Ein Stueck vom Himmel
wach geworden.
Ich stand unter einem Riss und mir grauste vor dem Zugreifen, denn die Gesteinsoberfläche bestand nur aus winzigen scharfen Nadeln und meine Fingerspitzen waren bald rot und wund.
Fritzerl: »Oder sollte man vielleicht sagen: Rissverschneidung?«
Das Ende dieser Fastband-Rampe-Verschneidung-Rissverschneidung bildet ein Überhang. Ich hing gerade an ihm, als ich Fritzerl sagen hörte: »Am richtigsten wäre doch die Bezeichnung: Steilrampe!«
Ich schwang mich über den Überhang hinauf und dachte: Respekt, Antonio Dimai, Respekt! Und auch Respekt vor euch Showkletterern von einst!
»Ich habe auch heute mit dem Fernglas oft in die Wand geschaut und euch nicht gesehen!«, sagte Cinto bei unserer Rückkehr. Wir fragten ihn, wohin er geschaut hatte. Er hatte dorthin geschaut, wo man – seiner Meinung nach – am besten durch die Wand kommen könne. Aber Dimais Weg führte justament dort durch die Wand, wo sie am unmöglichsten ausschaut. Und somit waren wir, die so gerne ebenfalls einmal als Showkletterer bewundert werden wollten, leider um unseren einzigen Zuschauer gekommen.
Die Gedenkminute auf dem
Torre Falzarego
Was ist schöner: eine schöne schwere Kletterei oder eine schöne leichte Kletterei? Natürlich eine schöne leichte Kletterei, weil man sie mehr genießen kann.
Die schönste leichte Dolomitenkletterei ist für uns die Südkante vom Torre Piccola Falzarego – eine »elegante und ausgesetzte Kletterei an einer ausgesetzten Kantenschneide« (wie sie 1970 im Dolomiten-Kletterführer von Gunther Langes, dem Erstbegeher der vielgerühmten Schleierkante an der Cima della Madonna, beschrieben wurde). An dieser Kante gibt’s nur ein Problem: Sie hat so viele Griffe und Tritte, dass man nicht weiß, welche man benützen soll.
Und um diese Kante gibt’s noch etwas Besonderes: Erstbegeher war der berühmte Emilio Comici im Jahre 1934, und ursprünglich war sie eine Tour des damals VI. Schwierigkeitsgrades. Aber das ist sie nur in ihrem unteren Teil. Und nachdem die Cortineser Bergführer erkannt hatten, welche herrliche Genusskletterei für ihre Kunden der obere Teil sein kann, fanden sie auch einen leichten Zugang zu diesem. Somit wurde der um seine Überhänge gestutzte Comiciweg zur Modetour.
Natürlich ist der Gipfel vom Kleinen Falzaregoturm auch ein kleiner Gipfel. Genaugenommen ist der wirkliche Gipfel bloß ein kleiner Zacken, auf dem nur ein Mensch stehen und sagen kann: »Der Gipfel gehört mir!« Diesen Gipfel erreichte unser Freund Peter an einem wunderschönen Tag. Mit seiner Frau hatte er die Kante gemacht und beide waren hellauf begeistert. Und dann schaute der Peter hinunter zur Falzaregopassstraße, wo sie ihr Auto geparkt hatten ... und sah, wie Autoräuber aus dem bereits aufgebrochenen Kofferraum ihres Autos den Inhalt ins danebenstehende Auto umluden!
Natürlich hat der Peter hoch oben auf dem Torre gerufen, geschrien, gebrüllt. Genützt hat’s nix! Nachdem die Diebe die Beute in ihrem Wagen verstaut und den aufgebrochenen Kofferraumdeckel von Peters Auto wieder geschlossen hatten, setzten sie sich in ihren Wagen und fuhren gemächlich die Straße nach Cortina hinunter.
Verstehen Sie jetzt, warum wir dann, sooft wir wieder auf dem Gipfel vom Torre Piccola Falzarego gestanden sind, immer an unseren Peter gedacht haben?
DER EIGER IST KEIN BERG ZUM GERNHABEN!
Im Banne des Eigers
»Du bist wirklich ein schiacha Berg!«, sagte ich zum Eiger, als ich ihn 1979 zum ersten Mal sah. Hundertmal, tausendmal hatte ich ihn schon vorher auf Fotos gesehen; gefallen hat mir der plumpe Klotz nie. Und seine düstere Nordwand gefiel mir noch weniger. Nie hatte ich daran gedacht, diesen Berg einmal zu ersteigen oder durch seine Nordwand zu klettern.
Als ich 1946 in die Bergsteigergruppe des Österreichischen Gebirgsvereins aufgenommen wurde, war der Star der Gruppe Fritz Kasparek, einer der Erstbegeher der Eiger-Nordwand. Fast ehrfürchtig zeigten mir die Alten den Winkel in unserem Zimmer, in dem der Fritzl vor seinem Eigerabenteuer mit Vorliebe gesessen ist und am Ende aller Eigerdebatten dann immer gesagt hatte: »Einmal muss die Wand fallen!« oder »Irgendjemand muss ja die Wand machen!«
Die von Kasparek 1938 in der Eigerwand verwendete Eisaxt bekommt heute von der Bergsteigergruppe immer die oder der für ein Jahr in Verwahrung, welche/r Besonderes geleistet hatte. Die Jungen sind dann stets sehr verwundert, wenn sie die Axt sehen ... »Mit so einem Zahnstocher wurde die
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