Ein Strandkorb für Oma
animieren, kostenlose Nackenmassagen für gestresste Hamburger anzubieten, Hotelchef Ketels plant ein Buffet mit Räucherfisch. Brar von den Seevögeln hat sich eine abgeschlossene Kabine mit Liegen ausgedacht, auf denen man Wellen und Möwen hören kann.
Meine Arche sticht in See!
Dann kommt Maria herein. Endlich!
Aber nicht, wie erwartet, im Laufschritt, um mich nach Hause zu zerren, sondern langsam, wie eine Verletzte, die jeden Schritt ausloten muss. Ihre Augen signalisieren nichts Gutes.
Ich springe auf sie zu. «Was ist?»
Maria schaut mich an. «Tobias hat den Film mit Oma gesehen.»
«Wie bitte? Das ist doch nicht möglich! Das einzige Exemplar von der DVD haben wir.»
«Seine Leute haben sich Friederikes PC vorgenommen. Man kann Gelöschtes auf der Festplatte wieder sichtbar machen.»
«Mist!»
Wir gehen zusammen hinaus. Vor dem Taarephüs tuckert gerade ein Trecker vorbei, gefolgt von einer Schlange Touristenautos, die nicht überholen können. Wir lehnen uns nebeneinander an die Hauswand.
«Tobias meint, ich hätte das gewusst», sagt Maria.
«Au weia. Strafvereitelung im Amt, oder wie heißt das?»
«So ähnlich.»
Das ist das Ende. Maria wird Föhr verlassen müssen.
«Er fahndet auf der ganzen Insel nach Oma», sagt sie mit tonloser Stimme.
«Besser wir finden sie vor ihm.»
«Hast du eine Ahnung, wo sie steckt?», fragt Maria. «Zu Hause nimmt niemand das Telefon ab, und ans Handy geht sie auch nicht.»
«Was ist mit Jade?», fällt mir ein.
«Oma hat sie zu Momme geschickt», weiß Maria.
«Sie sollte doch bei ihr bleiben.»
Maria zuckt mit den Achseln: «Oma wollte ihrem Glück nicht entgegenstehen. Sie hat es nett gemeint.»
«Wir müssen Oma zur Fahndung ausschreiben», schlage ich vor.
Maria lacht kurz auf. «Darauf ist Tobias schon vor uns gekommen.»
«Dann müssen wir eben schneller sein!»
Ich nehme Maria bei der Hand und ziehe sie zurück ins Taarephüs. Dort wird man uns weiterhelfen.
Seevögel und Knurrhähne sind schon längst beim Trinken. Die Gruppen haben sich durchmischt, man diskutiert über Musik, Inselklatsch und die besten Live-Konzerte, die jede und jeder besucht hat.
«Ein Bier für Sönke und Maria», grölen einige, als wir hereinkommen, und fangen sofort an, gemeinsam zu singen: «La Paloma ohe, einmal muss es vorbei sein …»
Ich schaue die vereinigten Chöre abwesend an und warte geduldig, bis sie den Refrain vollständig zu Ende gesungen haben. Danach öffnet Lükki zwei Biere und will sie mir und Maria wortlos in die Hand drücken.
«Jetzt nicht.»
Allgemeines Aufgeheule, so kennen sie mich gar nicht. «Sönke! Maria! Was ist?!»
Maria sagt gar nichts, sie ist vollkommen geknickt.
Ich hebe beschwichtigend die Hände. «Leute, ich brauche eure Hilfe. Der Typ vom Bundeskriminalamt denkt, Imke, also unsere Oma, hätte das Bild aus dem Museum gestohlen.»
Petersen lacht. «Das ist nicht sein Ernst.»
«Leider doch.»
Ich halte mein Handy hoch wie eine Waffe. «Helft ihr mir, Oma zu finden, bevor der das tut?»
Alle schalten blitzschnell um. «Logo.»
Ich bin der Partykiller, aber niemand beschwert sich.
«Wer was weiß, meldet sich bei mir», schlage ich vor.
«Geht klar.»
Sowohl Seevögel als auch Knurrhähne zücken ohne Verzögerung ihre Handys und telefonieren mit konzentrierten Gesichtern herum. Als säßen sie im Krisenstab der Bundesregierung und dies sei der geübte Ernstfall. Ich könnte sie küssen dafür. Spätestens jetzt bin ich ganz auf Föhr angekommen! Nun geht es nur noch darum, wer Oma früher findet, Tobias oder wir.
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21. Geständnis
Friesen sind normalerweise genauso gesetzestreu wie der Rest der deutschen Bevölkerung. Aber in Krisenzeiten schimmert noch die alte Tradition des Auflehnens gegen die Obrigkeit durch. Das war vor Jahrhunderten im Kampf gegen die Dänen so, und das ist auch jetzt noch so. In solchen Momenten steht der friesische Wappenspruch «Leewer duad üs slaav» (Lieber tot als Sklave) noch über dem Grundgesetz.
Alle hören sich um, wer Oma gesehen haben könnte. Dieses Föhrer Inselnetzwerk kann Tobias nicht anzapfen, das könnte – mit Glück – unser kleiner Vorsprung sein.
Die W. D. R.-Kapitänskollegen von Petersen melden verstärkte Fahrzeugkontrollen durch Zivilbeamte im Hafenvorfeld. Oma kann die Insel also nicht verlassen haben. Dann hören Maria und ich von Holger, dass Tobias am Sandwall war und mit seiner Polizeisirene im schwarzen Dienst-
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