Ein Stueck meines Herzens
machen.«
»Das werden wir auch«, sagte er und überlegte, was man da eigentlich machte. »Ich ruf dich an.«
»W. W. ist tagsüber nicht da. Er arbeitet in der Luftgewehrfabrik und spielt Baseball in Forrest City. Er kommt immer erst spät zurück.«
»In Ordnung«, sagte er, und seine Gedanken überschlugen sich. »Heute kann ich nicht kommen.«
»Hast du irgendein Mädchen dabei?«
»Nein«, sagte er, preßte seinen Kopf an das Glas und lehnte sich dagegen, bis die Zelle zu ächzen begann und er sein gesamtes Gewicht nur noch auf eine einzige kalte Stelle des Glases konzentriert hatte.
»Warum kannst du denn nicht?«
»Hör mal, ich ruf dich wieder an«, sagte er.
»Du mußt mir doch nicht den Kopf abreißen«, sagte sie.
»Ich muß weiter.«
»Liebst du mich?«
»Darüber kann ich jetzt nicht reden.«
»Letztes Mal hast du ›In Ordnung‹ gesagt. Das weiß ich noch.«
»Was soll ich denn sonst noch sagen?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie mit leiser Stimme. »Sag noch mal ›In Ordnung‹, und das genügt.«
»In Ordnung.«
Stille breitete sich in der Leitung aus.
»Denk einfach dran«, sagte er, »und an diese Duschen.«
»Mein Gott«, stöhnte sie. »Ich komme gleich.«
»Ich bin bald da«, sagte er und wollte hinaus.
»Robard?«
»Hm.«
»Ist irgendwas los mit dir?«
»Nichts ist los«, sagte er. Er faltete den Brief mit einer Hand und stopfte ihn in seine Hemdtasche auf das Mars-Papier.
»Ich dachte, es wär irgendwas los«, sagte sie.
»Alles ist wunderbar«, sagte er.
»Ja«, sagte sie. »Findest du nicht auch, daß alles wunderbar ist?«
»Doch, Süße, finde ich.«
»Ich auch«, sagte sie liebevoll. »Jetzt, wo du da bist, find ich’s auch. Es war alles so schrecklich.«
»Ich beeile mich«, sagte er und bekam keine Luft.
»Oh mein Gott«, sagte sie und legte auf.
11
Er hielt in Hazen, um Zigaretten zu kaufen, und machte sich auf den Weg zur Wohnung des alten Mannes. Hazen war dreißig Kilometer von Little Rock entfernt, eine Reisprärie-Stadt bei Rock Island, die aus einem weißen, steinernen Getreideheber neben den Gleisen, ein paar Käfigen und Hühnerhäusern, die Entenjäger versorgten, und einem Gewirr von Häusern und Wohnwagen zwischen Eichen und Indischem Flieder bestand. Und der ganze Rest mit Ausnahme einer Pecanplantage war dem Reis überlassen worden, lohfarbenen, gefurchten Feldern, die sich zehn Kilometer in alle Himmelsrichtungen bis zur nächsten Stadt hinzogen.
Als er damals vor elf Jahren von Helena hochgekommen war und angefangen hatte, für Rudolph zu arbeiten, im Sommer auf seine Schleusentore zu achten und im Winter in der kleinen Baracke zu sitzen, die der alte Mann als Jagdhütte für die Entenjäger gebaut hatte, hatten sich Rudolphs Probleme schon erledigt, und für den alten Mann gab es nichts mehr zu tun, als die Nächte durchzuwachen und darüber nachzugrübeln.
Er überquerte die Rock Island-Gleise und marschierte das Bahngelände hinunter durch den Klee und über den Schotterweg, bis er das weiße Holzhaus mit den Zimmern des alten Mannes sehen konnte, die sich in der dunklen Ecke unter der südlichen Dachtraufe verbargen. Er konnte sich an den alten Mann erinnern, wie er auf seiner kaputten Matratze in sich zusammengesunken dasaß und sich das fahle Licht im Zimmer in seinem Unterhemd fing: er hustete und schnaufte und starrte über den leeren Fußboden und versuchte, sich etwas auszudenken, das er ihm als wichtige Anweisung auftragen konnte, bevor er ihn zum Pumpenhaus zurückschickte, damit er sich um die Schleusen kümmerte. Er hörte die Hauswirtin unten, wie sie mit den kleinen Tabletts klapperte, die sie benutzte, wenn sie für den alten Mann Eier kochte, während Rudolphs Bauch auf seinen Schenkeln lag, und er immer wieder eindöste und darauf wartete, daß ihm die richtigen Worte einfielen, die er weitergeben könnte und die vielleicht für irgend jemanden einen Sinn ergeben würden. Schließlich brachte er irgend etwas leise murmelnd aus der Tiefe seiner Brust hervor, irgendeine Schleuse sei zu schließen oder eine Überlaufrinne für eine Stunde aufzudrehen oder ein Graben auf Lecks zu inspizieren, irgend etwas, damit sein Hilfsarbeiter nicht aufhörte, das Wasser in Bewegung zu halten. Der alte Mann hielt dann inne, schnaufte und blickte hinaus ins Dunkel, und er glitt die Treppe hinunter, durch die heiße Küche, und machte sich über die kalten Felder davon. So ungefähr war es gewesen.
Als er das erste Mal aus Helena
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