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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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er wieder herauskam.
    »Wer sind Sie?« fragte Rudolph und machte einen Schritt vor unter die Glühbirne.
    »Hewes«, sagte er. »Ich hab mal in Nummer Zwei gearbeitet.«
    Der alte Mann kam einen Schritt näher. »Und bist abgehauen, ohne einen Piep zu sagen«, brüllte der alte Mann, als wäre es gestern abend passiert. »Eine Woche später komm ich raus, weil ich mich frage, wo zum Teufel du geblieben bist, und da steht mein Haus sperrangelweit offen, Lichter an und die Gasleitung voll aufgedreht!« Er trat einen Schritt zurück und kauerte sich neben seinen Schreibtisch. »Was hast du dazu zu sagen?«
    »Ich mußte plötzlich weg«, sagte er und richtete den Blick auf das einzige verschlossene Fenster hinter dem Kopf des Mannes.
    »Also, das Haus gibt’s nicht mehr!«
    »Was ist damit passiert?« fragte er.
    Der alte Mann blinzelte, als hätte er gerade entschieden, daß er in Wirklichkeit jemand anderes wäre. »Erinnerst du dich an Buck Bennett?«
    »Ja, Sir.«
    »Buck Bennett war ein verrückter Scheißkerl. Erinnerst du dich auch daran?« Der alte Mann lächelte kumpelhaft, als würde er Buck in diesem Augenblick vor sich sehen, wie er betrunken hinfiel.
    »Ich denke schon«, sagte er.
    »Also, er war ein Säufer.« Der alte Mann faßte nach unten, zerrte seinen weißen Strumpf hoch und popelte in der Nase. »Er hat fünf Kurpfuscher aus New Orleans mit in Nummer Zwei genommen und vergessen, das Gas anzuzünden, nachdem er es aufgedreht hatte. Diese Kurpfuscher haben sich besoffen, sich dann hingesetzt und gewartet, bis es Zeit zum Jagen war, und dann sind sie alle eingeschlafen und keiner ist mehr aufgewacht. Sie haben Mr. Bucks Leiche auf dem Bett gefunden, mit einem Doughnut in der Hand. Er muß gerade den Doughnut gegessen haben und eingeschlafen sein, und alle anderen saßen da und hatten die Köpfe auf den Tisch gelegt. Die haben nicht mal mehr ’nen Doughnut gekriegt.« Der alte Mann betatschte sein Gesicht und glotzte blöde, als sei das besonders ärgerlich gewesen.
    »Wann ist das passiert?« fragte er und versuchte, sich Bucks früheres Gesicht vorzustellen, aber es gelang ihm nicht mehr.
    »Im Dezember, vor sechs Jahren«, sagte er schnell. »Ich hab den Scheißkerl zwei oder drei Tage lang nicht zu Gesicht bekommen. Er ist nicht vorbeigekommen, um sich meine Anweisungen zu holen. Also hab ich gedacht, daß er besoffen ist, bin zu seinem Haus runtergegangen, und da lagen sie alle sechs, und das Ganze stank grauenhaft. Das war aus den Wänden nicht mehr rauszukriegen. Nachdem man sie weggetragen hatte, bin ich mit vier Liter Benzin hingegangen, hab ’n Streichholz an die ganze Scheiße gehalten, es abgebrannt und dann umgegraben.« Er lächelte. »Und nun gibt’s kein Haus mehr. Wo du gewohnt hast, hab ich Sojabohnen hingepflanzt.«
    »Und was machen Sie mit den Jägern?« fragte er, während er immer noch versuchte, sich an Bucks Gesicht zu erinnern.
    »Ich bring sie in Minors Haus unter. Er ist intelligent genug, um Feuer zu machen. Und Säufer stelle ich nicht mehr ein.«
    Der alte Mann schien Tränen in seinen winzigen blauen Augen zu haben.
    »Buck sagte, er hätte nicht soviel getrunken, wenn Sie ihm nicht immer den Whiskey gebracht hätten.«
    »Er ist ein verdammter Lügner«, brüllte der alte Mann und kam aus seinem Sessel hoch, während seine Augen blitzten. Er griff nach dem Sesselrücken und drückte darauf herum, bis das Peddigrohr krachte. »Buck hing schon an der Flasche, als ich diesen Scheißkerl das erste Mal gesehen habe, und der Sprit hat ihn auch umgebracht. Der hat seinen verdammten Verstand so getrübt, daß er nicht mal mehr dran denken konnte, den Scheißofen anzuzünden.«
    »Er meinte, Sie hätten ihm den Sprit gegeben, damit er zu nichts anderem mehr in der Lage wäre und Sie ihm nichts bezahlen müßten. Er kam nicht dagegen an, Mr. Rudolph, aber er wußte es.«
    »Buck ist nach Kalifornien gegangen – das weißt du doch, oder?«
    Er schaute auf das Gesicht des alten Mannes, das von einem wütenden Ausdruck in den nächsten zuckte.
    »Er ist da runter gegangen und hat gelernt, wie man Säufer wird, und dann ist er zurückgekommen und hat versucht, daraus einen Beruf zu machen«, sagte der alte Mann.
    »Manche Leute haben eben kein Glück«, sagte er, sah zu, wie der alte Mann wütender und wütender wurde, und fühlte sich besser.
    »Manche Leute wissen einfach nicht, wann sie es gut haben.«
    Seine Augen funkelten. »Sie müssen unbedingt Scheiße bauen. Was

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