Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
Vom Netzwerk:
wuchernden Feldern. Die kaputte Gin stand gegenüber im Unkraut, und ihre eingebeulten und verbogenen Metallwände legten die mit einer dicken Oxidationsschicht überzogene Apparatur bloß und die Zypressensparren, die die Überreste stützten. Der Laden war ein fahles einfaches Rechteck aus Ziegeln, das am Ende einer Traktorspur lag, die zurück auf den Holzsteg und über den Damm führte. Auf die nach Norden gelegene Hauswand war ein inzwischen verblaßtes kreisrundes »Voll auf Tour mit  Pure « gemalt, und ein Schild hing von der Dachtraufe, auf dem  GOODENOUGH ’s stand.
    Gegenüber von der Traktorspur parkte ein hellgrünes ’57er Oldsmobile im Straßengraben, in dessen Kofferraum ein weißer Servel-Kühlschrank stand. Man hatte den Wagen rückwärts an den Highway herangefahren und auf die Tür ein Schild gemalt, auf dem  ERDWÜRMER  $ 1  JE MILCHKARTON  stand. Dunkelgrüne Sterne waren auf das Schild gemalt, die Türgriffe des Servels abgesägt und durch ein großes Vorhängeschloß ersetzt worden.
    Die Jungen hockten im Staub neben dem Kühlschrank. Er parkte den Pickup neben dem Laden. Einer der Jungen sprang auf, winkte, blieb stehen und beobachtete, wie er über die Straße kam.
    »Ja bitte, Sir«, sagte der Junge, rieb die Hände, lächelte und entblößte dabei ein großes Loch im Mund, wo einmal eine Menge Zähne gewesen waren. Beide Jungen hatten weißblondes Haar und rote Gesichter. Sie hatten ihr Haar mit Brillantine eingerieben, und es glänzte in der Sonne. Der Junge, der aufgestanden war, war der ältere, aber der sitzende hatte weit auseinanderliegende Augen und einen großen Mund, was ihn ernst aussehen ließ. Der Jüngere hatte noch seine Zähne, und als er blinzelte, waren sie alle zu sehen. Sie hatten ein Spiel in die Erde geritzt, der Jüngere studierte es und stocherte mit einem Baumwollzweig in zwei leeren Quadraten herum.
    »Ich versuche, einen Mann namens P. H. Gaspareau zu finden«, sagte er und schaute die Traktorspur zum Damm hinunter.
    Der Größere lächelte, stützte sich auf die Ecke des Kühlschranks und hob den Finger. »Sie fahren den Weg hier über den Damm rüber, immer diesen Weg entlang, und Sie fahren mitten durch sein Haus.« Er warf einen schnellen Blick auf das Spiel, um den anderen Jungen vom Schummeln abzuhalten. »Sind Sie zum Fischen aus Kalifornien gekommen?« fragte der Junge und zuckte wegen etwas Unaussprechlichem zusammen.
    Er schaute zurück zum Pickup, dessen Nummernschild er nicht sehen konnte, weil er den Wagen rückwärts an die Ladenwand gefahren hatte. »Wo fischt ihr denn?« fragte er.
    Der Junge zeigte mit dem Daumen auf den Damm. »Es bringt überhaupt nichts. Die Reise haben Sie wohl umsonst gemacht.«
    »Ich werd schon was finden, was ich tun kann«, sagte er und schaute auf die Kronen der Wassereichen hinter dem Damm.
    »Da  gibt’s  nichts zu tun«, sagte der Jüngere, ohne aufzuschauen. Er malte eine Null in eines der Kästchen und verwischte sie wieder. »Sie müssen wohl nach New York City fahren.«
    »Der hat keine Ahnung«, sagte der größere Junge und lächelte.
    »Vielleicht ist er ja auch schlau«, sagte er.
    »Vielleicht fliege ich morgen zum Mond, ich muß mir noch meine Flügel kaufen«, sagte der ältere Junge.
    Der Kleinere schlug mit dem Zweig nach seinem Bruder, und der Ältere scharrte mit dem Fuß einfach mitten durch das Spiel.
    »Du warst doch am Gewinnen, du Blödmann«, kicherte der Jüngere.
    »Sie sollten sich ’nen ordentlichen Haufen Würmer kaufen«, sagte der Ältere und schniefte, als sei das das Zeichen, zum geschäftlichen Teil überzugehen.
    »Ich fische nicht«, sagte er.
    Der kleinere Junge stand auf, klopfte sich den Staub von der Hose, holte ein großes Geleeglas mit einer roten Flüssigkeit aus dem Kühlschrank und nahm einen Schluck daraus. Mehrere weiße, mit bröckeliger Erde verdreckte Papierkartons und ein grauer Pappkarton mit der Aufschrift »M-80er« waren im Kühlschrank.
    »Sind Sie einer von den Leuten, die auf die Insel wollen?« fragte der größere Junge gleichgültig.
    »Was für eine Insel?« fragte er.
    »Auf der andern Seite des Sees ist eine große Insel. Die liegt auch nicht mehr in Arkansas. Das ist schon Mississippi da.«
    »Davon weiß ich gar nichts«, sagte er.
    »Ein Mann aus Mississippi lebt da, dem gehört sie. Er ist alt.«
    Der Junge fuhr mit der Zunge träge in der großen Zahnlücke herum. »Er hat immer irgendwelche Leute, die da zum Jagen hinkommen. Ich hab mal den

Weitere Kostenlose Bücher