen, dass sie es ausschalten soll», sagt sie.
    «Du meinst, die Polizei macht eine Handyortung?»
    «Tobias hat keine andere Spur wegen der Bildersache. Wenn er Oma nicht findet, wird er sich an Jade halten.»
    Ich schaue mich um.
    «Wo könnte sie sonst sein?», überlegt Maria.
    «Bei Hansen», fällt mir ein. «Die beiden mochten sich auf Anhieb. Haukes Sohn war auch Goth.»
    Plötzlich raschelt es hinter dem Grabstein von Matthias, dem Glücklichen. Maria und ich zucken zusammen und eilen sofort hin. Und tatsächlich sitzt dort unsere Cousine Jade. Sie heult, was das Zeug hält, und lässt sich gar nicht beruhigen.
    «Was ist denn los», frage ich und setze mich neben sie.
    «Kann ich bei euch auf Föhr bleiben?»
    Das kommt für Maria und mich total überraschend.
    «Es ist ja, meine Eltern haben mich hierher geschickt, weil …»
    Sie weint wieder los. Maria legt ihren Arm um sie.
    «Ich weiß, du bekommst ein iPhone, wenn du vierzehn Tage bei uns durchhältst», erinnere ich mich.
    «Ach, das Scheiß-iPhone», heult Jade. «Mama will nach Thailand zurückgehen. Und ich soll mit.»
    «Was sagt Cord dazu?», frage ich. Ihr Vater wird das nie zulassen.
    «Das verhandeln die in Frankfurt, während ich auf Föhr bin.» Sie schluchzt erneut.
    «Und, was willst
du
?», fragt Maria.
    «Hier bleiben.»
    «Und wenn dein Vater mit nach Thailand käme?»
    Cord besitzt ein Zahnlabor in der Nähe von Bangkok. Das wäre also durchaus möglich.
    Jade schaut uns empört an. «Ich bin ein
Goth
. Das geht in Thailand gar nicht. Außerdem habe ich hier Momme kennengelernt …»
    Sie lächelt plötzlich durch ihre Tränen hindurch. «Ich würde mich auch um Oma kümmern.»
    «Und deine Freunde in Frankfurt?», will Maria wissen.
    Jade macht einen schiefen Mund. «Mit denen habe ich eh Stress.»
    Klingt alles nicht gut.
    «Übrigens danke nochmal wegen der Verkupplung», bedankt sich Maria und streichelt Jades Hand. «Das war eine großartige Idee.»
    «Wie bist du eigentlich darauf gekommen?», frage ich.
    Jade schaut erst Maria an, dann mich. «Ich habe ja im Museum ein bisschen mitbekommen, was Sache ist bei euch. Da dachte ich, ein Date zu zweit könnte nicht schaden.» Sie lächelt wieder.
    «Wir mussten gar nichts mehr tun», bestätigt Maria, «hat wunderbar geklappt.»
    «Würde es gehen, dass ich hier bleibe?», erkundigt sich Jade noch einmal. «Mein Großvater unterrichtet ja nicht mehr auf der Schule, wo Papa war.»
    Sie meint es vollkommen ernst. Leider muss Maria darauf eine typische Erwachsenenantwort geben: «Das können nur deine Eltern entscheiden, Jade.»
    Das tröstet sie natürlich am Allerwenigsten.
    «Also, wenn meine Arche in See sticht, bist du auf jeden Fall dabei», verspreche ich.
    «Ehrenwort?»
    «Ehrenwort. Aber jetzt müssen wir erst einmal Oma beistehen. Die wird von der Polizei gesucht – und du übrigens auch.»
    Jade wischt sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht, weiße Schminke mischt sich mit schwarzer. «Wegen der Museumssache?»
    «Ja.»
    «Oma war es nicht.»
    «Sicher?»
    «Ja.»
    «Warum hast du uns das nicht früher gesagt?»
    «Es war total absurd!»
    «Damit ist die Sache aber noch nicht
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