Ein Stueck meines Herzens
dem wir nun alle lauschen, gekauft, und jetzt krieg ich sie nicht mehr davon weg. Gleich hört sie sich den Memphis-Polizeifunk an. Sie hört sich den größten Scheiß an. Ich weiß nicht, was mit Memphis los ist – Vergewaltigung und Mord und Raubüberfälle. Ich kannte die Stadt, als Crump Bürgermeister war, und damals ist nichts dergleichen passiert.«
»Das stimmt nicht«, sagte er. Seine Kehle wurde langsam vom Whiskey betäubt. »Es war einfach schlau, nicht drüber zu reden.«
»Das ist nicht wahr, zum Teufel!« schnauzte Mr. Lamb zurück. »Es stimmt sehr wohl!« Der alte Mann schaute ihn böse an und runzelte seine Brauen, und seine Brille reflektierte das Licht in alle Richtungen. »Was haben Sie noch gesagt, sind Sie, ein Rechtsanwalt?«
»Ja, Sir.«
»Sie reden jedenfalls wie ein beschissener Rechtsanwalt, was, Hewes?«
»Ich hab keine Ahnung von Rechtsanwälten«, sagte Robard, fuhr mit dem Daumen an seiner Kinnkante entlang und starrte kalt zurück.
»Hat er doch auch nicht«, sagte Mr. Lamb und grinste. »Er redet bloß so, als ob er Ahnung hätte. Ich bin früher jeden Oktober ins King Cotton Hotel zu den Ole Miss- und Arkansas-Spielen gefahren, und da gab’s niemals irgendwas Unerfreuliches. Memphis war eine wunderbare Stadt, und ich bin öfter da gewesen, als Sie in Ihre Hosen gepißt haben.«
»Vielleicht«, sagte er.
»Hat er ’ne Meise?« fragte der alte Mann und schaute Robard an.
Robard schüttelte verständnislos seinen Kopf.
»Scheiße«, sagte der alte Mann. »Mir braucht keiner was zu erzählen.« Er trank den letzten Schluck Whiskey aus und starrte prüfend zur Küchentür. »Was zum Teufel, T. V. A.! Wohnst du jetzt schon in unserm Abendessen?«
»Ich kann nicht schneller kochen als der Herd«, erwiderte der Neger, steckte seinen Kopf durch die Tür und warf dem alten Mann einen haßerfüllten Blick zu.
Mr. Lamb griff nach der Flasche, schenkte sich selbst noch einen Schluck Whiskey ein und stellte die Flasche auf den Fußboden. »Ein Rechtsanwalt.« Er schnaubte, als erinnere ihn das an einen dreckigen Witz.
»Fast«, sagte er.
Der alte Mann betrachtete ihn kampflustig. »Also, Mr. Fast, was wissen Sie zum Teufel vom Recht? Ich bin ein blödes altes Arschloch, ich hab von nichts ’ne Ahnung. Ich und Hewes, wir sind uns da ganz ähnlich. Wir sind blöd wie zwei Nigger.«
Er nahm einen Schluck Whiskey, holte einmal Luft und schaute dann Mr. Lamb direkt ins Gesicht. »Ich denke, das Recht ist immer schon die Alternative dazu gewesen, seinen jüngsten Sohn zu erwürgen«, sagte er.
»Das weiß doch jeder Schwachkopf«, schnaubte Mr. Lamb. »Das ist doch nicht das Recht. Das ist Moses, Himmel Arsch. Wenn Sie die Bibel lesen wollen, gehen Sie auf den Abtritt. Da hängt nämlich ein Exemplar an der Wand an ’nem Bindfaden, damit Sie sie nicht mitgehen lassen. Die Bibel kenn ich, Himmel noch mal.«
Er ließ noch einen Tropfen Whiskey an seiner Zunge vorbeilaufen und schaute dem alten Mann gelassen ins Gesicht, das, wie ihm schien, auf die Tischplatte herabgesunken war, als wäre der alte Mann nun auf seinen Knien.
»Was weißt du denn sonst noch, du Trottel? Du hast mir bis jetzt noch nichts erzählt, was ich nicht schon wüßte«, sagte der alte Mann.
Mrs. Lamb drehte sich plötzlich um und knickte die Radioantenne. Das Radio reagierte mit einem dünnen hohen, knisternden Geräusch, das sich anhörte, als würde jemand Cellophan in seiner Faust zusammenknüllen. Zwei kurzen Ausbrüchen einer unverständlichen männlichen Stimme folgte noch mehr Geknister, dann die Stimme eines anderen Mannes, dann wieder Rauschen.
»Scheiße!« brüllte der alte Mann und wirbelte herum, damit er hinter sich schauen konnte. »Kannst du nicht was anderes suchen? Ist das nicht bloß das beschissene Clarksdale Taxi?«
»Ich suche die Polizei«, sagte sie ungerührt, musterte stirnrunzelnd die kleinen beleuchteten Einstellskalen und drehte, ohne irgendeine spürbare Verbesserung, an dem dicken Chromknopf herum. »Die sind noch nicht auf Sendung. Ich weiß nicht, warum.«
»Ich auch nicht«, sagte er, »aber ich möchte, daß du’s ausstellst, bevor ich rüberkomme und den Sender mit meiner Methode einstelle.«
Sie machte das Radio aus, kippte ein wenig mit ihrem Stuhl zurück und starrte unbewegt auf den unbeleuchteten Kasten. Nun war nur noch das zu hören, was auf dem Herd briet – was immer es auch war –, und T. V. A., der mit seinen Füßen scharrte.
»In Ordnung«,
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