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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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wollte, um mehr Eindruck zu machen, eine alte Stahlzylinder 12-Kaliber auf dem Wagensitz liegen zu haben. Und die ganze Zeit über lebte er in Little Rock wie ein Kalif, wohnte in der Suite, trank Evan Williams, aß Obst und kommandierte Leute herum, einschließlich Edwina, bis jeder sich wünschte, daß er ihn nie auch nur gesehen hätte.
    Buck sagte, es ging dann sehr schnell, daß Edwina sich scheiden ließ und einen Italiener namens Tarquini heiratete, der fünfzehn Jahre jünger war als sie und dessen Anzüge ihm die Eier abklemmten und den Rudolph zweimal mit zur Farm hinausgenommen hatte, bis er merkte, was an den Tagen passierte, an denen er allein auf der Farm blieb und Edwina sich selbst überließ. Buck sagte, Tarquini war bloß irgendein Innenarchitekt aus Chicago, den Edwina angestellt hatte, damit er ihren Hotels zu neuer Eleganz verhalf, aber sie hätte nicht widerstehen können, mit ihm in die Federn zu kriechen, da sie mit Rudolph nicht gerade auf gutem Fuß stand.
    Bei der Scheidung erreichte Rudolph, daß Edwina ihm ein Zimmer im R. E. Lee auf Lebenszeit überließ und eine kostenlose Mahlzeit pro Tag bereitstellte, und als es vorbei war, ging er zurück nach Hazen, von wo er zur Farm fahren konnte, wann immer er wollte, mit seiner alten Planierraupe die Wege herunter und an den Abflußkanälen entlang fahren und jeden vertreiben konnte, den er nicht mochte, und genug Zeit hatte, um zu begreifen, was eigentlich passiert war.
    Buck sagte, daß der alte Mann die Farm wahrscheinlich dazu benutzte, um sich an Edwina zu rächen. Er lud niemals jemanden zur Jagd ein, den sie gekannt hatte oder den er gekannt hatte, als sie zusammen waren, und bezahlte ihn, Buck, dafür, daß er Leute den ganzen Winter über für tausend Dollar pro Saison zum Jagen mitnahm, und ließ diese Information Edwina über die Kellner im Eßsaal zukommen, wenn er in der Stadt war, um seine Gratis-Mahlzeit zu essen und in seinem Gratis-Zimmer zu wohnen.
    Er sagte, daß der alte Mann immer spätabends zur Hütte herunterkam, mit einer Flasche Williams und einem alten R. E. Lee-Hotel-Glas, und daß er Buck dann das Glas vollschenkte und dabei zusah, wie er es austrank, sich dann zurücklehnte und wie ein Kind weinte. Buck sagte, daß er einfach weitertrinken mußte, bis es vorüber war, weil er es nicht ertragen konnte, dem alten Mann zuzuhören, wie er weinte und immer wieder diese Geschichte erzählte. Schließlich, sagte Buck, erzählte er Rudolph immer, es sei einfach ein klarer Fall von falschem Timing, und ging schlafen. Der alte Mann saß dann da, sagte er, starrte aus der Drahttür hinaus auf seine Reisfelder und konnte nicht schlafen, weil er ein Problem hatte, das er nicht verstand. Und Buck sagte, er hätte bestimmt nie so viel getrunken, wenn es nicht all diese Nächte gegeben hätte.
    Er ging um das Haus herum zur Seite und klopfte an die Tür und dachte, er könnte fragen, was aus dem alten Mann geworden war, und dann weiterfahren. Die alte Frau kam an den Draht und lächelte, als ob sie ihn erkannte, und sagte, daß Rudolph immer noch sein Zimmer habe.
    Er dachte, er sollte es sein lassen und wieder gehen. Er lächelte die Frau an, sie drückte die Tür auf, und dann war er drinnen, ehe er sich versah, sie zeigte auf den schmalen Korridor, der nach oben führte, und er ging hinauf. Er hatte das Gefühl, einen Fehler zu machen, wenn er so tat, als ob er den alten Mann sehen wollte, obwohl das eigentlich gar nicht stimmte und er enttäuscht war, als er hörte, daß der Alte immer noch lebte, obwohl er doch ganz und gar nicht mehr leben sollte. Die Tür am Ende der Treppe war zu, und ein schmaler Lichtstreifen leuchtete über der Türschwelle. Er hörte, wie die Frau in der Küche laut die Zeitung las und ihr Sessel ächzte. Er klopfte, und der alte Mann sagte »herein«. Er stand mitten im Zimmer unter einer baumelnden Glühbirne, in Popelinhosen und ohne Hemd, und starrte ihn mit wildem Blick an, als wollte er auf ihn losgehen. Er hatte einen kräftigen Brustkorb und war gebeugt, und sein weißes Haar stand in Büscheln über den Ohren ab. Er bereute schon, daß er hereingekommen war.
    Das Zimmer war muffig. Der alte Mann sah ihn aufmerksam an, als glaubte er, ihn wiederzuerkennen, wie die alte Frau es getan hatte, aber als ob er sich nicht ganz sicher sei.
    »Geh zu Minor«, sagte er plötzlich, »wegen Arbeit. Nicht zu mir.«
    »Nein, Sir«, sagte er, drückte sich mit dem Rücken an den Türrahmen und überlegte, wie

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