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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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Oma: «Frau Riewerts, ich kann beweisen, dass Sie mit Ihrer Enkelin Jade Riewerts gegen dreizehn Uhr aus dem Fenster dieses Museums geklettert sind. Sie hatten ein Bild bei sich, ist das so weit richtig?»
    «Ja», sagt Oma einfach.
    «War es dieses?»
    Tobias knallt eine DIN -A4-große Farbkopie auf den Boden. Maria, Jade und ich rücken näher, unter Umständen sehen wir da Oma in jungen Jahren. Auf dem Grund des Aquariums ist das Bild wegen des blauen Lichts nur undeutlich zu erkennen. Schemenhaft sehen wir ein Mädchen in Friesentracht unter einer Kastanie vor einem Reetdachhaus.
    «Meine Frage lautet ganz einfach: Wissen Sie, wo sich das ‹Friesische Mädchen› gerade befindet?», schnarrt Tobias.
    Gerald setzt sich auf einen freien Sack und macht es sich bequem.
    «Tja», seufzt Oma, «wo ist sie hin? Sie ist doch gerade erst gemalt worden, und jetzt ist sie plötzlich 76. Ach, der nette Herr Engel …»
    Das war natürlich ein böser Fehler. Darauf wäre Tobias von alleine nie gekommen!
    Der BKA -Fahnder kann sein Glück kaum fassen: «Heißt das …, habe ich das richtig verstanden? Das friesische Mädchen sind Sie?»
    Das ist natürlich ein sensationell-wichtiges Verdachtsmoment, das ihm die Verdächtige da frei Haus liefert. Oma wird es nicht schaffen, wenn sie sich schon am Anfang so um Kopf und Kragen redet.
    Erst einmal muss sie ihre Lesebrille aus der Jackentasche fummeln und aufklappen.
    Das dauert.
    Tobias wippt mit den Beinen auf und ab.
    «Mensch, Imke, Engel hat dich echt gemalt?», sagt Revierleiter Gerald anerkennend. «Dann bist du ja eine echte Berühmtheit.»
    Oma zuckt mit den Achseln, nimmt die Kopie in die Hand und lächelt.
    «Gibt es hier auch anderes Licht?», fragt Tobias.
    Gerald richtet sich auf und drückt einen Schalter an der Wand. Nach und nach springen ein paar weiße Neonleuchten an, die sonst wohl nur für die Putzfrau angeschaltet werden.
    Oma schaut lange auf das Bild, hält es weiter weg, rückt es wieder näher heran.
    «Sind
Sie
das?»
    Oma lächelt Tobias kokett ins Gesicht: «Was würden
Sie
denn sagen?»
    «Wieso ich?»
    «Es ist so lange her, und das Mädchen ist verfremdet. So wie die haben wir damals alle ausgesehen. Mit Zöpfen und diesen Schürzenkleidern.»
    «Aber es ist möglich, dass Sie es sind?»
    «Und selbst wenn sie es wäre», weist ihn Maria zurecht. «Das beweist doch gar nichts.»
    Tobias wendet sich wieder an Oma, die für ihn am leichtesten zu knacken scheint: «Frau Riewerts, Sie sind nicht vorbestraft, Sie beziehen eine gute Witwenpension, Ihre Wohnung am Sandwall ist längst abbezahlt, Sie haben ein Sparkonto, ein paar Aktien, …»
    So viel zum Datenschutz.
    «… ich kann mir keinen Grund vorstellen, wieso Sie ein Bild stehlen und verkaufen sollten.»
    «Genau!», bestätigt Maria.
    Jetzt explodiert Tobias: «Ihr hängt doch alle mit drin. Dazu kommt dieser Erpressungsbrief mit den Postleitzahlen, so etwas Albernes denkt man sich nur mit fünfzehn aus, nicht wahr, Jade? Ich kann mir vorstellen, dass du das Ausmaß des Ganzen gar nicht überblickt hast, als ihr das Bild mitgenommen habt. Wer von euch wusste, dass während der Hängung immer der Alarm ausgeschaltet ist?»
    Kollektives Schweigen der gesamten Familie Riewerts.
    Nach einer sehr langen Weile steht Tobias auf: «O.k., es geht auch anders. Oma kommt mit raus, und ihr wartet hier.»
    «Für Sie immer noch Frau Imke Riewerts», beschwert sich Oma.
    Recht so!
    Gerald verzieht genervt das Gesicht und geht mit Oma und Tobias hinaus.
    «Meint ihr, Oma hält durch?», sorge ich mich.
    «Bestimmt», sagt Jade und guckt grimmig.
    «Die Fingerabdrücke auf dem Brief sind doch aber von Oma, oder?», frage ich Maria leise. «Das lässt sich also wohl beweisen.»
    «Es war gelogen», flüstert Maria. «Ich habe es nur behauptet, damit Oma endlich die Wahrheit sagt.»
    «Dann sind da Abdrücke von Ocke und Christa drauf – auch nicht gut.»
    «Nein, die haben aufgepasst. Da ist gar nichts drauf.»
    Die Tür geht auf, und Oma kommt heraus und reckt triumphierend ihren Hals.
    «Das ging aber schnell.»
    «Ich habe ihm das Fenster gezeigt, wo wir ausgestiegen sind. Ansonsten habe ich die Aussage verweigert, wie Maria gesagt hat», nuschelt sie stolz, aber erschöpft. Sie setzt sich neben mich und ist blitzschnell an meiner Schulter eingedöst.
    Die Tür geht auf, Tobias bittet mich hinaus. «Sönke, bitte!» Er sieht zerknirscht aus.
    Mit diesem Blender war Maria also mal zusammen. Was hat sie
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