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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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bloß an dem gefunden? Es muss eine andere Zeit gewesen sein, damals hatten Maria und ich keinen Kontakt, keine Ahnung, wie sie drauf war. Und wenn ich ehrlich bin: auch ich kann auf eine wenig respektable Geschichte peinlicher Beziehungsirrtümer zurückschauen. Auf diesem Gebiet sind wir alle nur Amateure …
     
    Außerhalb des Aquariums muss ich mich erst einmal an das helle Licht gewöhnen. Ich setze mich auf eine Bank vor einem riesigen Foto mit aufgewühlten Wellen. Plötzlich erscheinen vor dem Ozean die Köpfe des glatt gegelten Tobias und des wusellockigen Gerald. Sie haben sich zwei Stühle herangeholt und nehmen mir gegenüber Platz.
    «Was reden die Insulaner denn so?», erkundigt sich Tobias.
    Er hat Maria gewollt und nicht bekommen. Das kann er nicht akzeptieren.
Darum
geht es eigentlich.
    «Wann bekomme ich meine Sachen wieder?», frage ich.
    «Was für Sachen?», will Gerald wissen.
    Tobias’ Augen zucken einen Moment. Dass er die Kleidung eines verdächtigen Zeugen trägt, kann ihm nicht gefallen. In meinen Klamotten funktioniert sein Verhör schlecht, das merkt er in diesem Moment selbst.
    «Wieso tragen Sie die Kleidung eines Zeugen?», blafft ihn Brockstedt an.
    «Na und?», gibt Tobias kleinlaut zu.
    «Er ist befangen», beschwere ich mich. «Der hat mich doch nur auf dem Kieker, weil Maria ihn hat abblitzen lassen.»
    «Schön wär’s», sagt Tobias und lacht. Er ist ein lausiger Schauspieler.
    «Ich will jetzt nicht vor Herrn Brockstedt von den Stalking-Aktionen anfangen, die du bei Maria abgezogen hast.»
    Tobias lacht erneut. Es hat ihn sichtlich getroffen, jetzt muss er sich massiv nach vorne bewegen.
    «Also, eure Oma hat das Bild geklaut, weil sie meinte, es ist ihres. Maria hat Beweismittel unterschlagen und die Ermittlungen behindert. Was bedeutet, sie wird versetzt. Du bekommst ein Verfahren wegen Behinderung der Justiz, das endet mit mindestens einer Geldstrafe, Oma wird vor Gericht gestellt, und dann schauen wir erstmal, ob sie zurechnungsfähig ist.»
    «Also, Herr Winter», mischt sich Brockstedt ein, «ob Frau Riewerts versetzt wird oder nicht, entscheiden andere als Sie! Maria ist Landesbeamtin und nicht beim BKA !»
    So schnell gibt Tobias aber nicht auf. «Och, Herr Brockstedt, aber Dienstaufsichtsbeschwerden stellen darf ich auch als BKA -Mann, oder? Und dem muss nachgegangen werden, das wissen Sie so gut wie ich.»
    Er geht um die Ecke und holt ein Bild mit einem Goldrahmen, das ich kenne: das Strandkorb-Bild, das Oma nach ihrem Traum im Museum gemalt hat.
    «Imke Riewerts hat vermutlich den Rahmen vom ‹Friesischen Mädchen› gewechselt und ihr Werk reingestellt. Das werden wir untersuchen. Mein Angebot: Oma gibt die Sache zu und schleppt das Bild wieder ran. Eurer Großmutter kann doch gar nichts passieren, die schreibt jeder Amtsarzt haftunfähig. Und wenn sie kooperiert, kann Maria vielleicht auf Föhr bleiben.»
    «Wie kommst du an das Bild?», frage ich empört.
    «Es wurde mir zugespielt», sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Quatsch, das stammt aus Omas Wohnung.»
    Die nach dem Brand nicht abzuschließen war. Da er sonst keine Beweise hatte, konnte Tobias wohl nicht widerstehen und ist einfach hineingegangen. Eifersucht und Rachegelüste sind allerdings nicht gerade zielführend bei polizeilichen Ermittlungen, das hätte Herr BKA wissen müssen.
    Gerald Brockstedt beendet das Verhör jedenfalls mit einer ziemlichen Wut im Bauch.
    «Ich werde mich über Sie beschweren, Herr Winter», schnauzt er. «Ohne Durchsuchungsbeschluss war das illegal!»
    Es scheint überstanden zu sein. Nun geht es für Tobias unverrichteter Dinge zurück an den Schreibtisch in Wiesbaden. Ich stehe auf.
    «Komm, Tobias, wir gehen zusammen shoppen.»
    Er starrt mich an, als ob ich geisteskrank geworden wäre. «Wie?»
    «Ich will meine Sachen wiederhaben.»
    «Ich finde, das ist ein annehmbarer Vorschlag», grunzt Brockstedt, ohne eine Miene zu verziehen.
    Mein Anzug stand Tobias allerdings ganz gut. Eine Botschaft habe ich von ihm mitgenommen: Ich sollte wieder mehr Sport machen.

[zur Inhaltsübersicht]
23. Wohin mit Oma?
    Drei Wochen später.
    Wenn man nach Föhr fährt, stellt man sich auch auf schlechtes Wetter ein, aber wenn das Mallorcaklima mal bis nach Nordfriesland reicht, beschweren sich trotzdem nur wenige. Es ist einer der heißesten Tage des Jahres, Augusthitze über dreißig Grad, kein Lüftchen regt sich. «Friesische Karibik» scheint nicht nur eine Werbeidee der
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